Ph. Sabin u.a. (Hrsg.): The Cambridge History

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Titel
The Cambridge History of Greek and Roman Warfare. Bd. 2: Rome from the Late Republic to the Late Empire


Herausgeber
Sabin, Philip; van Wees, Hans; Whitby, Michael
Erschienen
Anzahl Seiten
XIV, 608 S.
Preis
$ 240.00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Peter Nadig, Historisches Institut, Universität Mannheim

Der vorliegende zweite Band von „The Cambridge History of Greek and Roman Warfare“ behandelt in 12 Kapiteln I. die späte Republik und den Prinzipat sowie II. die Spätantike. Die Gliederung der Hauptabschnitte ist in beiden Bänden fast gleich strukturiert: In jeweils sechs Kapiteln (gelegentlich mit Unterkapiteln) werden die Themen Internationale Beziehungen, Streitkräfte, Krieg, Schlacht, Kriegführung und Staat sowie Krieg und Gesellschaft von 13 verschiedenen Verfassern erörtert. Nur im ersten Band sind drei einleitende Kapitel zur Historiografie des antiken Kriegswesens vorangestellt.

Das Ziel dieses Handbuches ist ein umfassender wie verständlicher Überblick zum Krieg im klassischen Altertum unter Einbeziehung der neueren Forschung einschließlich der experimentellen Archäologie. Dementsprechend erfolgt hier ein deutlich anderer Ansatz als z.B. in den schon fast klassisch zu nennenden Standardwerken von Krohmeyer und Veith oder Delbrück.1 Das Ziel der Herausgeber wie auch der Autoren ist nicht eine narrative Beschreibung von einzelnen Kriegen, Kampagnen oder Schlachten, sondern eine thematische Analyse der Hauptaspekte der antiken Kriegführung (vgl. Bd. I, S. XV). Gleichzeitig bieten alle Beiträge eine äußerst spannende und detailreiche Lektüre, deren genauere Kommentierung den Rahmen dieser Besprechung jedoch sprengen würde.

Die verschiedenen Arten des Krieges in der späten Republik stellt Adrian Goldsworthy in Kapitel 3 vor. Im Wesentlichen sind vier Formen auszumachen: 1. Eroberungskriege, 2. Kriege zur Unterdrückung von Aufständen, 3. Strafexpeditionen und 4. Kriege als Reaktion auf Invasionen und Überfälle. Zudem vertieft Goldsworthy strategische und praktische Aspekte wie Nachrichtendienste, Kommunikation und Logistik. Das vierte Kapitel von Catherine M. Gilliver gilt den verschiedenen Elementen des Kampfgeschehens. In sieben Abschnitten erläutert sie die antiken Taktikhandbücher, Landschlachten vom Aufmarsch bis zum Szenario nach der Schlacht, mobile Kampfeinsätze, maritime und amphibische Kriegführung sowie Belagerungen und geht abschließend der Frage nach dem Geheimnis des römischen Erfolges nach.

Das fünfte Kapitel ist in zwei Teile gegliedert. In Teil A behandelt Dominic Rathbone die Militärfinanzierung, Ausrüstung und Truppenversorgung. Zum Bereich der Finanzierung – insbesondere zur Bezahlung der Soldaten – sind deutlich mehr Belege ab dem Prinzipat vorhanden als in den in Band 1 von „Greek and Roman Warfare“ abgehandelten Epochen. Dabei erörtert Rathbone den wirtschaftlichen Einfluss der Armee. Zwar machte das Heer nur 1 Prozent der Gesamtbevölkerung des Reiches aus, dennoch war es „the largest salaried labour force“ vor der industriellen Revolution (S. 176). Richard Alston gibt in Teil B einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung des römischen Militärs unter den sich verändernden politischen Gegebenheiten. Beginnend mit der Soziologie der Armee im 2. vorchristlichen Jahrhundert und der Krise der Republik erörtert er im folgenden die politische Motivation der Soldaten (besonders zur Zeit Caesars), die Neuordnung der Legionen unter Augustus, den Einfluss der Truppen auf die Politik und die Soldaten aus den Provinzen.

Colin Adams wendet sich im folgenden 6. Kapitel (S. 198-232) ausführlich dem Einfluss der Gesellschaft und den sozialen Strukturen der Kriegführung wie auch dem reziproken Effekt des Krieges auf die römische Gesellschaft zu. Einen Schwerpunkt bilden dabei die sozioökonomischen Veränderungen in republikanischer Zeit. Adams fragt zudem nach der militärischen Unterdrückung von Zivilisten, dem legalen Status von Soldaten sowie deren familiären Bindungen, nach Verwaltungsaufgaben, Armeeeinsatz bei Bauvorhaben und der Vorsorgung durch Handel mit regionalen Wirtschaftsystemen.

Das Militärwesen der Spätantike wird im zweiten Teil des Buches thematisiert. Mark Humphries analysiert in einem sehr interessanten Kapitel die internationalen Beziehungen Roms seit Theodosius’ I., wobei ein eigener Passus der römischen Ideologie gegenüber den auswärtigen Feinden gewidmet ist. Auffällig ist die teilweise Anerkennung der sasanidischen Überlegenheit im Vergleich mit den diversen Migrationsvölkern wie z.B. Hunnen oder Goten. Des Weiteren werden die zunehmende Rolle der Diplomatie und deren praktische Durchführung mittels Verwaltungspersonal, Gesandtschaften und Friedensverhandlungen behandelt. Besondere Aufmerksamkeit gilt den veränderten Rahmenbedingungen unter den christlichen Kaisern und dem daraus resultierenden Einfluss der neuen Religion auf die römisch-sasanidischen Beziehungen.

Mit den Strukturen der Armee und ihrer einzelnen Regimenter sowie den Truppengattungen und -stärken befasst sich Hugh Elton. Zahlreiche Abbildungen archäologischer Funde illustrieren in diesem Zusammenhang die Ausrüstung und Bewaffnung der Soldaten (S. 286-297). Am Beispiel einzelner Lebensläufe werden einige typische Militärlaufbahnen verdeutlicht. Im 9. Kapitel „War“ geht Michael Whitby zunächst der von Edward Luttwak2 aufgestellten These von einer strategischen Entwicklung von „preclusive defence“ (Verteidigung an den Reichsgrenzen) zu „defence in depth“ (Verteidigung innerhalb des Imperium) nach, bevor er die Arten der Kriegsführung, Beendigung von Kriegshandlungen, Kriegsvorbereitungen, der Art der Feldzüge und die Frage von paganer wie christlicher Religion im Krieg untersucht.

Philip Rance erörtert das eigentliche Schlachtgeschehen – ausgehend von den antiken Verfassern von Militärhandbüchern und Tactica. In spätantiker Zeit spielte die Kavallerie eine größere taktische Rolle, wobei besonderes Gewicht auf die Panzerung sowohl von Reiter als auch Pferd gelegt wurde. Zu diesen Panzerreitern (Cataphracti) kamen auch gepanzerte Bogenschützen hinzu, wie ein Elfenbeinrelief aus dem 5. Jahrhundert zeigt (S. 356). Auf die Schwierigkeiten hinsichtlich der Rekonstruktion damaliger Schlachten geht Rance ebenso ein wie auf Belagerungstechniken, Ausbildung und Kampfmoral der Soldaten. Besonderes Gewicht legt auch er auf den Einfluss der christlichen Religion.

Im elften Kapitel vertieft Lee die Wechselbeziehungen von politischer und militärischer Macht. Dabei konzentriert er sich vornehmlich auf die Herausforderungen, die den Kaisern drohten sowie dem strukturellen Niedergang der Westhälfte des Reiches bei gleichzeitiger Stärkung Ostroms. Den wirtschaftlichen Aspekten des kaiserlichen Umgangs mit dem Heer und den anfallenden Kosten ist ein eigenes, recht aufschlussreiches Unterkapitel gewidmet (S. 401-412). Im letzten Kapitel des Bandes vergleicht Andrew Fear die Veränderungen von Militär und Gesellschaft: War noch im frühen Prinzipat die Armee ein eher geografisch entferntes Element in der Gesellschaft, so war nun der römische Staat der Spätantike dagegen paramilitärisch geprägt.

Dem Textteil sind eine chronologische Tabelle von 135 v.Chr. bis 651 n.Chr., ein Glossar der griechischen und lateinischen Begriffe, eine Liste der antiken Schriftsteller, Quellen- und Sachindizes und eine ausführliche Bibliografie angeschlossen.
Ein großer Teil der hier zusammengestellten und analysierten Fakten ist den Werken antiker Schriftsteller entnommen, während andere Informationen und Erkenntnisse durch die archäologische Feldforschung (darunter besonders Papyrologie und Epigrafik) oder auch durch moderne Versuche der experimentellen Archäologie gewonnen worden sind.

Der zweite Band der „Greek and Roman Warfare“ ist – gleich dem Vorgängerband – ein sehr gelungenes Handbuch was zugleich den aktuellen Forschungsstand zum antiken Militärwesen widerspiegelt. Ausgehend von der bekannten Studie „The Face of Battle“ von John Keegan versuchen die Verfasser der Fragestellung nach den tatsächlichen Erfahrungen einzelner Soldaten und Truppenteile nachzugehen.3 Die begrenzte Perspektive früherer Nachschlagewerke und Studien ist hier bewusst vermieden worden; konzentrierten sich diese doch hauptsächlich auf die Analyse antiker Texte, auf topografische Auswertungen und individuelle Ereignisse oder zeitgenössische Erfahrungen. Insgesamt gelingt allen Autoren eine vortreffliche Auswertung, zumal sie vielschichtige Informationen in einen Zusammenhang bringen, die bei isolierter Betrachtung oft übersehen werden. Dieses Buch ist jedoch auch zusammen mit dem 1. Band zu lesen – allein schon wegen der Schnittschnelle der römischen Republik. „Greek and Roman Warfare“ spricht fachlich wie interdisziplinär Forscher, Studenten und interessierte Laien gleichermaßen an. Beiden Bänden seien viele Leser gewünscht.4

Anmerkungen:
1 Johannes Kromayer / Georg Veith, Heerwesen und Kriegsführung der Griechen und Römer (Handbuch der Altertumswissenschaft IV.3.2), München 1928 (ND 1963); Hans Delbrück, Geschichte der Kriegskunst im Rahmen der politischen Geschichte, Bd. I, Berlin 1962.
2 Edward Luttwak, The Grand Strategy of the Roman Empire. From the First Century AD to the Third, Baltimore/London 1976.
3 John Keegan, The Face of Battle, New York 1976.
4 Es gibt insgesamt wenig am 2. Band auszusetzen. In der Bibliografie sind einige Titel der deutschsprachigen Beiträge nicht sorgfältig übertragen worden.

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