S. Neitzel: Weltkrieg und Revolution

Titel
Weltkrieg und Revolution. 1914-1918/19


Autor(en)
Neitzel, Sönke
Reihe
Deutsche Geschichte im 20. Jahrhundert 3
Erschienen
Berlin 2008: be.bra Verlag
Anzahl Seiten
208 S.
Preis
€ 19,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Wolfgang Kruse, Historisches Institut, LG Neuere Deutsche und Europäische Geschichte, Fernuniversität Hagen

Es gibt eine ganze Reihe von aktuellen Einführungen und Gesamtdarstellungen zur Geschichte des Ersten Weltkrieges. Sie alle haben ihre eigenen Qualitäten, Stärken und Schwächen. Der vorliegende Band über den Krieg und die Novemberrevolution ist als Teil einer neuen, von Manfred Görtemaker, Frank-Lothar Kroll und dem Autor Sönke Neitzel im be.bra Verlag herausgegebenen Reihe zur „Deutschen Geschichte im 20. Jahrhundert“ erschienen. Dementsprechend konzentriert er sich auf das Deutsche Kaiserreich im Ersten Weltkrieg. Der inhaltlich und zeitlich darüber hinausweisende Titel des Buches dagegen führt in die Irre, denn die Revolution kommt tatsächlich kaum vor. Sie wird ohne eine hinreichende Behandlung der gesellschaftspolitischen Ursachen auf gut zehn Seiten kursorisch abgehandelt, wohl weil die Reihe dazu keinen eigenen Band vorsieht.

In dieser Reihe will sich, wie es in der allgemeinen Vorstellung heißt, „erstmals eine junge Generation von Historikern“ der Geschichte des 20. Jahrhunderts im Überblick zuwenden. Dass (relative) Jugendlichkeit dabei nicht unbedingt besondere Originalität oder die Suche nach neuen Perspektiven bedeuten muss, wird in dem Band über den Ersten Weltkrieg schnell deutlich. Sowohl in der Anlage als auch in den inhaltlichen Schwerpunktsetzungen handelt es sich vielmehr um eine ausgesprochen konventionelle Darstellung. Wer sich einen Überblick über die politischen Ursachen des Ersten Weltkrieges, seinen militärischen Verlauf sowie über die außenpolitischen Zielsetzungen und Initiativen des Deutschen Reiches verschaffen will, der wird hier durchaus gut bedient. Fast zwei Drittel des Buches sind diesen Themen gewidmet, die Darstellung ist insgesamt abgewogen und auf der Höhe des Forschungsstandes. Vergleichsweise knapp fällt demgegenüber bereits die Beschäftigung mit der kriegführenden Gesellschaft aus, in der nicht zuletzt die Grundlagen für die Revolution gelegt wurden. Auf knapp 30 Seiten werden Wirtschaft und Finanzen, Ernährung und Innenpolitik (so die Kapitelüberschriften) im allgemeinen Überblick behandelt, weitgehend ohne sich auf Differenzierungen einzulassen oder Forschungskonflikte und -probleme genauer auszuleuchten. Wer sich hier gründlicher einarbeiten will, sollte besser auf die Einführungen von Vertretern der älteren Generation wie Roger Chickering, Wolfgang J. Mommsen oder Gunther Mai zurückgreifen.

Vor allem befremdet jedoch das weitgehende Fehlen der vielfältigen, sozial- und vor allem kulturgeschichtlich geprägten Themenfelder, die der Weltkriegsforschung der letzten Jahre ihren dynamischen Charakter verliehen haben. Abgesehen von einem Unterkapitel zum „Augusterlebnis“ 1914 werden hierzu nur manchmal ein paar knappe Bemerkungen eingefügt. Vom soldatischen Kriegserlebnis bis zur Kriegsgefangenschaft, von Kriegsideologie und -proganda über den Einfluss des Krieges auf Hoch- und Massenkultur sowie die Ausbildung einer spezifischen Gewaltkultur bis zur Entwicklung der Geschlechterverhältnisse im Krieg: Solche Themenkomplexe werden kaum angeschnitten und schon gar nicht vertiefend behandelt. Die allgemeine politikgeschichtliche Begrenzung der Darstellung trifft auch für den abschließenden Ausblick auf den „Frieden der keiner war“ zu. Erneut geht es – wie bei den Kriegsursachen nun allerdings wieder ganz europäisch – um die Staatsaktionen der Pariser Vorortverträge, während die gesellschafts- und kulturgeschichtlichen Folgen des Ersten Weltkrieges außen vor bleiben.

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