J. P. Kaufman: A Concise History of U.S. Foreign Policy

Titel
A Concise History of U.S. Foreign Policy.


Autor(en)
Kaufman, Joyce P.
Erschienen
Anzahl Seiten
X, 171 S.
Preis
€ 55,93
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Sebastian Haak, Erfurt

Was verstanden die Gründerväter der USA unter außenpolitischem Handeln? Wie kam es zum Eintritt der Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg? Oder: Welche Überlegungen führten zur Annäherung der USA an die Volksrepublik China? Wer sich kurz und bündig darüber informieren möchte, welche Antworten die aktuelle Geschichts- und Politikwissenschaft auf diese und ähnliche Fragen gibt, der findet in Joyce P. Kaufmans „A Concise History of US Foreign Policy“ einen wertvollen Erstzugang zum Thema.

Profitieren werden von der Veröffentlichung wohl vorwiegend jüngere Studierende, an die Kaufman, die am Whittier College Politikwissenschaft unterrichtet, ihr Buch richtet (vgl. S. vii). Das Werk ist aber auch für jene Leser geeignet, die sich außerhalb des Akademischen überblicksartig mit der Geschichte der US-Außenpolitik beschäftigen, will Kaufman doch den komplexen Entstehungsprozess von US-Außenpolitik von der Gründung der Vereinigten Staaten bis heute ausleuchten und dabei ein „big picture“ (S. viii) zeichnen. Einen besonderen Schwerpunkt, so ihr eigener Anspruch, soll die Rolle wirtschaftlicher Erwägungen spielen (vgl. S. viif.).

Nach einem Theoriekapitel beginnt Kaufman mit der chronologischen Erzählung. Was sie dabei an Konzeptionellem in ihrem Theorieteil vorweg schickt (vgl. S. 1-28), zieht sich durch die gesamte weitere Arbeit. Der Autorin gelingt es, knapp und verständlich zu skizzieren, in welchem Spannungsfeld sich US-Außenpolitik bewegte und bewegt: Im Kompetenzgewirr der US-Verfassung, die sowohl den Präsidenten als auch den Kongress mit außenpolitischen Entscheidungen betraut; im Gerangel von „domestic“ und „foreign policy“; im Verschieben der Gewichte zwischen idealistischer und pragmatischer Außenausrichtung, um nur einige Beispiele zu nennen. Mit diesem Rüstzeug bewaffnet, kann Kaufman im Folgenden zeigen, „that little in American Foreign policy really is ‚new’“ (S. 4) und dass Außenpolitik deshalb im Licht der historischen Rahmenbedingungen zu sehen und nur so zu verstehen bzw. zu erklären ist.

Beim chronologischen Teil des Buches in den Kapiteln zwei bis fünf legt Kaufman ihren inhaltlichen Schwerpunkt auf die US-Außenpolitik seit 1945; jene Abschnitte sind am umfangreichsten geraten. Interessant ist dabei, dass Rückschlägen (aus US-amerikanischer Sicht) wie Vietnam (vgl. S. 96-103), Somalia (vgl. S. 126-128) oder „9/11“ (vgl. S. 133-136) besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Alle Kapitel sind in sich schlüssig gegliedert und gegeneinander sinnvoll abgegrenzt. Kaufmans wichtigste Zäsuren sind der Erste und Zweite Weltkrieg bzw. das Ende des Sowjetreiches. Die Erzählung in den einzelnen Teilen wird durch viele Zwischenüberschriften gegliedert, was die Orientierung erleichtert. Das flüssig geschriebene Narrativ folgt dabei im Wesentlichen den in der sonstigen, aktuellen (überblicksartig geschriebenen) Forschungsliteratur vertretenen Argumentationen.1 Neuland betritt Kaufman in analytischer Sicht nicht. Auch arbeitet sie sich immer wieder an den Begriffen „unilateralism“, „isolationism“ und „engangement“ ab, die als bestimmend für die US-Außenpolitik zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts und heute skizziert werden.

Bemerkenswerter ist die oben schon angedeutete Verbindung von Politikwissenschaftlichem mit Historischem im ersten Kapitel und auch darüber hinaus. Hier liegt die eigentliche Stärke des Buches. Zwar haben auch einige andere Arbeiten einen ähnlichen Theorieteil – der eben die Situation von Außenpolitik (in den USA) im Spannungsfeld vieler Faktoren skizziert2 –, doch ist Kaufmans Analyse im Rahmen der gebotenen Kürze und die Art, wie sie ihre theoretischen Überlegungen immer wieder in die chronologische Abhandlung einflechtet, besonders gut gelungen. Es ist dieser Teil der Publikation, der sie auch für all jene interessant macht, die schon über Kenntnisse der Geschichte der US-Außenpolitik verfügen.

Dennoch bleibt „A Concise History“ ein Einführungswerk. Aus studentischer Sicht besonders lobenswert ist dabei neben dem umfangreichen Sachwortregister am Ende des Buches und den gelungenen Einleitungen und Zusammenfassungen der einzelnen Kapitel die internetbasierte Quellenarbeit Kaufmans. So wird es den LeserInnen ermöglicht, schnell und einfach wichtige Dokumente zu den Außenbeziehungen der USA zu finden. Grundsätzlich zu begrüßen sind auch die Karten im Buch. Leider jedoch wirken die wenigen vorhandenen Exemplare wahllos platziert, holzschnittartig und sind teilweise sogar fehlerhaft: Auf Seite 83 existiert im Europa des Kalten Krieges Österreich zweimal, während Jugoslawien fehlt.

Alles in allem aber wird Kaufmans Buch den selbst gestellten Ansprüchen gerecht. Lediglich in Bezug auf die Ankündigung, das „big picture“ zu zeichnen, verfehlt die Politikwissenschaftlerin ihr Ziel. Durch die kleingliedrigen Kapitel mit ihrem jeweiligen Fokus auf Ereignisgeschichtliches gelingt es Kaufman nicht, eine wirkliche Geschichte der großen Linien zu schreiben. Beispielsweise nennt die Autorin nur ganz kurz (vgl. S. 48, 77) das Jahr der Oktoberrevolution bzw. des Eintritts der Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg im Zusammenhang mit den Wurzeln des Kalten Krieges. Welche fundamentalen und weitreichenden ideologischen Gegensätze sich schon von diesem frühen Moment an zwischen der USA und der Sowjetunion abzeichneten, findet bei ihr keine Erwähnung. Wie sehr Wilsons 14 Punkte eine Antwort auf Lenis Weltvorstellungen nach dem Sturz des Zaren waren, sucht man in Kaufmans kleiner Geschichte vergebens. Freilich war und bleibt das Ziel, auf weniger als 200 Seiten ein komplexes großes Bild zu zeichnen, überaus ehrgeizig. Nicht ohne Grund beschäftigen sich viele Autoren in ihren Arbeiten mit Einzelaspekten der US-Außenpolitik.3

Mit Skepsis ist auch dem sechsten Abschnitt zu begegnen (vgl. S. 145-158). Die dort an den Leser gerichtete Aufforderung, in „what would have you done“-Szenarien historische Entscheidungen neu zu treffen, kann in der Geschichtswissenschaft von nur zweifelhaftem Interesse sein. Hier liegt offensichtlich eine Grenze der Verbindung von Geschichts- und Politikwissenschaft. Ähnliches deutet sich vorsichtig immer wieder im Text an, wenn Kaufman von den Amerikanern als „ahistorical“ (S. 4) oder von den „lessons of history“ (ebd., ähnlich: S.61, S. 68f.) schreibt. Vielleicht lassen sich diese und ähnliche kritische Fragen ja diskutieren, wenn Joyce P. Kaufmans „Concise History“ in der geschichts- wie politikwissenschaftlichen Lehre erprobt wird.

Anmerkungen:
1 Für weitere Überblicksliteratur vgl. beispielhaft: Bierling, Stephan, Geschichte der amerikanischen Außenpolitik. Von 1917 bis zur Gegenwart, 2. durchgesehene Auflage, München 2004; Schwabe, Klaus, Weltmacht und Weltordnung. Amerikanische Außenpolitik von 1898 bis zur Gegenwart. Eine Jahrhundertgeschichte, Paderborn 2006.
2 Vgl. beispielhaft: Bierling, Geschichte, S. 9-72; Schwabe, Weltmacht, S. 3-17.
3 Vgl. beispielhaft: Kane, Thomas M., Theoretical Roots of US Foreign Policy: Machiavelli and American Unilateralism, London 2006; Price, Matthew C., The Wilsonian Persuasion in American Foreign Policy, Youngstown/New York 2007.

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