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Titel
Diplomacy by Design. Luxury Arts and an 'International Style' in the Ancient Near East, 1400-1200 BCE


Autor(en)
Feldman, Marian H.
Erschienen
Anzahl Seiten
XVIII, 278 S.
Preis
$ 60,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Alexander Ahrens, Institut für Vorderasiatische Archäologie, Eberhard-Karls-Universität Tübingen; DFG-Graduiertenkolleg "Formen von Prestige in Kulturen des Altertums", Ludwig-Maximilians-Universität München

Die besprochene Arbeit ist eine teilweise überarbeitete und aktualisierte Fassung der bereits im Jahr 1998 von Marian H. Feldman an der Harvard University eingereichten Dissertation. Den übergeordneten Rahmen der Untersuchung bildet hierbei die Frage nach der Struktur und den Mechanismen der interkulturellen Beziehungen zwischen den Großmächten sowie anderen politischen Einheiten des östlichen Mittelmeerraumes in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v.Chr., der Spätbronzezeit. Ganz explizit wird hierbei auch schon im Untertitel der zeitliche Horizont der Arbeit auf 200 Jahre begrenzt; eine Tatsache, die im Folgenden noch einmal aufgegriffen und diskutiert werden soll.

Feldman untersucht eine von ihr definierte und im Zuge der Arbeit neu zusammengestellte Gruppe unterschiedlicher Objekt- und Materialtypen, die in Anlehnung (und gleichzeitiger Abgrenzung) an den schon 1947 von Helene Kantor geprägten Begriff des "International Style" 1 als "Visual Hybrid Style (Objects)" bzw. "(International) Koiné Style" bezeichnet wird (S. 11ff., 59ff.). Kernpunkt der Aussage von Feldman ist dabei die These, dass sowohl die sozio-politischen als auch die kulturellen Beziehungen zwischen den Großmächten, wie sie sich in den inschriftlichen Quellen der Spätbronzezeit nachweisen lassen, durch die bewusste Beschränkung und Reduzierung der einzelnen kultur-spezifischen Ausprägungen der Ikonografie und Motivik der verhandelten Objekte verbessert oder gar stark gefördert wurden. Diese Reduzierung habe, so Feldman, den gegenseitigen Austausch zwischen den jeweiligen Regionen des östlichen Mittelmeerraumes während der Spätbronzezeit, die so genannte "Koiné", mitunter erst möglich gemacht. Anstelle einer spezifisch kulturellen Zuweisbarkeit in der Motivauswahl und Ikonografie trete nun ein eher allgemein verständliches (da allen beteiligten Kulturen in der Regel gleichermaßen bekanntes) und kulturell "losgelöstes" ikonografisches Repertoire auf (von Feldman auch als "Visual Hybridity" und "Hybrid Imagery" bezeichnet, S. 62ff.), das dadurch allen potentiellen Teilnehmern des überregionalen spätbronzezeitlichen Austauschnetzwerkes in gleicher Weise Zugang und Teilnahme ermöglichte.

Die ikonografischen Merkmale der Objektgruppen und das thematische Repertoire dieser "Visual Hybridity" bestehen dabei nach Feldman aus folgenden wesentlichen und grundsätzlichen Definitionskriterien (S. 10f., 30f.): (1.) Kampfdarstellungen ("Combative Groups/Motfis"), vor allem Tierkampf- bzw. Jagdszenen, (2.) symmetrische Tierpaare ("Balanced Scenes") und (3.) geometrische und florale Motive ("Geometric/Floral Motifs"), die sich insgesamt aus unterschiedlichen kulturellen Traditionen zusammensetzen und miteinander kombiniert werden.2 Die Untersuchung gliedert sich in drei größere Teile bzw. Themenbereiche: "Images" (S. 23ff.), "Objects" (S. 102ff.) und "Contexts" (S. 157ff.), die ihrerseits wieder in einzelne Kapitel unterteilt sind. Nach einer ausführlichen Einleitung, in der bereits die Kernaussagen der These Feldmans kurz angerissen werden (S. 1-22), beschreibt das Eingangskapitel des ersten Teils ("Images") zunächst die methodischen und praktischen Einschränkungen der Bezeichnung "International Style", die nach Feldman wissenschaftlich zumeist nur in Bezug auf vereinzelte stilistische Aspekte und Fragestellungen angewendet wurde und dabei generell nicht – so das Anliegen Feldmans – auf die sozio-politische Deutung und Bedeutung der Objekte näher eingeht. In den nachfolgenden Kapiteln 2 bis 4 werden die unterschiedlichen Objekte vorgestellt, die in ihrer geografischen Verteilung von Ägypten und der Levante über Zypern und Anatolien bis hin zur Ägäis den gesamten Mittelmeerraum abdecken.3 Anhand ausgewählter Objekte versucht Feldman, ihre These und die Plausibilität ihrer Definitionskriterien zu veranschaulichen; dazu werden primär Beispiele aus Ägypten und dem vorderasiatischen Bereich herangezogen.

Der zweite Teil "Objects" versucht, die unterschiedlichen Objektgruppen des von Feldman neu definierten "Hybrid Style" in die kulturelle Sphäre des spätbronzezeitlichen diplomatischen Güter- und Geschenkeaustausches zu setzen. Dabei wird allerdings deutlich, dass die Objekte einer solchen Definitionsgruppe sich keinesfalls eindeutig in den schriftlichen Quellen, dabei allen voran in den Briefen der Amarnakorrespondenz, nachzuweisen sind und sich allenfalls generelle Ähnlichkeiten zwischen Objekten einerseits und der inschriftlichen Evidenz andererseits aufzeigen lassen (S. 116).4 In diesem Zusammenhang werden auch potentielle Werkstätten von Feldman diskutiert, die – ebenso wie die Objekte selbst – primär in einem palatialen Kontext existiert haben dürften, da hier wohl auch die "Abnehmer" solcher Güter zu lokalisieren sind. In ihrem Versuch, Text und Material zusammenzubringen, werden von Feldman auch die Briefe selbst in direktem Bezug zu den Objekten gesehen. Den möglichen "Parallelismus" zwischen Text und Objekt sucht Feldman zu verdeutlichen, indem sie Aspekte der Form und des Inhalts der Texte mit denen der Ikonografie und Komposition der Objekte als aufeinander abgestimmt interpretiert.

Der dritte Teil ("Contexts") beschäftigt sich abschließend mit dem sozio-politischen und kulturellen Kontext, in dem die Objekte zirkulieren und wirken konnten. Feldman sieht, wie schon andere vor ihr,5 die Objekte als Teil eines offensichtlich (reziproken) Güter- und Geschenkaustauschs zwischen den Großmächten der Spätbronzezeit (S. 160ff.). Erneut liegt dabei der Schwerpunkt der Argumentation Feldmans auf einzelnen Aspekten und Belegen der inschriftlichen Evidenz, die dabei stellenweise auch mit theoretischen Modellen des Gabentausches untermauert werden. Das letzte Kapitel des dritten Teils versucht exemplarisch anhand der nordlevantinischen Hafenstadt Ugarit (Ras Shamra) die sozio-politische Funktion und Bedeutung der dort aufgefundenen Objekte aus der von Feldman definierten Gruppe herauszuarbeiten.

Eingehende Untersuchungen, die auf der Basis materieller Hinterlassenschaften sowohl generelle sozio-kulturelle als auch politische Theorien und Konzepte zu entwickeln bzw. zu systematisieren versuchen, besitzen in der Vorderasiatischen Archäologie immer noch Seltenheitswert und sind weiterhin ein wissenschaftliches Desiderat. Neben dem großen Wert der vorliegenden Untersuchung, die besonders im Bereich eines neuen multidisziplinären, theoretischen und kontextbezogenen Verständnisses der von Feldman besprochenen Objekte liegt, sind dennoch einige Punkte zu bemerken, die der Untersuchung insgesamt abträglich sind. Insgesamt erscheint Feldmans Idee einer "diplomatischen Kommunikation durch Objekte" zwar interessant, allerdings zeigt sich bei genauerer Betrachtung aber, dass auch diese Theorie eher als Konstrukt zu verstehen ist, das versucht, Material und Text in Einklang zu bringen. Betrachtet man nämlich die geografische Verteilung der von Feldman behandelten Objekte und setzt diese mit den in den schriftlichen Quellen genannten Großmächten in Verbindung (und primär zwischen diesen verläuft nach Feldman die Kommunikation und der Güteraustausch), so fällt auf, dass zwischen diesen beiden eine große Divergenz besteht: Gerade in jenen Regionen Vorderasiens und des Mittelmeerraumes, in denen historisch nachweislich keine politischen Großmächte existiert haben, finden sich die meisten Objekte der von Feldman definierten Gruppe. Dass dies mit Sicherheit kein Zufall sein kann, zeigt sich nicht zuletzt durch Feldmans eigenes Fallbeispiel der nordlevantinischen Hafenstadt Ugarit. Mitunter scheinen nämlich die Objekte nicht unbedingt einen Aspekt des diplomatischen Austauschs zwischen den bekannten Großmächten darzustellen, sondern vielmehr an der "Schnittstelle" ihrer unterschiedlichen kulturellen und politischen Einflussbereiche entstanden zu sein. Gerade durch den untergeordneten Kontakt mit den verschiedenen Großmächten – und einem politischen Taktieren zwischen diesen – war die Grundlage für die Rezeption kulturell unterschiedlich geprägter Motivik und Ikonografie in eben diesen Gebieten besonders stark gegeben.6 In diesem Zusammenhang soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass zumindest für einen Teil der Objekte aus Feldmans Corpus eine ursprünglich levantinische Herkunft und Produktion bewiesen ist, für einen weiteren Teil eine solche zumindest plausibel erscheint.

Bei den Ausführungen zu den interkulturellen Beziehungen hätte man sich darüber hinaus eine eingehendere Behandlung anderer spezifischer Übernahmephänomene gewünscht, die das Gesamtbild hätten abrunden können. So werden die spätestens seit der Spätbronzezeit in den größeren Palastzentren der nördlichen Levante vorhandenen ägäischen bzw. "ägäisierenden" Wandmalereien nicht behandelt, ebenso wenig findet sich eine Diskussion der dort zahlreich gefundenen ägyptischen Importstücke und ägyptisierenden, das heißt lokal levantinischen Arbeiten. Des Weiteren erscheint es chronologisch zwar plausibel und verständlich, den Schwerpunkt der Untersuchung sowohl aufgrund der materiellen als auch inschriftlichen Befundlage auf die Spätbronzezeit zu legen, dennoch wäre eine genauere Darstellung und Einordnung der vorangehenden Periode der Mittelbronzezeit (1. Hälfte des 2. Jahrtausends v.Chr.) wünschenswert und notwendig gewesen. Insbesondere in der ausgehenden späten Mittelbronzezeit finden sich in der nördlichen Levante zahlreiche Belege für die gezielte Übernahme kulturfremder Ikonografie und Motivik in lokal levantinischen Objektgruppen.7

Insgesamt und abschließend betrachtet scheint daher die von Feldman neu definierte Gruppe nur eine von vielen unterschiedlich beeinflussten Objektgruppen darzustellen, die sich von den anderen in besonderem Maße durch ihre "hybride" Motivik einzelner Kultureinflüsse unterscheidet. Besonders positiv hervorzuheben ist jedoch Feldmans Ansatz, Objekte nicht allein als "Kunstobjekte" zu behandeln, sondern diese auch in Hinblick eines sozio-politischen Gesamtkonzepts zu analysieren. Auf diese Basis werden sich nachfolgende Arbeiten wohlwollend stützen.

Anmerkungen:
1 Vgl. Kantor, Helene J., The Aegean and the Orient in the Second Millennium B.C., Boston 1947.
2 Feldman stellt dabei jedoch klar, dass ihre Definitionskriterien und die damit verbundene gleichzeitige Klassifizierung dieser Objektgruppe nicht die einzigen Faktoren des spätbronzezeitlichen Austauschsystems sein können. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ist von anderen Einflüssen und Merkmalen auszugehen, die in der Untersuchung allerdings nicht bzw. kaum behandelt werden (siehe dazu ausführlicher unten). Ebenso ist der Begriff "Stil" hier nicht im eigentlichen kunstgeschichtlichen Sinne als Definitionskriterium verwendet, sondern entspricht nach Feldman eher einem gemeinsamen bzw. kohärenten "Idiom", das allen Objekten zugrunde liegt (S. 24, 57f.).
3 Dabei ist leider anzumerken, dass weder ein Katalog der von Feldman angeführten Objekte – so unvollständig dieser auch in seiner Gesamtheit letztendlich sein kann – angeben wird, noch eine geografische Verteilungskarte dieser Objekte erstellt worden ist, die in Bezug auf die Fragestellung und das Verständnis der Thesen Feldmans einige Klarheit hätten schaffen können. Ebenso fehlen bei den Abbildungen und Zeichnungen der Objekte durchweg Maßstäbe, die einen Vergleich der Objekte vereinfacht hätte.
4 Es scheint vielmehr, dass nicht die Wertlegung auf einen verbindlichen "Stil" eines verhandelten Objektes, sondern primär der spezifische Materialwert von herausragender Bedeutung in der Korrespondenz war. Dies offenbaren auch die zahlreich in den Briefen der Amarnakorrespondez erhaltenen "Beschwerden" der Empfänger, die sich auffällig oft auf den Aspekt des Materialwerts konzentrieren.
5 Vgl. dazu z.B.: Cochavi-Rainey, Zipora (with contributions by Chr. Lilyquist), Royal Gifts in the Late Bronze Age, Fourteenth to Thirteenth Centuries B.C.E.: Selected Texts Recording Gifts to Royal Personages, Beer-Sheva 1999.
6 Gleichzeitig haben sich bislang keine bzw. kaum Objekte der von Feldman definierten Gruppe der "Visual Hybridity" in den geografischen Kernbereichen der Großmächte finden lassen. Feldmans angeführtes Beispiel der Gruft 45 in Assur (S. 132f.) und der darin aufgefundenen Objekte stellen daher eher eine Ausnahme dar, die faktisch und chronologisch wohl den Versuch des mittelassyrischen Reiches widerspiegeln, von den bereits existierenden Großreichen als neue, eigenständige Großmacht akzeptiert zu werden. So können also die Objekte in diesem Zusammenhang ebenfalls als in einem untergeordneten Verhältnis zum eigentlichen Austausch der Großmächte gesehen werden; vgl. dazu jetzt: Feldman, Marian H., Assur Tomb 45 and the Birth of the Assyrian Empire, Bulletin of the American Schools of Oriental Research 343 (2006), S. 21-43.
7 Vgl. unter anderem zu den ägyptisierenden Einflüssen auf levantinischen Rollsiegeln: Teissier, Beatrice, Egyptian Iconography on Syro-Palestinian Cylinder Seals of the Middle Bronze Age, Fribourg u.a. 1996.

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