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Titel
Bellum Asiaticum. Der Krieg der Römer gegen Aristonikos von Pergamon und die Einrichtung der Provinz Asia


Autor(en)
Daubner, Frank
Reihe
Quellen und Forschungen zur antiken Welt 41
Erschienen
München 2006: Herbert Utz Verlag
Anzahl Seiten
330 S.
Preis
€ 49,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Christian Mileta, Institut für Klassische Altertumswissenschaft, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Das zu rezensierende Buch von Frank Daubner stellt, um es gleich vorweg zu sagen, die derzeit gültige Monografie über den Aristonikosaufstand und die Einrichtung der römischen Provinz Asia dar. Dies ist um so bemerkenswerter, als es sich um die nun schon zum zweiten Mal verlegte Druckfassung einer Dissertation handelt, die Daubner im Jahre 2002 an der Universität Göttingen verteidigt hat. Es ist ungewöhnlich und spricht für die Qualität dieser wissenschaftlichen Erstlingsarbeit, dass die erste Auflage von 2003 recht bald vergriffen war, was die Herausgabe der nun vorliegenden zweiten Auflage notwendig machte. Diese zweite, überarbeitete Auflage unterscheidet sich von der Erstfassung des Buches vor allem dadurch, dass Daubner nun auch auf die beiden neuen Inschriften aus Metropolis (B. Dreyer; H. Engelmann, I Metropolis I) zurückgreifen konnte, die zum Zeitpunkt der Abfassung der ersten Auflage noch unpubliziert waren. Diese Inschriften enthalten wichtige Informationen zur Chronologie des Aristonikosaufstandes sowie zum Verhalten der Poleis Westkleinasiens während der Erhebung. Da Daubner nun auch auf diese Quellen zurückgreifen konnte, basiert die Neufassung seines Buches auf der aktuellsten Materiallage.

Das Werk stellte, wie bereits erwähnt wurde, ursprünglich eine an der Universität Göttingen erarbeitete Dissertation dar. Am dortigen Althistorischen Oberseminar haben sich in den letzten Jahren auch Gustav Adolf Lehmann, der Betreuer der Arbeit, sowie Boris Dreyer mehrfach mit Aspekten des Aristonikosaufstandes und der Einrichtung der Provinz Asia beschäftigt. Daubners Buch ist also in einem sachkundigen Umfeld entstanden, stellt aber eine eigenständige und sichere Arbeit dar. Das zeigt sich schon daran, dass Daubner in der Interpretation der bereits erwähnten Inschriften aus Metropolis (I Metropolis I, Dekret A + B) durchaus von den Meinungen Dreyers abweicht, der den Kommentar zur Edition dieser Inschriften verfasst hat.

Gegenstände des Buches sind die Attalidische Erbschaft, der Krieg der Römer gegen den pergamenischen Thronprätendenten Aristonikos/Eumenes (III.) sowie die Einrichtung und frühe Geschichte der Provinz Asia. Daubner untersucht diese Ereignisse, die in die Zeit von 133-129/26 v.Chr. fallen, aus römischer Sicht, also als Teilaspekt der inneren Entwicklung und der äußeren Expansion der römischen Republik im 2. Jahrhundert v.Chr. Das Werk besteht aus einer Einleitung (S. 5-12), drei Hauptteilen (S. 13-261) und einer Gesamtzusammenfassung (S. 263-265). Es enthält ferner einen Quellenanhang (S. 267-275), ein Literaturverzeichnis (S. 277-310), ein Namen- und Sachregister (S. 311-316) sowie – als sehr begrüßenswerte Neuerung gegenüber der ersten Auflage – ein umfängliches Quellenregister (S. 317-326).

In der Einleitung wird zunächst ein Abriss der Expansion und der inneren Entwicklung Roms im zweiten Jahrhundert v.Chr. gegeben (S. 5-9), in dem Daubner drei miteinander verbundene Entwicklungstendenzen der römischen Republik im 2. Jahrhundert v.Chr. herausgearbeitet: (1) das massive, aber nicht aktiv gelenkte Eindringen Roms in den hellenistischen Osten, samt dem immer häufigeren Scheitern der dort errichteten indirekten Herrschaft; (2) die fortschreitende Zerstörung der alten Homogenität der Senatsaristokratie; (3) die immer stärker werdende wirtschaftliche und politische Macht einiger Gruppen des Ritterstandes, zumal der publicani. Zu Beginn des folgenden Abschnitt, der die Absicht des Buches umreißt (S. 9-12), betont Daubner dann, dass diese Entwicklungslinien ein Gefüge bildeten, innerhalb dessen er die römische Inbesitznahme der Provinz Asia untersuchen wolle. Er begreift die Ereignisse der Jahre 133-129/26 v.Chr. als einen wichtigen Wendepunkt in der römischen Geschichte, da in dieser Zeit die direkte römische Herrschaft erstmals auf Kleinasien übergriff. Die historische Folie der zu untersuchenden Entwicklungen ist somit der so genannte römische Imperialismus, der von der Forschung teils als defensives Handlungskonzept, teils als aktive Expansions- und Ausbeutungspolitik begriffen wird. Allerdings stellt sich Daubner keinesfalls die Aufgabe, eine Antwort auf Frage nach dem Charakter des römischen Imperialismus zu geben. Vielmehr will er zeigen, wie sich die Römer in einem – freilich wichtigen – Einzelfall verhalten haben (S. 9). Die Untersuchung und Bewertung dieses Einzelfalles ist ebenso möglich wie notwendig, da sich die Quellenbasis zum Aristonikosaufstand und zur Einrichtung der Provinz Asia in letzter Zeit durch Inschriftenfunde beträchtlich erweitert hat.

Bezieht man die Aussagen der neuen Inschriften in die Betrachtung ein, so stellt die Zusammenschau aller Quellen den bestehenden Konsens der Forschung zu diesen Ereignissen in Frage. Diesen, von ihm in allen Punkten bezweifelten Konsens umreißt Daubner in folgender Weise (S. 10): (A) Der widerwillige und lange Zeit zögernde Senat sei erst von den Agitatoren um Tib. Gracchus zur Annahme der Attalidischen Herrschaft und zum Krieg gegen den pergamenischen Thronprätendenten Aristonikos/Eumenes (III.) gezwungen worden. (B) Dieser Prätendent gelte der Forschung immer noch als sozialrevolutionärer Sklavenführer, der zunächst freilich auch von einigen Griechenstädten sowie von freien Indigenen und Söldnern unterstützt worden sei. (C) Nach dem Sieg hätten die Römer ihre direkte Herrschaft nur in einem kleinen Teil des ehemaligen Attalidenreiches errichtet und sich erst seit der lex Sempronia des C. Gracchus (123 v.Chr.) um die Einkünfte aus dieser Provinz gekümmert.

Der Rezensent hält dieses Resumé der Forschungsstandes für zu schematisch, räumt aber ein, dass es sehr schwierig ist, aus der Masse der widersprüchlichen Forschungsmeinungen überhaupt klare Trends herauszuarbeiten. Daubner stand bei der Konzeption seiner Arbeit mithin zunächst vor der Schwierigkeit, die Haupttrends der Forschungen zum Thema zu bestimmen. Sodann musste er entscheiden, welche dieser Forschungsansätze im Angesicht der veränderten Quellengrundlage weiterhin verfolgt werden können. Er hat diese Aufgabe mit Bravour gelöst, obwohl oder gerade weil er eine immense Anzahl von Titeln aus der Sekundärliteratur verarbeitet hat: Das Literaturverzeichnis enthält über 700 Titel, die sämtlich auch in den 1287 Fußnoten auftauchen. Viele diese Anmerkungen enthalten anregende Diskussionen zu Detailproblemen, die man manchmal lieber im Haupttext gesehen hätte. Auch fällt eine gewisse Ungleichmäßigkeit bei der Benutzung der Literatur auf: Titel, die in einem Abschnitt der Arbeit zitiert wurden, werden, obwohl relevant, an anderer Stelle nicht mehr erwähnt. Daubner scheint sich im jeweiligen Arbeitsabschnitt lediglich auf die in den Fußnoten genannte Literatur konzentriert zu haben, während ihm die restliche relevante Literatur, die er ja kannte, lediglich als allgemeine Grundlage seiner Darstellung diente. Eine Kritik an dieser Arbeitsweise ist an sich berechtigt, erscheint im Angesicht der zu bewältigenden Literaturfülle aber unbillig.

Die drei Haupteile der Arbeit sind thematisch ausgesprochen vielgestaltig und wurden deshalb in zahlreiche Unterkapitel unterteilt. Diese Unterkapitel werden bei der Vorstellung der einzelnen Hauptteile jeweils aufgezählt, damit die Leser/innen einen Eindruck von den behandelten Einzelthemen bekommen. Der erste Hauptteil "Attalos III. und sein Testament" (S. 13-52) untersucht zunächst die Person und den Herrschaftsstil des letzten Attalidenkönigs Attalos III. (S. 13-17) und sodann das Testament Attalos' III. (S. 17-33) sowie die Reaktion der Römer darauf (S. 33-46). Abschließend wird die Frage aufgeworfen, inwieweit man die Attalidische Erbschaft und die Erbschaft von Kyrene (96 v.Chr.) miteinander vergleichen könne (S. 47-52). Bezüglich Attalos' III. arbeitet Daubner heraus, dass dieser von der Überlieferung wie auch von großen Teilen der Forschung zu Unrecht als besonders grausamer Herrscher dargestellt wird. Bei der Untersuchung des Testamentes Attlaos' III. stand Daubner vor der bekannten Schwierigkeit, dass die Bestimmungen dieser letztwilligen Verfügung im Einzelnen nicht überliefert und somit in der Forschung umstritten sind. Durch einen Vergleich mit dem 155 v.Chr. verfassten Testament Ptolemaios' VIII. Euergetes II., der damals über die Kyrenaika herrschte (S. 17-19), kann Daubner allerdings folgendes wahrscheinlich machen: Bei dem letzten Willen Attalos' III. handelte es um ein politisches Testament, mit dem die Herrschaft über das Pergamenische Reich auf Rom übertragen wurde. Der politische Charakter des Testamentes wird dadurch unterstrichen, dass Attalos III. die ihm unterstehenden Griechenstädte für frei erklärte. Auch der Umstand, dass Attalos III. den Römern die königlichen Schätze und Besitzungen (lat. bona regia) vermachte, spricht für ein politisches Testament: Bis auf einen geringen Teil, der nach heutigen Maßstäben als Privateigentum des jeweiligen Königs gelten müsste, handelte es sich bei den königlichen Besitzungen um Territorien, Naturschätze und Wirtschaftsbetriebe sowie um Sachwerte, Geld und Schätze, die von einem Herrscher auf den nächsten übertragen wurden. Es war also völlig natürlich, dass Attalos III. den Römern zusammen mit der Souveränität über sein Reich auch die königlichen Besitzungen übertrug.

Was die Reaktion der Römer auf das Testament von Attalos III. angeht, vertritt Daubner die Meinung, der Senat habe hier keineswegs zögerlich reagiert. Vielmehr habe er das Erbe umgehend angenommen und erste Schritte zur Unterstellung des ehemaligen Pergamenischen Reiches unter die Souveränität Roms eingeleitet. Diese Ansicht hängt allerdings wesentlich an der Beurteilung des Charakters der Gesandtschaft des P. Cornelius Scipio Nasica Serapio ab, der wohl noch 133 v.Chr. nach Kleinasien entsandt wurde. Diese Gesandtschaft wird von der Forschung überwiegend als legatio libera angesehen, deren Zweck es gewesen sei, Nasica, den Verantwortlichen für den Tod des Tib. Gracchus, aus der innenpolitischen Schusslinie zu nehmen. Diese Meinung kann auch die in sich durchaus schlüssige Argumentation Daubners (S. 43-46) nicht völlig entkräften. Nach Ansicht des Rezensenten liegt die Wahrheit womöglich in der Mitte: Nasica sollte zwar unter einem ehrenvollen Vorwand aus Rom entfernt werden, zugleich aber auch eine Fünfergesandtschaft des Senates anführen, welche die Situation im ehemaligen Attalidenreich sondieren und gegebenenfalls auch den einheimischen Widerstand gegen Prätendenten Aristonikos organisieren sollte.

Kern des Werkes sind der zweite und der dritte Hauptteil. Davon untersucht der zweite Hauptteil "Der asiatische Krieg" (S. 53-186) den Aristonikosaufstand, also die Bewegung des Thronprätendenten Aristonikos/Eumenes (III.), bzw. das bellum Asiaticum, den Krieg der Römer gegen diese Bewegung. Zunächst werden die wichtigsten Aussagen der inschriftlichen, numismatischen und literarischen Quellen über den Prätendenten Aristonikos/Eumenes (III.) sowie über den Verlauf des Aufstandes referiert ("Der neue König", S. 53-58; "Literarische Quellen", S. 58-61). Es folgt eine ausführliche Schilderung der "Kampfhandlungen vor dem Eingreifen der Römer" (S. 62-81, Unterabschnitte: Die Küste, S. 62-67; Lydien, S. 68-70; Kyzikos und Mysien, S. 70f.; Sestos, 72-75; Zwischenzusammenfassung, S. 76-81). Im Anschluss daran werden "Die Vorgänge in der Stadt Pergamon" behandelt (S. 81-103, Unterabschnitte: OGIS 338, S. 81-95; OGIS 323, S. 95-97; Die Ehreninschrift für Menodoros, Sohn des Metrodoros, und die Gesandtschaft des Scipio Nasica, S. 98-103). Der Abschnitt "Nikomedes, Ariarathes, Mithradates und Pylaimenes" (S. 103-107) schildert die militärischen Aktionen der Könige von Bithynien, Kappadokien, Pontos und Paphlagonien gegen den Aristonikos/Eumenes (III.). Im Anschluss daran werden "Der Beginn der militärischen Intervention Roms" (S. 107-119, Unterabschnitte: Der Streit um das Kommando, S. 107-112; Das SC Popillianum, S. 112-119) sowie die "Die Kämpfe mit den Römern" (S. 119-136) geschildert (Unterabschnitte: Das Oberkommando des Crassus, S. 119-124; Das Oberkommando des Perperna, S. 124-131; Die Beendigung des Krieges durch M'. Aquillius, S. 131-136). Es eine folgt Analyse beider Kriegsparteien ("Die Kriegsparteien – Versuch einer Analyse", S. 136-186, Unterabschnitte: (A) Die Unterstützer Rom, S. 137-157: Griechische Städte außerhalb des Attalidenreichs, S. 137-151; Prorömische Kräfte innerhalb des Attalidenreichs, S. 151-157; (B) Die Unterstützer des Eumenes-Aristonikos, S. 158-186: Städte, S. 158-162; Die Makedonen, S. 162-170; Die Thraker, S. 170-175; Die Heliopoliten, S. 176-186). Abschließend wird in einer Zwischenzusammenfassung versucht, den "Charakter des ‚Aristonikosaufstands’" zu bestimmen (S. 187-190).

Ein wichtiges Ergebnis des zweiten Hauptteils ist die Neuinterpretation des Bürgerrechtsdekretes der Stadt Pergamon von 133 v.Chr. (OGIS 338), die Einfluss auf Daubners Meinung über die Zusammensetzung der Anhängerschaft des Prätendenten und somit über den Charakter der Erhebung hat. Letztere Frage ist jahrzehntelang kontrovers diskutiert worden, wobei die unterschiedlichen Urteile zum Teil auf ideologischen Vorannahmen beruhten. Galt der Aufstand etwa der marxistischen Geschichtsschreibung als antike Volksbewegung mit utopischem Programm, wollten konservative Forscher hier nur den Usurpationsversuch eines eigensüchtigen Prätendenten sehen. Gegen Ende des 20. Jahrhunderts dominierte freilich eine mittlere Richtung, die Aristonikos/Eumenes (III.) zwar als attalidischen Thronprätendenten ansah, zugleich aber berücksichtigte, dass er sich auch auf antirömische Kräfte, besonders auf Soldaten und Beamte des alten Attalidenreiches, sowie auf entlaufene Sklaven und indigene Bauern gestützt hat. Außerdem teilte man die Erhebung in zwei Phasen ein: In eine rein dynastische Phase, die nach Lage der Dinge natürlich auch eine antirömische Stoßrichtung haben musste, und in eine darauf folgende "sozialrevolutionäre" Phase. In letzterer habe sich der Usurpator, der nun von den großen Poleis Kleinasiens, den Nachbarkönigreichen sowie von römischen Kontingenten bekämpft wurde, ganz auf Anhänger aus den unteren Volksschichten stützen müssen, denen er die Freiheit und soziale Wohltaten versprochen hatte. Dieses Zwei-Phasen-Schema schien durch den Bericht Strabos (14,1,38) gedeckt, verlor aber durch neuere Inschriftenfunde an Wahrscheinlichkeit. Hier ist besonders das Ehrendekret für Menippos aus Kolophon (J. und L. Robert, Claros I) zu nennen. Dort wird eine "Sklavenstadt" erwähnt, die während der Erhebung in der Chora von Kolophon existiert zu haben scheint. Die Notiz deutet unter Umständen ein größeres Gewicht von Sklaven innerhalb der Aufstandbewegung an, als in letzter Zeit angenommen wurde. Daubner gelangt, was den Charakter der Erhebung betrifft, freilich zu einer anderen Auffassung: Er hält den Aufstand für keine soziale Bewegung, sondern für einen Kampf der romfeindlichen Kräfte, allen voran der makedonischen Militärkolonisten, im ehemaligen Attalidenreich.

Der dritte Hauptteil "Provincia Asia" (S. 191-265) behandelt die Einrichtung der Provinz Asia, die ersten Jahre der direkten römischen Herrschaft sowie die Modifikation des Provinzialregimes durch die lex Sempronia des C. Gracchus. Zunächst wird die "Die Einrichtung der Provinz" nachvollzogen (S. 191-224, Unterabschnitte: Die Festlegung des Territoriums, S. 191-208; Die Frage der Steuern vor C. Gracchus, S. 208-210; Das SC de agro Pergameno, S. 210-219; Weitere Zeugnisse für die Tätigkeit der publicani in Asia vor 123, S. 220-224). Im Anschluss daran werden "Die Modifikationen der Provinzverfassung in der Ära des C. Gracchus" untersucht (S. 224-240, Unterabschnitte: Die censoria locatio, S. 224-231; Die Rückforderung Phrygiens und Lykaoniens, S. 232-240). Es folgt ein Ausblick auf "Die römische Politik in der Provinz und gegenüber den freien Städten bis in die 90er-Jahre (S. 241-261, Unterabschnitte: Die lex porcia, S. 241-246; Seenat und publicani, S. 247-261). Was die Einrichtung von Asia angeht, interessiert sich Daubner vor allem für die territoriale Ausdehnung dieser Provinz. Hier kommt er entgegen früheren Meinungen zu dem Schluss, dass die Provinz nicht nur den Westteil des ehemaligen Attalidenreiches umfasste. Vielmehr seien alle Gebiete dieses Reiches – mit Ausnahme der Landschaften Phrygien und Lykaonien, die Pontos bzw. Kappadokien zugeschlagen wurden – Bestandteil der Provinz Asia geworden. Ebenfalls im Widerspruch zu früheren Meinungen steht die wohlbegründete Ansicht Daubners, dass ursprünglich keinerlei Territorien zu Asia gehörten, die zuvor nicht Bestandteil des Pergamenischen Reiches gewesen waren. Das betrifft insbesondere die vier Inseln Lesbos, Chios, Samos und Kos sowie die südlich des Mäander gelegenen Teile Kariens.

In der Frage, ob die asiatischen Provinzialen sofort Steuern an die Römer zahlen mussten, kommt Daubner trotz einer verworrenen Quellenlage zu einer relativ einfachen und überzeugenden Lösung: Da die Provinz Asia noch während des Krieges Asia eingerichtet wurde, begannen die Römer auch umgehend, Steuern zu erheben. Diese wurden von Anfang an von römischen publicani eingezogen, die zunächst allerdings unter der Kontrolle der Provinzialverwaltung standen. Die untertänigen Städte und die Landbevölkerung Asias waren somit von Anfang an steuerpflichtig, was für sie insofern kein Problem darstellte, als sie zuvor ja auch Steuern an die Attaliden zahlen mussten. Zu einer Bürde wurden die Steuern erst nach der lex Sempronia, die C. Gracchus im Jahre 123 v.Chr. durchgebracht hatte. Von da an wurden die Steuern alle fünf Jahre per censoria locatio in Rom verpachtet, womit sie faktisch in die Hände der großen und finanzkräftigen societates publicanorum gerieten. Aus dieser Konstellation ergaben sich beträchtliche Belastungen für die Städte sowie für die bäuerliche Bevölkerung des kleinasiatischen Binnenlandes. Das Ausmaß dieser Belastungen übertreibt Daubner aber womöglich: Der von ihm nachdrücklich vertretene Gedanke, die Provinzialen Asias seien 88 v.Chr. vor allem wegen der allzu großen wirtschaftlichen Ausbeutung zu Mithridates VI. übergelaufen, ist weder neu noch wirklich beweisbar. Gegen diese Meinung spricht vor allem, dass Asia selbst dann noch als reich galt, nachdem Sulla sowie die verschiedenen Parteien der römischen Bürgerkriege des 1. Jahrhunderts v.Chr. enorme Summen aus der Provinz gezogen hatten. Man darf in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass Westkleinasien mit der Gründung der Provinz Asia vollständiger Bestandteil des römischen Wirtschaftsraumes wurde, ökonomisch also durchaus von der Unterstellung unter die direkte römische Herrschaft profitiert hat. Auch zeigt die kurz nach der Provinzialisierung erlassene lex portorii Asiae, dass die Provinzialen den publicani keineswegs schutzlos ausgeliefert waren. Den führenden Kreisen in Rom war ganz offensichtlich klar, dass es wenig Sinn gemacht hätte, eine Provinz, die weiterhin Steuern zahlen sollte, vollständig auszuplündern. Im Übrigen lässt sich das - politisch törichte - Umschwenken der Poleis von Kleinasien und Griechenland auf die Seite Mithridates' VI. nicht allein aus ihrer ökonomischen Situation heraus erklären. Es dürfte sich auch um eine "nationale" Reaktion der Griechen gegen die römische Fremdherrschaft gehandelt haben.

Insgesamt kann festhalten werden, dass Daubner die komplizierten Themenbereiche der Attalidischen Erbschaft, des Aristonikosaufstandes und der Einrichtung der Provinz Asia in imponierender und umfassender Weise behandelt hat. Das Werk ist demnach, zumal in der aktuellen zweiten Auflage, eine zuverlässige und unerlässliche Grundlage für jede weitere Beschäftigung mit der Thematik.

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