Cover
Titel
Tota illa pompa. Der Triumph in der römischen Republik


Autor(en)
Itgenshorst, Tanja
Reihe
Hypomnemata 161
Erschienen
Göttingen 2005: Vandenhoeck & Ruprecht
Anzahl Seiten
300 S.; CD-Rom
Preis
€ 69,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Holger Müller, Seminar für Alte Geschichte, Universität Mannheim

Der römische Triumph ist eine in den Quellen vielfach beschriebene, aber in der modernen Literatur bisher noch nicht analytisch betrachtete Erscheinung der römischen Geschichte. Die Bedeutung dieses Festzuges ist vor allem in republikanischer Zeit sowohl für Soldaten und Feldherren als auch für die Bevölkerung Roms immens, schuf er doch ein Band der Solidarität zwischen Militär und Zivilbevölkerung. Doch auch der persönliche Nutzen, den alle Beteiligten aus diesem Ereignis ziehen konnten, ist nicht zu unterschätzen. In ihrer Dissertation behandelt Tanja Itgenshorst diese komplexe Materie, wobei sie sich auf die republikanischen Triumphe beschränkt.

Nach einem kurzen Prolog über den augusteischen Triumph wird die Bedeutung der kaiserzeitlichen griechischen Autoren hervorgehoben und durch Vergleich und Analyse dieser Quellen eine idealisierte Beschreibung der Triumphe festgestellt. Trotz dieser Feststellung wird aber auch die individuelle Intention der einzelnen Autoren behandelt: Während zum Beispiel Dionysios den Triumph verallgemeinernd darstellt (S. 22), beschreibt Plutarch eher einzelne Triumphzüge (S. 24). Itgenshorst untersucht dabei die Entwicklung der Triumphbeschreibung in den Quellen; um diese Entwicklungslinie zu vervollständigen, fügt sie noch die Beschreibung des Triumphes Vespasians, wie sie Flavius Iosephus überliefert, hinzu (S. 26-29). Der Abschnitt wird durch ein kurzes Kapitel über den aktuellen Forschungsstand abgerundet, in dem Itgenshorst nochmals die Existenz der Idealtypen für die moderne Forschung problematisiert. Nachstehend werden die republikanischen Quellen behandelt. Ziel der Autorin ist es, ein möglichst genaues Bild des republikanischen Triumphs zu entwerfen. Inwieweit es dafür notwendig und sinnvoll ist, "die spätere Überlieferung vollkommen auszublenden" (S. 42), ist zu hinterfragen, bildet aber die konzeptionelle Grundlage der Arbeit. Die Autorin begibt sich auf "Spurensuche" (S. 42) bei Plautus, Polybios und Cicero. Livius widmet sie, begründet durch seine Bedeutung für die Thematik, ein eigenes Kapitel, in dem auch weitere, weniger bedeutsame Belege behandelt werden.

Am Beispiel der Komödien des Plautus wird die Bedeutung des Triumphes für die stadtrömische Bevölkerung aufgezeigt und problematisiert. Der vorgeführte Reichtum wurde als Indiz für den Erfolg des Feldzuges angesehen, Plautus karikiert dies, indem er andeutet, dass Beute auch auf wenig heldenhafte Art erworben werden kann. Obwohl die Komödien des Plautus ein Bild von den Gegensätzen zwischen Zivilbevölkerung und Militär aufzeigen können, muss Itgenshorsts These, es handle sich um eine "aussagekräftige Quelle für den römischen Triumph" (S. 53), als dem Zweck der Arbeit dienend angesehen werden. Von größerer Bedeutung sind denn auch die im Folgenden ausführlicher untersuchten Autoren Polybios und Cicero. Die Einbettung des Triumphs in die römische Verfassung bei Polybios wird ebenso behandelt und stichhaltig analysiert wie die beispielhafte Erwähnung von Triumphatoren in Ciceros Reden. Itgenshorst ist dabei bemüht, aus den teilweise vereinzelten Belegen ein vorläufiges Gesamtbild des römischen Triumphes in der Republik zu entwerfen.

Im nächsten Abschnitt betrachtet Itgenshorst die nichtschriftlichen Quellen. Diese fasst sie unter dem Begriff "Monumente" zusammen. Wie ihre Klassifizierung zeigt, gebraucht sie dabei den Begriff in seiner lateinischen Bedeutung, so dass nicht nur materielle Quellen gemeint sind (S. 90-93). Wie zu Recht herausgestellt wird, sind diese Monumente ein Zeugnis für das Selbstbewusstsein der Feldherren und spiegeln deren Meinung über ihren Triumph wider. Die Problematik, die mit der Analyse dieser oft nur literarisch erwähnten Monumente verbunden ist, wird vor der genauen Betrachtung verdeutlicht. Es folgt eine nach Art der Monumente getrennte chronologische Aufzählung der Zeugnisse. Von besonderer Bedeutung für das Verständnis der Triumphe sind Inschriften, vor allem wenn sie, wie Itgenshorst zu Recht betont, zeitgenössisch sind. Itgenshorsts Beobachtung einer inhaltlichen und strukturellen Veränderung der den Triumph betreffenden Inschriften ist zwar richtig, über diese Veränderungen hätte aber ein Vergleich mit anderen Inschriften und deren Entwicklung im Laufe der Republik weitere Aufschlüsse geben können. Familien, die mehrere Triumphatoren hervorgebracht hatten, versuchten oft, wie Itgenshorst darstellt, die geschaffenen Monumente in Abhängigkeit zueinander zu setzen, um so als Familie in dauerhafter Erinnerung zu bleiben. Dabei spielen sowohl der Ort als auch die Art des Mediums eine Rolle.

Anschließend setzt sich Itgenshorst mit dem Werk des Livius auseinander. Dieses gesondert zu behandeln, ist aufgrund seiner Bedeutung und seiner Sonderstellung als Werk der Übergangszeit zum Prinzipat (S. 148) durchaus gerechtfertigt. Die Trennung von den anderen Schriftquellen durch das Kapitel zu den Monumenten erscheint aber unnötig. Ein Grund hierfür könnte darin liegen, dass die Autorin das Werk des Livius weniger als wahrheitsgetreue Überlieferung, sondern vielmehr ebenfalls als Monument betrachtet (S. 158). Eine Problematisierung des livianischen Werkes und seiner Quellen erfolgt nur in Bezug auf die behandelte Fragestellung. Dann legt Itgenshorst die bei Livius überlieferten Senatsdebatten im Vorfeld der Triumphe dar. Quellennah wird eine Übersicht zu Bewilligungs- und Ablehnungsgründe gegeben und das Verhalten der Triumphatoren aufgezeigt. Im Folgenden wird das Kapitel de iure triumphi des Valerius Maximus behandelt. Schlüssig zeigt die Autorin, dass Maximus nicht in erster Linie Regeln für die Genehmigung eines Triumphes aufzeigen will, sondern die Unfehlbarkeit des republikanischen Senats verdeutlichen möchte. Eine Allgemeingültigkeit der aufgeführten Regeln wird negiert, wobei auf aussagekräftige Beispiele verzichtet wird.

In ihrem abschließenden Kapitel postuliert Itgenshorst überzeugend eine Ritualisierung des Triumphes und verdeutlicht die Notwendigkeit einer Kooperation zwischen dem Senat und den Feldherrn für den reibungslosen Ablauf dieses Rituals. Auch mögliche Konflikte zwischen den Feldherren und der römischen Bevölkerung sowie den Soldaten werden erörtert. Itgenshorst kommt zu dem überzeugenden Schluss, dass gerade die Teilnahme der Soldaten am Triumph zu einer rituellen Kanalisation der Konflikte führt (S. 206). Itgenshorst legt zudem die große Bedeutung der Soldaten für den Triumph dar, obwohl der in der Arbeit zur Verfügung gestellte Raum dieser Bedeutung nicht angemessen widerspiegelt. In einem letzten Abschnitt werden die "Funktionen des republikanischen Triumphrituals" (S. 209) nochmals übersichtlich zusammengefasst. Die Bedeutung, die Augustus sowohl für die Überlieferung als auch für die Einstellung der republikanischen Triumphe hatte, wird in einem Epilog klar und übersichtlich aufgezeigt.

Beachtenswert ist auch der Anhang, zu dem ebenfalls die Inhalte der CD-ROM zählen. Neben 45 Stemmata von Familien mit mehreren Triumphatoren gibt es eine nützliche chronologische Reihenfolge der Triumphe, in der jeweils der vollständige Name des Triumphators und die Nummer im auf der CD befindlichen Katalog aufgeführt werden. Es folgen ein Triumphatorenindex sowie ein übersichtlich strukturiertes Literaturverzeichnis. Das abschließende Register ist in "Antike Personen", "Begriffe, Sachen, Orte, Götter" und "Stellen" unterteilt. Die CD-ROM enthält neben der chronologischen Liste der Triumphe und dem Triumphatorenindex des Buches noch einen Katalog der Triumphe von 340 bis 19 v.Chr. Dieser ohne Inhaltsverzeichnis 429 Seiten lange Katalog bietet dem Leser auf übersichtliche Weise alle wichtigen, den jeweiligen Triumphzug betreffenden Informationen und stellt ein äußerst nützliches Arbeitshilfsmittel dar. Die Informationen liegen als PDF-Dateien vor. Es ist jedoch bedauerlich, dass diese Informationen nicht in Form eines zweiten Bandes geliefert werden; die Vorteile, die eine Veröffentlichung in digitaler Form bietet, werden jedenfalls nicht genutzt: Man könnte sich dabei Verweise, komplexe Suchmasken und ähnliches vorstellen.

Das Buch selbst gibt oftmals sehr ausführlich Quelleninhalte wieder, was für einen Neuling in diesem Thema sicherlich von Vorteil ist. Der Autorin gelingt es ihre Analysen mit den narrativen Teilen zu verflechten, wodurch die Lesbarkeit des Werkes erhöht wird. Leider sind die Wechsel zwischen den einzelnen Ereignissen oft sprunghaft. Wer sich mit der römischen Republik und damit auch fast zwangsläufig mit deren Militärgeschichte beschäftigt, findet in den Anhängen und den Dateien auf der CD-ROM ausgezeichnete Hilfsmittel.

Kommentare

Von Heil, Matthäus30.08.2006

Der römische Triumph sei "eine in den Quellen vielfach beschriebene, aber in der modernen Literatur bisher noch nicht analytisch betrachtete Erscheinung der römischen Geschichte", behauptet Holger Müller in seiner Rezension des Triumph-Buchs von Tanja Itgenshorst (H-Soz-u-Kult, 27.08.2006). Wirklich? Bereits ein rascher Blick in den Neuen Pauly (oder ein anderes Lexikon) hätte den Rezensenten eines Besseren belehrt. Es gibt eine lange, reiche Tradition antiquarischer Forschung, die Quellen sind längst gesammelt und es sind auch viele Deutungen versucht worden.
Die rezensierte Autorin weiss das und nennt in ihrem - freilich nicht so titulierten - Forschungsbericht all die einschlägigen Titel (S. 31-41 in ihrem Buch). Sie ist sich wohl auch bewusst, dass eine weitere Studie zu dem vielbehandelten Thema eigentlich nur zu rechtfertigen ist, wenn diese inhaltlich oder methodisch mit etwas Neuem aufwarten kann. Anders als der Großteil der Forschung geht die Autorin nicht von den ausführlichen literarischen Beschreibungen des Triumphes aus, die uns vor allem bei Autoren aus der römischen Kaiserzeit erhalten sind. Diese Texte repräsentieren ihrer Meinung nach lediglich "Idealtypen"; sie glaubt, dass man diese beiseite lassen solle und sich allein an die Zeugnisse halten dürfe, die aus der Zeit der römischen Republik selbst stammen. Diese versucht sie in ihrem Buch zu analysieren. Ob ihre Diagnose richtig, ihr Ansatz fruchtbar und ihre Ergebnisse tragfähig sind, kann man durchaus in Zweifel ziehen. Warum soll es gerade bei einem Ritual nicht statthaft sein, mit Idealtypen zu arbeiten? Man könnte auch einwenden, dass die frühen Quellen allzu dürftig sind und sich vielfach nur mit Nebenaspekte beschäftigen, weil das Phänomen den Zeitgenossen allzu selbstverständlich war. Aber man sollte nicht den Eindruck aufkommen lassen, die Autorin sei so naiv zu glauben, sie lege hier die allererste moderne Analyse vor.


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