W. Jahn u.a. (Hgg.): Edel und Frei. Franken im Mittelalter

Cover
Titel
Edel und Frei. Franken im Mittelalter. Katalog zur Landesausstellung 2004, Pfalzmuseum Forchheim, 11. Mai bis 24. Oktober 2004


Herausgeber
Jahn, Wolfgang; Schumann, Jutta; Brockhoff, Evamaria
Reihe
Veröffentlichungen zur Bayerischen Geschichte und Kultur 47/04
Erschienen
Anzahl Seiten
352 S.
Preis
€ 18,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Thomas Horling, Historischer Atlas von Bayern: Teil Franken, Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften

Die bayerische Landesausstellung 2004 „Edel und Frei. Franken im Mittelalter 500-1500“ in Forchheim gehörte mit fast 200.000 Besuchern zu den erfolgreichsten ihrer Art. Das Haus der Bayerischen Geschichte verstand es demnach auch im vergangenen Jahr wieder, eine breite Öffentlichkeit an die mittelalterliche Geschichte heranzuführen. Die Themenstellung war dabei anspruchsvoll wie selten, nicht weniger als die historische Entwicklung der Region in einem Jahrtausend sollte dem Publikum vorgestellt werden. Dabei ist zu bedenken, dass diese Region größer als einige der heutigen Bundesländer, z.B. Thüringen oder Sachsen, ist. Standen den Ausstellungsmachern zwei Jahre zuvor für „Kaiser Heinrich II. 1002-1024“ in Bamberg noch fast 2.000 qm Fläche zur Verfügung, so war es in Forchheim gerade einmal die Hälfte und damit die Notwendigkeit zur Beschränkung auf ausgewählte Aspekte umso stärker gegeben.

Der hier zu besprechende Band ist der um drei einleitende Beiträge erweiterte Katalog zur Ausstellung. Er will die Exponate eingehend beschreiben und in ihr historisches Umfeld einordnen. Dafür konnte, und dies kann nicht genug gewürdigt werden, eine ganze Reihe hochqualifizierter Experten gewonnen werden. Um ein möglichst breites Publikum anzusprechen, wurden ganz bewusst immer wieder einzigartige Kunstschätze (u.a. ein um 1500 in Nürnberg entstandener Deckelbecher aus dem Londoner Victoria & Albert Museum sowie ein Armreliquiar des hl. Veit) in den Mittelpunkt gerückt. „Am besten ist es, wenn es glänzt und glitzert“, so Ausstellungsmacher Wolfgang Jahn.1 Auch dieser Zielsetzung sollte man sich bei der Lektüre des Bandes bewusst sein. Zudem sei darauf hingewiesen, dass in einer zweiten Begleitpublikation zur Ausstellung, dem von Johannes Merz und Robert Schuh herausgegebenen Aufsatzband „Franken im Mittelalter“2, vieles enthalten ist, was man im Katalog an zusammenhängender Darstellung vermissen mag.

Die einleitenden längeren Aufsätze von Wilhelm Störmer (Franken bis zum Ende der Stauferzeit) und Rudolf Endres (Franken im Spätmittelalter), von beiden stammen auch die maßgeblichen Darstellungen im Handbuch der bayerischen Geschichte 3, vermitteln einen zuverlässigen Überblick über 1.000 Jahre fränkischer Geschichte. Beim Ausstellungsgebäude, der so genannten „Kaiserpfalz“, handelt es sich in seinen ältesten Teilen um eine Wasserburg der Bamberger Bischöfe. Barbara Schick beschreibt mit den am Ausgang des 14. Jahrhunderts entstandenen Wandmalereien der bischöflichen Nebenresidenz ein Kunstwerk, dessen herausragende Bedeutung erst durch die fachgerechte Sanierung der letzten Jahre erkannt wurde.

Im eigentlichen Katalog werden die ausgestellten Objekte und die überwiegend neu angefertigten thematischen Karten erläutert. Gegliedert ist der Katalogteil in neun Themenbereiche, wobei jedem Abschnitt eine kurze Einleitung vorangestellt ist. Das erste Kapitel „Edel und Frei – Franken im Mittelalter“ ist als Einführung gedacht und trug in der Ausstellung den Titel „Schatzkästlein Franken“. Der folgende Abschnitt „Die Franken kommen“ zeichnet mittels archäologischer Fundstücke die frühmittelalterliche Besiedlung nach. Hier erweist sich die enge Zusammenarbeit mit der Archäologischen Staatssammlung in München als besonders fruchtbar. Ausstellungsstücke und Text vermitteln einen ausgewogenen Einblick in die Zusammenhänge, weshalb dieses Kapitel ohne Zweifel als besonders gelungen bezeichnet werden kann. Dieser Teil der Ausstellung wurde bereits im Hinblick auf die spätere Nutzung konzipiert, denn er wird in das künftige Zweigmuseum der Archäologischen Staatssammlung, das im Ausstellungsgebäude seine Heimat findet, integriert werden. Der folgende Abschnitt behandelt unter dem Titel „In der Mitte des Reiches“ zahlreiche unterschiedliche Themenkreise, u.a. die Entwicklung des Christentums im Frühmittelalter, die Rolle der Pfalz Forchheim, das Judentum, den Adel und anhand mehrerer Karten auch die Wanderungen des Raumbegriffes Franken.4 Gerade bei den Karten ist für eine angemessene Interpretation die sorgsame Lektüre des in seinen Aussagen differenzierenden Begleittextes zu empfehlen. Wenn die Karte „Franken um 1500“ (S. 175) den Umfang des Reichskreises darstellen soll, wären im Norden auch die hennebergischen Lande einzuzeichnen gewesen.

Schon aufgrund ihrer Thematik wesentlich homogener als dieses Kapitel sind die beiden folgenden, inhaltlich überzeugenden Sequenzen über das Herzogtum der Bischöfe von Würzburg und die mittelalterliche Literatur in Franken („Schreibende Mönche und dichtende Ritter“). Unter der Rubrik „Schalmeien, Trumeln, Zauberharfen“ wird dem Leser sodann ein Einblick in die mittelalterliche Musik vermittelt. Das Kapitel „Franconia Sacra“ präsentiert nach einer volkskundlich ausgerichteten Einführung zahlreiche Kunstgegenstände kirchlicher Herkunft, deren Beschreibung vorwiegend aus einem kunsthistorischen Blickwinkel heraus erfolgte. „Viele Herren und ein Kreis“ ist das achte Kapitel über die verschiedenen Herrschaftsträger im spätmittelalterlichen Franken benannt, wobei der Deutsche Orden, die Hohenzollern, der Adel und die Städte vorgestellt werden. Ein abschließender, sehr knapp gehaltener Komplex behandelt ausgewählte Aspekte des spätmittelalterlichen Alltagslebens in Stadt und Land. Hier wird allerdings strenggenommen nur ein Beitrag dem Obertitel „Leben in einer Pfalz“ gerecht. Zu jedem Artikel werden dem Leser knappe Literaturhinweise an die Hand gegeben, die über ein ausführliches Literaturverzeichnis im Anhang recherchierbar sind. Im Hinblick auf einen schnellen Zugriff wären sicherlich ein Verzeichnis der beschriebenen Objekte und ein Register hilfreich gewesen. Aber auch so bietet der Katalog zweifellos einen interessanten Einblick in ausgewählte Themenbereiche der fränkischen Geschichte.

Die in der Reihe „Historikerwerkstatt“ des Hauses der Bayerischen Geschichte erschienene Begleit-CD-ROM zur Ausstellung will allen Interessierten vom Schüler bis zum Wissenschaftler Einblicke in Aspekte der fränkischen Geschichte vermitteln. Sie präsentiert sich in wesentlich einfacherer Aufmachung als noch 2002 bei der Bamberger Heinrich II. - Ausstellung, wo aufwändige Videoanimationen und eigenproduzierte Sprachproben des Mittelhochdeutschen geboten worden waren. Im ersten Themenblock stellten Studenten des Würzburger Lehrstuhls für Volkskunde mit dem Volkacher Salbuch von 1504 eine dank ihrer rund 120 farbigen Illustrationen überaus interessante alltagsgeschichtliche Quelle vor, die das Leben in einer fränkischen Kleinstadt am Ausgang des Mittelalters plakativ vor Augen führt. Besondere Erwähnung verdient die von Bamberger Mediävisten bereits im Zusammenhang mit der Heinrich II. – Ausstellung erarbeitete Quellensammlung zur Geschichte des 11. Jahrhunderts. Neben knapp hundert Urkunden des Kaiserpaares, z.T. mit neuen Übersetzungen, werden hier in achtzehn Kurzbeiträgen zuverlässig die wichtigsten Aspekte der Herrschaft Heinrichs II. beleuchtet. Gerade für Studenten dürften diese ebenso nützlich sein wie die Auszüge aus 48 erzählenden Quellen (u.a. aus Thietmars Chronik, den Viten des Kaiserpaares und dem Sachsenspiegel), durchweg mit deutscher Übersetzung. In Kontrast zur hier gebotenen Qualität stehen die Beiträge über 12 ausgewählte Adelshäuser Frankens. Man merkt, dass dort ausnahmsweise nicht die einschlägigen Experten für das jeweilige Geschlecht zu Wort gekommen sind. Verwundert liest man z.B. in der „Kurzinfo“ zu den Grafen von Castell, diese hätten ihre Herrschaft vor allem auf Geleitsrechten aufgebaut und die Reichsfürstenwürde behaupten können.5 Die Vorzüge des Mediums CD-ROM kommen im Folgenden bei der Vorstellung mittelalterlicher Musik zur Geltung, für die Wolfgang Spindler und seine „Capella Antiqua Bambergensis“ Klangbeispiele beitragen. Wiederum vornehmlich an Studenten richtet sich die abschließende Sequenz über den Aufbau einer Urkunde, mit der ein mittelalterlicher Verwaltungsakt vorgestellt wird. An der Originalvorlage wird mit den Methoden der klassischen Urkundenlehre beispielhaft ein Diplom Kaiser Heinrichs II. vom 1. Juli 1002 (D H II Nr. 2) in seinen Bestandteilen analysiert. Insgesamt überrascht die CD-ROM bei einem überaus günstigen Preis mit einer interessanten Mischung aus wissenschaftlichen Texten und anspruchsvollen Beiträgen populärer Event-Kultur.

Anmerkungen:
1 Nordbayerische Nachrichten, Ausgabe Forchheim, Artikel „Organisation pur. Fünf Jahre bis zur Eröffnung“ von Maria Däumler, 5. Mai 2004.
2 Merz, Johannes; Schuh, Robert (Hgg.), Franken im Mittelalter. Francia orientalis, Franconia, Land zu Franken: Raum und Geschichte (Hefte zur bayerischen Landesgeschichte 3), München 2004.
3 Handbuch der bayerischen Geschichte III/1: Geschichte Frankens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, begründet von Max Spindler, neu hg. von Andreas Kraus, 3. neu bearbeitete Auflage, München 1997.
4 Die Karten sind auch im Internet unter http://www.karten.hdbg.de verfügbar.
5 Vgl. zu dieser Familie zuletzt Riedenauer, Erwin, Frühe Herrschaftsbildung der Herren und Grafen von Castell zwischen Main und Steigerwald, in: Wendehorst, Alfred (Hg.), Das Land zwischen Main und Steigerwald im Mittelalter. Die auf dem Symposion in Castell vom 5. bis 7. September 1996 gehaltenen Vorträge, Erlangen 1998, S. 233-283 (mit einer Kartenbeilage). Künftig auch Andermann, Kurt; Dohna, Jesko Graf zu, Die Herren und Grafen zu Castell im hohen Mittelalter, in: Kramer, Ferdinand; Störmer, Wilhelm (Hgg.), Hochmittelalterliche Adelsfamilien in Altbayern, Franken und Schwaben, München 2005 (im Druck), S. 449-471.

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