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Titel
Gold und Herrschaft. Die Schätze europäischer Könige und Fürsten im ersten Jahrtausend


Autor(en)
Hardt, Matthias
Reihe
Europa im Mittelalter 6
Erschienen
Berlin 2004: Akademie Verlag
Anzahl Seiten
369 S.
Preis
€ 64,80
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Stefanie Dick, Historisches Institut, Universität Paderborn

Die zentrale Bedeutung des Königsschatzes für das frühmittelalterliche Königtum ist seitens der Forschung wiederholt betont worden. Mit der von Matthias Hardt im November 1999 an der Universität Marburg eingereichten Dissertation liegt nun erstmals eine umfassende monografische Bearbeitung dieses Themas vor, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass neben den Schriftquellen auch die archäologischen Zeugnisse auf breiter Basis herangezogen und ausgewertet werden. Angesichts der beeindruckenden Materialfülle, die der Autor hier ausbreitet und einzuordnen versteht, fällt es dabei kaum ins Gewicht, dass die eingangs angekündigte Einbeziehung auch der literarischen Quellen (S. 15f.) allenfalls punktuell und wenig systematisch erfolgt. Die in diesem Kontext herangezogenen Beispiele – allen voran das im Hinblick auf die hier verfolgte Fragestellung besonders ergiebige Nibelungenlied – sind geschickt ausgewählt und vermitteln einen lebendigen Eindruck von den für die Genese und Verstetigung des frühmittelalterlichen Königtums so bedeutsamen Zusammenhängen von „Gold und Herrschaft“.

Die Arbeit ist in sechs größere Themenabschnitte untergliedert, deren erster den „Schatz des Königs beim Zugriff auf die Herrschaft in den Reichen der Völkerwanderungszeit und des frühen Mittelalters“ in den Blick nimmt. Anhand vornehmlich historiografischen Quellenmaterials werden dabei zunächst die Verhältnisse im merowingischen und karolingischen Frankenreich untersucht und die Bedeutung, die die Verfügung über eine große Menge beweglicher materieller Güter – etwa im Umfeld von Bruderkriegen oder Usurpationsversuchen – für die Erlangung und Etablierung von Herrschaft hatte, herausgearbeitet. Dies wird im Folgenden durch exemplarische Untersuchungen bei weiteren völkerwanderungszeitlichen gentes untermauert, ehe sich dann mit der Rolle des Schatzes in den Auseinandersetzungen der Karolinger mit ihren Nachbarreichen der Fokus auf die Rolle von Königsschätzen im Rahmen der äußeren Beziehungen richtet. Den Abschluss dieses ersten Teils bildet ein Kapitel über den „Schatz des Kaisers in Spätantike und frühbyzantinischer Zeit“, das den Vorbildcharakter, den die kaiserlichen Schätze für die barbarischen Königshöfe ganz offensichtlich hatten (S. 55), beleuchtet.

Der zweite Themenblock widmet sich den Inhalten der Königsschätze, die nach Materialgruppen wie Edelmetall, Kleidung und Stoffe, Waffen, Bücher und Dokumente, Reliquien – z.T. mit weiteren Untergliederungen – zusammengefasst sind. Während im Vorfeld in erster Linie die Schriftquellen im Vordergrund standen, stützt sich dieser Teil vor allem auf archäologische Zeugnisse, die Matthias Hardt mit großer Kompetenz systematisiert und für seine Fragestellung auswertet. Als Grundlage dienen ihm dabei insbesondere jene Grab- und Hortfunde, „die in der Forschung mit dem Königtum der Völkerwanderungszeit in Verbindung gebracht worden sind“ (S. 80).

Die folgenden drei Abschnitte thematisieren die „Herkunft der Gegenstände im Schatz“, die „Aufbewahrung und Verwaltung des Schatzes“ sowie seine Verwendung. Der die zuvor gewonnenen Ergebnisse zusammenfassende Schlussteil setzt sich dann noch einmal mit der „Bedeutung des Schatzes in archaischen und nachrömischen Gesellschaften“ auseinander. Den Band beschließt ein gut 50 Seiten starker Anhang, aus dem vor allem das sorgfältig gearbeitete und überaus nützliche Orts-, Personen- und Sachregister zu erwähnen ist.

Die Ergebnisse dieser breit angelegten Untersuchung bestätigen im Wesentlichen die bislang anhand von Detailstudien gewonnenen Einsichten und sind daher von ihrer Tendenz her wenig überraschend: „Es wurde deutlich, daß eine gut gefüllte Schatzkammer eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Königs- und Fürstenherrschaft in allen sich bildenden und konsolidierenden regna auf vormals römischem Reichsboden, aber auch für die Könige und gentilen Fürsten an dessen Peripherie, außerhalb der frühen Reichsgrenzen darstellte.“ (S. 300) Der Wert der vorliegenden Arbeit besteht demzufolge vor allem darin, dass sie die zuvor lediglich an einzelnen Beispielen entwickelten Annahmen auf einer in jeder Beziehung stark ausgeweiteten Materialbasis systematisch untersucht und diese damit nicht nur auf eine belastbare Grundlage stellt, sondern darüber hinaus in größere Zusammenhänge einordnet. Auch wenn man sich mitunter eine etwas intensivere Auseinandersetzung mit (bzw. eine Stellungnahme zu) kontrovers diskutierten Fragen gewünscht hätte, steht doch der Nutzen dieser in bestem Sinne interdisziplinären Untersuchung außer Frage, die nicht zuletzt aufgrund ihrer gut aufbereiteten Materialfülle alle Chancen hat, zu einem Standardwerk der Frühmittelalterforschung zu avancieren.

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