P. Trebilco: Early Christians in Ephesus

Cover
Titel
The Early Christians in Ephesus from Paul to Ignatius.


Autor(en)
Trebilco, Paul
Reihe
Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament 166
Erschienen
Tübingen 2004: Mohr Siebeck
Anzahl Seiten
826 S.
Preis
€ 149,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Paul Metzger, Seminar für Neues Testament, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz

Angeregt von James Dunns Beobachtung, dass "the study of the early Christians in Ephesus has been overlooked by New Testament scholarship" (S. 2), legt Paul Trebilco, Professor of Theology an der University of Otago, Dunedin, Neuseeland, mit seiner Untersuchung zur Geschichte der urchristlichen Stadt Ephesus ein Werk vor, dessen Inhaltsverzeichnis allein beeindruckende 14 Seiten umfasst. Ob die Beobachtung, die das Werk laut dem Vorwort angeregt hat, allerdings zutreffend ist, muss angesichts der jüngeren monografischen Studien von W. Thiessen, M. Günther und R. Strelan bezweifelt werden.1 In der Einführung (Introduction, S. 1-10) des Buches streift Trebilco diese Arbeiten äußerst knapp (S. 2-4), um schließlich das Ziel der eigenen Untersuchung in Kontrast zu seinen Vorgängern setzen zu können: "In my view then, the overall picture of the life of the early Christians in Ephesus can be clarified in more detail and in a different way than has been done hitherto. This is the task attempted here." (S. 4) Trebilco geht es demnach um "a portrayal of the life of the early Christians in the context of all we know about the life of a major Greco-Roman City" (S. 2). Dabei verfolgt er zwei Ziele: 1. "to outline what our sources tell us about the life and activity of the early Christians in Ephesus" (S. 4); 2. "to present the argument that [...] there were different groups or communities of Christians in the city, and to describe in detail some facets of the lifes of these different groups" (S. 5).

Am Aufbau des Buches lassen sich diese beiden Ziele leicht ablesen. Nachdem Trebilco den kulturellen Kontext der christlichen Gemeinde abgesteckt hat (Kapitel 1), untersucht er in einem ersten Teil die Anfänge der Gemeinde in Ephesus (Part One - Chapter 2-4), wendet sich dann im zweiten Teil der nächsten christlichen Generation zu (Part Two - Chapter 5-7), um dann den geschichtlichen Überblick zu unterbrechen und in einem dritten Teil die Beziehungen zwischen den einzelnen in Ephesus existierenden christlichen Gruppen zu beschreiben (Part Three - Chapter 8-13). Im abschließenden Teil (Part Four - Chapter 14-16) untersucht er dann die Briefe des Ignatius im Hinblick darauf, was sie über die ephesinischen Christen aussagen. Trebilco unternimmt es also auf der einen Seite, die Geschichte der christlichen Gemeinde(n) in Ephesus vom Zeitpunkt ihrer Gründung bis in das beginnende 2. Jahrhundert nachzuzeichnen. Auf der anderen Seite verweilt er relativ lange bei den Entwicklungen am Ende des 1. Jahrhunderts, als nach Trebilco die Pastoral- und johanneischen Briefe sowie die Offenbarung des Johannes entstanden.

Zunächst beschreibt er in Kapitel 1 das kulturelle Umfeld, in dem die Geschichte der Christen in Ephesus spielt. Ephesus wird als eine Stadt gekennzeichnet, die vor allem von den einflussreichen und lebendigen Kulten der Artemis und des Kaisers beherrscht war. Im "multi-faceted cultic life" (S. 52) der Stadt existierte auch eine jüdische Gemeinschaft, an die die christliche Mission anschließen konnte. Im ersten Hauptteil der Untersuchung, der sich mit den "Beginnings in Ephesus" beschäftigt, widmet sich Trebilco sodann vor allem Paulus. Dieser sei "a major figure in the history of Christianity in Ephesus" (S. 53) und habe dort wahrscheinlich in den Jahren 52 bis 55 gelebt. Dort sei der Apostel zwar gefangen gewesen, trotzdem seien die so genannten Gefangenschaftsbriefe (Phil; Phlm) nicht als Quellen für die ephesinische Geschichte heranzuziehen, da es nicht zu beweisen sei, dass diese in Ephesos geschrieben worden seien (S. 87). Als Quellen für die paulinische Zeit in Ephesus seien deshalb vor allem die Korintherbriefe heranzuziehen (S. 54-83). Diese legen nach Trebilco nahe, dass "Paul had a significant and impressive team of co-workers and associates working with him in Ephesus" (S. 100). Da diese Erkenntnis ebenso wenig neu ist 2 wie die weiteren Beobachtungen Trebilcos zur ephesisinischen Frühzeit (so etwa, dass Paulus in Ephesus Nachstellungen erlitten hat; dass Hausgemeinden wie die von Prisca und Aquila existierten und für die Entwicklung der Gemeinde wichtig waren; dass die christliche Mission erfolgreich war; dass es in Asia noch andere Gemeinden gab, S. 101f.), fällt der Erkenntnisgewinn in Bezug auf das zweite Kapitel des Buches etwas schmal aus.

Im dritten und vierten Kapitel wendet sich Trebilco der Betrachtung der Apostelgeschichte zu. Im Gefolge des gegenwärtig herrschenden Trends, den historischen Wert der Apg wieder höher als zu Zeiten von H. Conzelmann einzuschätzen3, verweist er darauf, dass deren Aussagen "should be taken seriously as a historical source" (S. 104). Durch die Apg wissen wir nach Trebilco, dass Apollos vor Paulus in Ephesus wirkte, dass die Mission des Paulus zwar erfolgreich war, er aber trotzdem Leiden erlitten hat (S. 152) und dass um 55 aus Juden und Heiden eine Gemeinde entstanden war, die zu großen Teilen "paulinisch" war (S. 153). Allerdings - so betont Trebilco - sei die erste christliche Gemeinde in Ephesus eine judenchristliche unbekannter Herkunft gewesen, es habe demnach eine "pre-Pauline group in the city" (S. 153) gegeben. Daneben rechnet er noch mit der Existenz einer christlichen Gruppe, die auf Johannes den Täufer zurückgeht, und beschreibt damit bereits in den Anfängen des Christentums in Ephesus eine große Vielfalt. Warum die hier aufgezeigten Gemeinden im weiteren Verlauf der Darstellung nicht weiter berücksichtigt werden, obwohl sie doch nach Trebilco weiterhin existierten, ist nicht ersichtlich. Schweigen die Quellen über sie oder hat der Verfasser kein Interesse an ihnen? Fraglich an den recht bescheidenen Ergebnissen der Apg-Betrachtung ist vor allem die Vermutung, dass Paulus (!) in der historisch verwertbaren Miletrede (Apg 20) die Ankunft von "falschen Lehrern" vorausgesagt habe, die tatsächlich aufgetreten seien, bevor Lukas die Apg geschrieben habe (S. 196). Meint Trebilco hier wirklich mehr, als dass Paulus generell vor falschen Lehrern gewarnt habe, will er ihm wirklich zugestehen, dass er den Konflikt vorhergesehen habe, den die Pastoralbriefe in seinem Namen austragen? Oder soll dies nur eine gelungene Überleitung zu Teil 2 sein?

Im zweiten Hauptteil beschäftigt sich Trebilco zunächst mit den Pastoralbriefen. Diese seien zwischen 80 und 100 wahrscheinlich in Ephesus von einem Autor geschrieben, der vom Verfasser "der Pastor" genannt wird und der sich selbst als Paulusschüler verstanden habe (S. 202). Dieser habe sich mit Gegnern auseinandersetzen müssen, die ausgehend von paulinischer Theologie unter jüdischen Einfluss gekommen seien und eine "over-realised eschatology and some ascetic practices" (S. 232) entwickelt hätten. Die Gegner seien mit den falschen Lehrern, die Paulus in Apg 20,30 erwähne, in Verbindung zu bringen (S. 235), und hätten eine von der paulinischen Gemeinde des Pastors unterscheidbare Gruppe gebildet (S. 236).

Kapitel sechs untersucht die johanneischen Briefe auf deren Quellenwert für die Geschichte Ephesus', verweilt aber zunächst sehr lange bei der Frage nach dem Johannesevangelium (S. 237-263). Dies sei in Ephesus verfasst, könne aber nicht als Quelle der Untersuchung verwendet werden, weil es "as a narrative about the community to which John belonged" (S. 240) gelesen werde sollte, das keine spezifischen Angaben zu Ephesus mache. Da aber die Briefe eng mit dem Evangelium zusammenhingen, ja vom selben Autor - "John the Elder" - verfasst seien, dürften diese für die Stadtgeschichte herangezogen werden (S. 267). Entstanden seien die Briefe, nachdem "John the Elder" im Zuge des Jüdischen Krieges von Palästina nach Ephesus gekommen sei, dort nach 70 eine johanneische Gemeinde gegründet und den Grundstock des Joh geschrieben habe (S. 271). Erst nach seinem Tod sei das Evangelium in seiner jetzigen Form veröffentlicht worden, weshalb die Briefe zeitlich davor anzusiedeln seien, also zwischen 90 und 100 (S. 272). Was die Briefe erwiesen, sei die Existenz der johanneischen Gemeinde neben der paulinischen und deren Gegnern. Sie belegen aber auch eine sich von der johanneischen Gemeinde spaltende Gruppe mit doketischen Tendenzen (S. 292), die Trebilco "the secessionists" nennt. Damit sind bereits mindestens vier verschiedene christliche Gemeinden in Ephesus in den Blick genommen: die paulinische des Pastors, die Gegner des Pastor, die johanneische und die Gegner des Johannes.

In Kapitel 7 wendet sich Trebilco der Offenbarung des Johannes zu. Der Verfasser könne nicht mit einer sonst bekannten Figur identifiziert werden, allerdings sei auch er - wie "John the Elder" - ein Flüchtling aus Palästina (S. 293). Dem Konsens der Wissenschaft folgend 4 datiert Trebilco die Entstehung der Apk gegen Ende der Regierung Domitians (S. 294). Vor allem die Betrachtung von Apk 2,1-7 bringt für ihn die Erkenntnis, dass sich der Seher gegen falsche Apostel richtet, über die wir nichts wissen (S. 347). Daneben gebe es auch die Nikolaiten in Ephesus, die die Teilnahme am paganen Kult mit ihrem Christentum in Verbindung gebracht hätten und deren Führerin wir unter dem Schimpfnamen Jezebel erkennen könnten. So treten zu den bereits bekannten christlichen Gruppen die der falschen Apostel und die der Nicolaiten hinzu. Der Seher selbst richte sich dagegen wahrscheinlich an die paulinische und die johanneische Gemeinde (S. 348). Mit dieser Beschreibung der christlichen Verhältnisse wendet sich Trebilco gegen die beispielsweise von E. Lohse vertretene Theorie5, dass eine (paulinische) Gemeinde von Johannes und seiner Theologie "übernommen" worden sei. Stattdessen will er im dritten Teil zeigen, dass in Ephesus "in fact different Christians groups" existierten, und versucht, "a description of facets of the life of these different communities" zu geben (S. 350).

Dieser Beschreibung legt Trebilco die Kategorien von Barclay zugrunde6, der mit Hilfe der Begriffe "acculturation", "assimilation" und "accommodation" (S. 352) ergründen will, wie sich eine Gemeinde in ihrer Umwelt verhält. In Kapitel 8 wird zunächst bestimmt, wie sich die Gemeinde des Pastors und die des Johannes in Bezug auf ihr kulturelles Umfeld verhalten haben. Während die Gemeinde des Pastors sich mit ihrer Umwelt "to a significant degree" arrangiert (S. 402), verharrt die johanneische Gemeinde gegenüber der sie umgebenden Kultur des Hellenismus eher ablehnend. Überraschend erscheint, dass der Autor der Apk "was acculturated to a moderate degree" (S. 403), seine Leser aber dahingehend beeinflussen will, sich "against any form of social integration" zu wenden (S. 403), weshalb sein "use of acculturation" als "oppositional" bezeichnet werden müsse.

Diese Bestimmungen der Gruppenbeziehungen zu ihrer Umwelt finden sich wieder, wenn Trebilco in den folgenden Kapiteln 9 bis 13 nacheinander die Themen "Material Possessions" (S. 404-445), "Leadership and Authority" (S. 446-506), "The Role of Women" (507-552), "The Issue of Self-designation" (S. 553-588) und "The Relationships between Traditions and Communities in Ephesus" (S. 589-627) in den Blick nimmt. Während die Gemeinde des Pastors ihren Besitz vornehmlich zur Mission verwende, habe die johanneische Gemeinde ihre materiellen Besitzstände zur "definition and reinforcement of group boundaries" (S. 444) benutzt. Dagegen dringe der Seher darauf, dass Christen "should not have wealth" (S. 445). Während die Pastoralbriefe eine sich verfestigende Führungsstruktur erkennen ließen, die sich auf die Autorität einzelner Lehrer gründe, würden die johanneischen Briefe die Gemeinde als ganze als "locus of authority" ansehen (S. 503), wobei beide sich letztlich auf prophetische Autorität beriefen (S. 505). Die Apk hingegen verweise auf Gott als Autorität, was aber keine Rückschlüsse auf tatsächliche Gemeindeverhältnisse erlaube (S. 504). Die Pastoralbriefe würden zudem die Bedeutung von Frauen in ihrer Gemeinde zurückdrängen, weil diese innerhalb der gegnerischen Gruppe eine wichtige Rolle spielten. Dies bedeute aber, dass Frauen eine aktive Rolle in der Gemeinde des Pastors gespielt hätten, weil nicht alle Frauen vom Verdikt des Pastors betroffen gewesen seien (S. 551). Wiederum stehe dazu die johanneische Gemeinde im Kontrast, in der den Frauen keine Bedeutung zugekommen sei. Die Apk ließe hingegen erkennen, dass in einer der Gruppen, die sie bekämpfe, eine Frau, die vom Seher "Jezebel" genannt wird, eine aktive und wichtige Rolle spielte.

In Kapitel 12 untersucht Trebilco, welche Selbstbezeichnung sich die ersten christlichen Gemeinden gaben, um ihre Identität auszudrücken. Diese Selbstbezeichnungen sollen sodann als "interesting window" in die Theologie der Briefe (S. 586) dienen. Die erste Beobachtung, die Trebilco dabei macht, ist, dass die Briefe eine "Insider-Sprache" verwenden (S. 586). Dies erstaunt nicht besonders, da die Briefe nicht für eine wie auch immer vorzustellende Öffentlichkeit gedacht waren, sondern Schreiben für eine bestimmte christliche Gruppe darstellten. Die Benennungen, die die Autoren der untersuchten Briefe verwenden, lassen nach Trebilco weiterhin Rückschlüsse auf das Selbstverständnis der Leser zu. Während die Leser der Pastoralbriefe sich die "believing ones" (S. 587) nennen würden, was nahe lege, dass der Glaube an Christus das entscheidende Merkmal dieser Gruppe sei, würden die johanneischen Leser sich eher als "children of god" (S. 588) bezeichnen und damit ausdrücken, dass sie von Gott geboren seien (S. 573-575). Daneben sei zu bemerken, dass die Bezeichnung "brother and sister" von beiden untersuchten Gemeinden als Selbstbezeichnung verwendet werde, was "may suggest that these communities may well not have been hostile to one another" (S. 588). Im 13. Kapitel zeigt Trebilco einerseits Einflüsse der johanneischen Tradition auf die Pastoralbriefe auf (S. 602), andererseits erweist er aber auch die "openness" der johanneischen Gemeinde "to the wider Christian sphere" (S. 612), also auch zur paulinischen "sphere" (S. 612f.).

Als Fazit des dritten Hauptteils streicht Trebilco heraus, dass die Gemeinden des Pastors und die des Johannes zwar jeweils verschiedene christliche Gruppen waren, aber von der Existenz der anderen Gruppe wussten und zuweilen auch Kontakt miteinander hatten (S. 626).7 Allerdings seien diese nicht gastfreundlich zueinander gewesen. Der Seher hingegen schreibe zwar an beide Gemeinden, doch erwähne er Paulus deshalb nicht, weil seine Gegner sich als "Paul's spiritual children" (S. 626) verstanden hätten und er ihnen nicht in die Hände spielen wollte.

Im vierten und letzten Hauptteil untersucht Trebilco den Brief des Ignatius nach Ephesus. Dessen zwischen 105 und 110 angeschriebene Adressaten seien alle dort existierenden Gruppen, außer den "secessionists" (S. 711). Ignatius argumentiere vor allem gegen Teile der johanneischen Gruppe, weil diese Bischof Onesimus nicht akzeptierten. Dagegen propagiere Ignatius, "that they should all be united under one episkopos" (S. 682). Deshalb gebe Ignatius Onesimus mit dem Brief "a crucial weapon" (S. 683) in die Hand.

Die Ausführungen Trebilcos erstrecken sich - eine kurze Zusammenfassung eingerechnet - auf 717 Seiten. Dazu kommen noch Register, die das Werk gut erschließen, und ein umfangreiches Literaturverzeichnis. Der Verfasser hat damit ein umfangreiches Werk (über 820 S.) vorgelegt und die Geschichte der christlichen Gemeinden in Ephesus breit diskutiert und vorgeführt. Allerdings bleibt - wie bereits im Referat des Werkes deutlich wurde - sein Ertrag hinter dem Aufwand deutlich zurück; insbesondere die Ergebnisse der einzelnen Kapitel, die jeweils in den "Overall Conclusions" angezeigt werden, sind nicht neu und teilweise fast banal. Als Beispiel kann ein Ergebnis der Apg-Untersuchung angeführt werden: So präsentiert Trebilco auf S. 196 die Erkenntnis, dass Hausgemeinden für das christliche Leben in Ephesus entscheidend waren. Dass er diese These auch als Ertrag der Kapitel zwei und drei nennt, ist ebenso wenig überraschend wie das Ergebnis selbst. Muss man aber fast 150 Seiten lesen, um zu dieser Einsicht zu kommen? Ebenso fragwürdig sind der Sinn sowie einzelne Einsichten des dritten Teils. Sind die aufgezeigten Differenzen der einzelnen Gemeinden nur deshalb in dieser Breite vorgestellt, um die These zu stützen, dass es verschiedene, voneinander unabhängige Gemeinden in Ephesus gab? Dieser Eindruck legt sich zumindest bei der Lektüre von S. 5, 350, 626 u.ö. nahe. Ob man, um dieses Ergebnis zu erzielen, aber fast 300 Seiten benötigt, ist mehr als fraglich. Im Detail scheint manches weit hergeholt. So wird etwa die Vermutung, in Ephesus habe es eine judenchristliche Gemeinde vor Paulus gegeben, unter anderem damit begründet, Apg 2,5.9 belege, dass Juden, die in Jerusalem das Pfingstereignis erlebt hätten, den christlichen Glauben auch nach Ephesus gebracht hätten (S. 107-110). Wie man sich das vorstellen soll, beantwortet der Autor nicht. Auch den historischen Ort der Apostelgeschichte bestimmt er nicht hinreichend.

Teilweise belasten zudem offensichtliche Spekulationen die Darstellung. So schreibt Trebilco auf S. 711: "In the absence of hard data, we have suggested that the number of Christians in Ephesus in Ignatius' time was not small, but rather could appropriately be described as [...] a large crowd." Dies muss Trebilco annehmen, wenn die von ihm rekonstruierten Gemeinden - mindestens fünf: die des Pastors, die seiner Gegner, die des Johannes, die "Secessionisten", die Nicolaiten und weitere - mehrere Gemeindeglieder gezählt haben sollen. Außerdem zeigt sich in diesem Satz ein weiteres - vielleicht das entscheidende - Problem des Buches: der häufige Gebrauch des Konjunktivs und von Wendungen mit "maybe", "possible", "appropriately", "probably" usw. Möglich an Trebilcos Rekonstruktion der Geschichte der christlichen Stadt Ephesus ist alles, ob sie wahrscheinlich ist, steht auf einem anderen Blatt.

Anmerkungen:
1 Thiessen, W., Christen in Ephesus. Die historische und theologische Situation in vorpaulinischer und paulinischer Zeit und zur Zeit der Apostelgeschichte und der Pastoralbriefe (Texte und Arbeiten zum neutestamentlichen Zeitalter 12), Tübingen 1995; Günther, M., Die Frühgeschichte des Christentums in Ephesus (Arbeiten zur Religion und Geschichte des Urchristentums 1), Frankfurt am Main 1995; Strelan, R., Paul, Artemis, and the Jews in Ephesus (BZNW 80), Berlin 1996.
2 Vgl. Ollrog, W.-H., Paulus und seine Mitarbeiter. Untersuchungen zu Theorie und Praxis der paulinischen Mission (WMANT 50), Neukirchen-Vluyn 1979.
3 Vgl. Conzelmann, H., Geschichte des Urchristentums (NTD.E 5), Göttingen 1971, als Repräsentanten der älteren und Omerzu, H., Der Prozeß des Paulus. Eine exegetische und rechtshistorische Untersuchung der Apostelgeschichte (BZNW 115), Berlin 2002, als Repräsentantin der jüngern Apg-Forschung.
4 Vgl. Böcher, O., Die Johannesapokalypse (EdF 41), Darmstadt 1998, S. 41.
5 Vgl. Lohse, E., The Revelation of John and Pauline Theology, in: Pearson, B. A. (Hg.), The Future of Early Christianity. Essays in Honor of Helmut Köster, Minneapolis 1991, S. 358-366.
6 Vgl. Barclay, J. M. G., Jews in the Mediterranean Diaspora from Alexander to Trajan (323 BCE - 117 CE), Edinburgh 1996.
7 Dies entspricht dem Ergebnis des Aufsatzes (!) von Schnackenburg, R., Ephesus. Entwicklung einer Gemeinde von Paulus zu Johannes, BZ 35 (1991), S. 41-64.

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