Regensburger Prachthandschriften

Cover
Titel
Zwei Regensburger Prachthandschriften zum Blättern. Das Sakramentar Heinrichs II. und der Uta-Codex


Herausgeber
Haus der Bayerischen Geschichte; Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst; Bayerische Staatsb
Erschienen
Anzahl Seiten
1 CD-ROM
Preis
€ 18,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Sebastian Steinbach, Humboldt-Universität zu Berlin

Heinrich II. (1002-1024) ist nicht nur der letzte Herrscher aus der mittelalterlichen Dynastie der Ottonen, sondern auch der einzige deutsche Kaiser, welcher zusammen mit seiner Gemahlin Kunigunde am 14. März 1146 durch Papst Eugen III heilig gesprochen wurde. Nach dem unerwarteten und kinderlosen Tod Ottos III. am 24. Januar des Jahres 1002 in Italien, setzte sich der bis dahin bayerische Herzog Heinrich (IV.), dessen Großvater ein Bruder Kaiser Ottos I. "des Großen" (936-973) gewesen war, gegen seine Konkurrenten durch und bestieg am 7. Juni 1002 in Mainz den Thron des ostfränkisch-deutschen Reiches.

Wie kaum ein zweiter mittelalterlicher König war Heinrich II. von der Vorstellung durchdrungen, im göttlichen Auftrag zu handeln, weshalb er von der mediävistischen Forschung auch als „Mönchskönig“ bezeichnet worden ist.1 Da er seinen kinderlosen Tod bereits zu Lebzeiten vor Augen sah, setzte er Gott als seinen Erben ein und gründete 1007 das Bistum Bamberg als Stiftung für sein Seelenheil und das seiner Gemahlin. Unter ihm erlebten die Bistümer und Klöster des Reiches ihre zweite Blütezeit nach dem Untergang der Herrscherdynastie der Karolinger. In Regensburg, dem im bayerischen Herzogtum eine städtische Mittelpunktstellung und Residenzstadtfunktion zukam, förderte er besonders die Schreibstube des Klosters St. Emmeran, welche ihm gerade in der Anfangszeit seiner Regierung als Verfasserwerkstatt von Legitimationshandschriften vor allem gegen seinen Mitbewerber um den Königsthron, Herzog Hermann II. von Schwaben, gute Dienste leistete.

Das Haus der Bayerischen Geschichte (Augsburg), das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie die Bayerische Staatsbibliothek (BSB) in München legen nun mit der Veröffentlichung „Zwei Regensburger Prachthandschriften“ eine digitalisierte Version der bedeutendsten Quellen des 11. Jahrhunderts aus der Regensburger/St. Emmeraner Schreib- und Malstube vor. Die CD-ROM enthält sowohl das Sakramentar Kaiser Heinrichs II. (BSB, München Clm 4456), als auch den Uta-Codex (BSB, München Clm 13601).

Das Regensburger Sakramentar, welches die Prunkhandschrift des Codex Aureus Kaiser Karls II. „des Kahlen“ (840-875) zum Vorbild hatte, entstand wohl kurz nach 1002 im Kloster St. Emmeran. Es enthält einen zwölfseitigen Kalender in Goldschrift, in welchem die Feste des Kirchenjahres verzeichnet sind, sowie die zur Messe des Priesters nötigen Texte und Tagesgebete. Darüber hinaus enthält die Handschrift zahlreiche Hinweise auf das Regensburger Kloster als Entstehungsort und seinen Stifter Heinrich II. Die eindrucksvollsten Illustrationen des Sakramentars sind sicherlich die figürliche Darstellung der Krönung Heinrichs durch Christus persönlich (fol. 11r) und sein Thronbild (fol. 11v), das auch auf der Hülle der CD-ROM abgebildet ist. Der Uta-Codex entstand vermutlich kurz nach dem Tode Heinrichs II. um das Jahr 1025 als Evangelistar im Auftrage der Äbtissin Uta für ihr Damenstift Niedermünster in Regensburg. Auf 119 Pergamentblättern entfaltet sich auch hier die ganze Pracht mittelalterlicher Buchmalerei.

Insgesamt überzeugt die CD-ROM durch klar strukturierte Bedienelemente, die keine Fragen beim Benutzer offen lassen und in einen wunderschön gestalteten farblich-historisch abgestimmten Rahmen eingepasst sind. Die einzelnen Buchseiten können getrennt voneinander oder in einer Übersichtsdarstellung betrachtet werden, wobei eine digitale Lupe die nähere Untersuchung einzelner Bestandteile der Illuminationen ermöglicht. Eine Textleiste präsentiert sowohl eine wissenschaftliche Beschreibung der soeben dargestellten Seite, wie auch den lateinischen Text in normalisierter Schreibweise und der Möglichkeit, sich eine Übersetzung desselben zeigen zu lassen. Dies schließt auch eine Begriffserklärungsoption mit ein.

Darüber hinaus kann der Betrachter in beiden Handschriften mit QuickTime 5 (auch auf der CD-ROM) regelrecht „blättern“: Dabei erfolgt zunächst eine 3D-Darstellung der gesamten Handschrift. Der PC-Nutzer kann dann mit Hilfe der Maus (eine stilisierte Hand als Cursor) den Buchdeckel „fassen“ und umschlagen. Auf diese Weise lässt sich das gesamte Werk durchblättern, wodurch man einen sehr guten Eindruck von der Kunstfertigkeit der mittelalterlichen Buchbinder gewinnt und dem Gefühl des Lesens einer Handschrift sehr nahe kommt. Entscheidend dafür ist die hervorragende Auflösung des digitalisierten Bildmaterials, die zwar besonders bei leistungsschwächeren Rechner etwas Wartezeit zur Darstellung voraussetzt (erforderlich zur Betrachtung sind ein Pentium III-Rechner mit mind. 64 MB RAM), dafür jedoch mit klaren und prächtigen Bilder entschädigt.

Die einzelnen Buchseiten sind außerdem als Bilddateien im jpg-Format auf der CD-ROM hinterlegt (CD öffnen => Sakramentar/Uta-Codex => info => seiten) und können so noch einmal einzeln betracht und für Präsentationen bearbeitet oder ausgedruckt werden. Insofern wird die Veröffentlichung ihrem Anspruch als „Erschließungsmöglichkeit zum Einsatz in Schule, Wissenschaft und Erwachsenenbildung [zu dienen]“ (Booklet) in jedem Fall gerecht.

Zusammenfassend kann man dem ausführenden Verlag und den beteiligten Institutionen zu dieser Veröffentlichung nur gratulieren. Sie gibt dem interessierten Laien und kundigen Wissenschaftler ein hervorragendes Mittel an die Hand, die Geschichte eines so herausragenden Herrschers, wie es Heinrich II. gewesen ist, im wahrsten Sinne des Wortes „begreifbarer“ zu machen. Mehr CD-ROMs dieser Art und Aufmachung wären für die Zukunft wünschenswert.

Anmerkung:
1 Hoffmann, Hartmut, Mönchskönig und rex idiota, Studien zur Kirchenpolitik Heinrichs II. und Konrads II., Hannover 1993.

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