G. Gurst u.a. (Hg.): Lex. d. Renaissance

Cover
Titel
Lexikon der Renaissance.


Herausgeber
Gurst, Günter; Hoyer, Siegfried; Ullmann, Ernst
Reihe
Digitale Bibliothek 41
Erschienen
Anzahl Seiten
1 CD-ROM
Preis
€ 34,90
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Marina Münkler, Institut für deutsche Literatur, Humboldt-Universität zu Berlin

Mehr als alle anderen Druckerzeugnisse, sind Lexika dazu prädestiniert, von den gedruckten in die digitalen Medien überzugehen, weil hier deren Vorzüge erst richtig zum Tragen kommen. Der eingesparte Platz und das - zumal bei mehrbändigen Lexika - erheblich geringere Gewicht gehören dabei noch zu den geringsten Vorzügen; bemerkenswert sind vor allem der erleichterte Umgang mit der Informationsfülle, das bequemere Suchen und Blättern, die Möglichkeit des Kopierens und nicht zuletzt das einfachere Erschließen von Querverbindungen mit Hilfe direkt anklickbarer Links.

Insofern ist es zweifellos verdienstvoll, dass mehr als zehn Jahre nach seinem Erscheinen das von mehr als einhundert Fachgelehrten verfasste "Lexikon der Renaissance", das in etwa 6.000 Einzelartikeln das Spektrum der Renaissance unter Einbindung von Reformation, Gegenreformation und Bauernkrieg als Übergangsepoche zwischen Mittelalter und Neuzeit aufzufächern versucht 1, in die Digitale Bibliothek übernommen worden ist. Solide gearbeitet und nur in einigen Artikeln (wie etwa dem zum "Bauernkrieg") merklich ideologisch überformt, kann das "Lexikon der Renaissance" auch nach diesem Zeitraum (inklusive der stattgehabten politischen und wissenschaftlichen Umwälzungen) durchaus bestehen, ein gewisser konservativer Zuschnitt kommt ihm dabei eher zugute. So erweist sich die klassische Auffassung von der Renaissance als territorial im wesentlichen auf Süd-, Mittel- und Westeuropa und zeitlich auf das 15. und 16. Jahrhundert konzentriert, in ihrer Beschränkung als brauchbare Grundlage für ein breites Themenspektrum, das die unterschiedlichen Bereiche Kunst, Literatur, Musik, Architektur, Philosophie, Theologie, Naturwissenschaften, Medizin, Mathematik und Technik mit den sozioökonomischen Grundlagen (auf die hier - naturgemäß, so möchte man meinen - ein nicht geringes Augenmerk gerichtet wird), politischen Ereignissen und mentalitätsgeschichtlichen Veränderungen verbindet, ohne sie einfach als deren Spiegelungen oder als "Überbau" derselben zu betrachten.

Während der größte Teil der Artikel insofern nach wie vor zu überzeugen vermag, wenngleich natürlich nicht alle Artikel konzeptionell und inhaltlich gleichwertig sind (so ist beispielsweise der Artikel zu "Faust" angesichts des Gewichts des Gegenstands ziemlich kurz geraten, gibt über die "Historia von D. Johann Fausten" doch nur recht wenig Aufschluss und erwähnt die unmittelbar danach einsetzende Rezeption und Bearbeitung des Stoffes nur so knapp, dass man nur sehr wenig damit anfangen kann), so erweist es sich im Hinblick auf die weiterführende praktische Nutzung doch als Manko, dass das Lexikon von den Herausgebern nur geringfügig überarbeitet und erweitert worden sind. So sind die Sekundärliteraturangaben zu den einzelnen Artikeln kaum ergänzt und auf den neuesten Stand gebracht worden, und auch bei den Quellenangaben sind Neuausgaben nur in wenigen Fällen berücksichtigt worden. Zwar ist dem Ganzen eine überarbeitete separate Bibliografie angefügt worden, aber auch diese ist nicht auf dem neuesten Stand, und sie kann ohnehin das weitgehende Fehlen neuer Angaben zu den einzelnen Artikeln nicht ausgleichen. Das hat zur Folge, dass die Literaturangaben in weiten Teilen überholt sind, was bei einem auf längerfristigen Gebrauch angelegten Lexikon zwar früher oder später ohnehin der Fall ist, angesichts der digitalisierten Neuausgabe aber doch zumindest auf den Stand von 1999 hätte gebracht werden sollen, um die Brauchbarkeit nicht von Anfang an einzuschränken.

Problematischer freilich, und das ist den Herausgebern nicht anzurechnen, ist jedoch, dass die Handhabung der Tools intuitiv nicht ohne Probleme zu bewerkstelligen ist; zwar lassen sich die einzelnen Artikel über die Menüs "Inhalt" und "Register" gut und schnell finden, aber das Blättern in den einzelnen Artikeln wird einem überflüssig schwer gemacht, weil dafür mehrere Tools angeboten werden und die sich anbietende Pfeilleiste erst über die Schaltfläche zur Bereichseinstellung richtig eingestellt werden muss, weil sie sonst Seiten überspringt. Ein erheblicher Nachteil ist auch, dass die einzelnen Artikel nicht mit Querverweisen auf andere Artikel des gleichen Themenbereichs versehen sind, so dass man sich solche Verweise auf angelagerte Themengebiete recht umständlich und im Ergebnis unbefriedigend über die Suchfunktion erschließen muss. Gut ist dagegen, dass man sich zu jedem Artikel auf der linken Bildschirmhälfte selbst Notizen machen kann, was für eine intensivere Nutzung im Zusammenhang eigener Arbeiten, aber auch zur Nutzung als Gedächtnisstütze sehr nützlich ist.

Trotz dieser Nachteile ist die digitale Ausgabe des "Lexikon der Renaissance" alles in allem eine - angesichts des Preises auch für Studenten - als Nachschlagewerk empfehlenswerte Anschaffung, mit deren Hilfe man sich einen lohnenden Einblick in eine der zweifellos interessantesten Epochen der europäischen Geschichte verschaffen und diesen immer wieder zu einzelnen Punkten ergänzen und vertiefen kann.2

Anmerkungen:
1 Buchausgabe Leipzig 1989.
2 Anmerkung der Redaktion: Weitere Lexika zum Themenfeld sind: Münkler, Herfried und Marina (Hgg.), Lexikon der Renaissance, München 2000 (vgl. http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/type=rezbuecher&id=12471247) und Campbell, Gordon, The Oxford Dictionary of the Renaissance, Oxford 2003.

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