Arbeitskreis Protestantismusforschung (AKPF)

Arbeitskreis Protestantismusforschung (AKPF)

Projektträger
Philipps-Universität Marburg, FB Theologie, Fachgebiet Kirchengeschichte ()
Ausrichter
Ort des Projektträgers
Marburg
Land
Deutschland
Vom - Bis
05.04.2003 -
Von
Kaiser, Jochen-Christoph

Am 5. April 2003 wurde in der Evangelischen Akademie Thüringen (Neudietendorf) der Arbeitskreis Protestantismusforschung (AKPF) gegründet. Der AKPF widmet sich der Erforschung und Vermittlung von Themen der Kirchlichen Zeitgeschichte.

Hintergrund
Die Kirchliche Zeitgeschichte zielt auf die Erforschung der christlichen Konfessionen in zweifacher Hinsicht: Konfessionen sind Vermittler und Deuter von Religion in einem weitgespannten Sinn und sie waren und sind Institutionen von gesellschaftlichem Rang. Es geht der Kirchlichen Zeitgeschichte aber nicht allein um die Stellung der Kirche zu bestimmten Ereignissen der Vergangenheit; ihr Interesse richtet sich zugleich auf die theologischen, diakoniegeschichtlichen und kirchenpolitischen Strömungen und Tendenzen seit etwa Mitte des 19. Jahrhunderts, auf deren Einbindung in die gleichzeitigen sozial und gesellschaftsgeschichtlichen Prozesse, auf kulturgeschichtliche Zusammenhänge sowie auf die historische Genderforschung. Die konfessionelle Signatur der Moderne weitet den Blick der Kirchlichen Zeitgeschichte über die herkömmliche Epocheneinteilung der Zeitgeschichte aus auf die Untersuchung der letzten anderthalb Jahrhunderte. Dies geschieht nicht allein auf Deutschland beschränkt, sondern im europäischen Kontext.

Selbstverständnis des AKPF
Die Kirchliche Zeitgeschichte ist, wie die Zeitgeschichte allgemein, ein beliebtes Feld wissenschaftlicher Forschung und publizistischer Aufbereitung. Zahlreiche Fachveröffentlichungen und populäre Darstellungen belegen das. Gleichzeitig fristet die Kirchliche Zeitgeschichte als universitäre Disziplin an den Theologischen Fakultäten nur ein Schattendasein. Ihr mangelt es an einem breiteren organisatorischen oder institutionellen Rückhalt. Bestehende kirchenzeitgeschichtliche Arbeitsgemeinschaften und Kommissionen befördern zwar bedeutende wissenschaftliche Leistungen, sind meist aber auch dezidiert konfessionelle Unternehmen geblieben, die zudem in Aufgabenstellung und Zusammensetzung neben wissenschaftlichen auch kirchenpolitischen Prämissen unterliegen. Außerhalb der von ihnen veranstalteten öffentlichen Tagungen bieten sie kein allgemein zugängliches Forum. Für eine sachgemäße wissenschaftliche Arbeit auf dem Feld der Kirchlichen Zeitgeschichte sind jedoch ökumenische Kategorien sowie Interdisziplinarität, Methodenbewusstsein und Theorieentwicklung unverzichtbare Voraussetzungen. Insgesamt sollte es um die Erarbeitung von Beiträgen für eine Christentumsgeschichte gehen, die sämtliche Positionen und Tendenzen in den Blick nimmt, die sich unter einem christlichen Traditionshorizont seit der Reformation entwickelt haben. Der AKPF dient dazu, den wissenschaftlichen Diskurs über nationale sowie über Fach- und Konfessionsgrenzen hinaus zu ermöglichen, den wissenschaftlichen Nachwuchs zu fördern und den an der Kirchlichen Zeitgeschichte interessierten Wissenschaftlern und Laien, Einzelpersonen und Gruppen ein größeres Forum zu bieten. Der AKPF besitzt einen protestantischen Akzent, weiß sich jedoch Interkonfessionalität und Ökumenizität verpflichtet.

Themen
Während einiger erster Akademie-Tagungen im Frühjahr 2003, die im Kontext der Gründung des AKPF stehen, beschäftigte man sich unter anderem mit dem "Kirchlichen Leben im Zweiten Weltkrieg" sowie Erinnerungsorten und Erinnerungskultur des Protestantismus im 20. Jahrhundert. Beide Themenfelder sollen auf kommenden Veranstaltungen weiter verfolgt, ergänzt und - unter anderem interkonfessionell - ausdifferenziert werden. Daneben hält der AKPF eine Annäherung an das Rahmenthema "Protestantismus im Wandel seit 1914" für wünschenswert. Hierbei ginge es um die Untersuchung bestimmter Einzelaspekte, wie der Stellung des Protestantismus zu Gewalt und Deutschtum, um protestantische "Ehre" sowie um "Dienst" und "Gehorsam" als Kategorien protestantischer Existenz.

Arbeitsform
Der AKPF versteht sich nicht als Alternative zu bestehenden Organisationen und Institutionen auf dem Gebiet der Kirchlichen Zeitgeschichte. Er sucht nicht Abgrenzung, sondern Kooperation. Wissenschaft bedarf vieler unabhängiger und doch miteinander verbundener Netzwerke. In diesem Sinne versteht sich der AKPF als Weiterführung und Bereicherung aller Bemühungen um die Erforschung der Kirchlichen Zeitgeschichte.
Der AKPF besitzt zwei Arbeitsformen: Zum einen veranstaltet er regelmäßig jährlich eine wissenschaftliche Fachtagung zu einem Schwerpunktthema der Kirchlichen Zeitgeschichte in der Evangelischen Akademie Thüringen ("AKPF-Jahrestagung"). Zum anderen initiiert der AKPF in unregelmäßigen Abständen Workshops, die dem informellen wissenschaftlichen Austausch sowie der Vorstellung und Diskussion neuer Themen und Ansätze dienen ("AKPF-Forum"). Dabei sind die Schaffung und der Erhalt hoher Qualitätsstandards für die AKPF unverzichtbar.

Organisationsform
Der AKPF ist ein unabhängiges Unternehmen. Er lebt vom ehrenamtlichen Engagement der Mitwirkenden und profitiert von der Unterstützung und der Infrastruktur der Evangelischen Akademie Thüringen in Neudietendorf sowie der Professur für Kirchliche Zeitgeschichte, Diakoniegeschichte und historische Genderforschung am Fachbereich Theologie der Philipps-Universität Marburg. Der AKPF versteht sich nicht als Verein im rechtförmigen Sinn. Erweist sich ein solcher Schritt später als notwendig, kann eine Eintragung in das Vereinsregister erfolgen.
Zur Aufnahme der praktischen Arbeit sowie zur Koordination der anfallenden Aufgaben, wie der Vorbereitung der AKPF-Veranstaltungen, hat der Arbeitskreis eine Koordinierungsgruppe eingesetzt. Diese Gruppe besteht aus Norbert Friedrich (Kaiserswerth), Martin Greschat (Münster), Jochen-Christoph Kaiser (Marburg), Jens Murken (Bielefeld), Thomas A. Seidel (Neudietendorf) und Ellen Ueberschär (Berlin-Marburg), bei der die Geschäftsführung liegt.

Publikationsorgan
Unter dem Namen "Kirchengeschichte der neuesten Zeit" plant der AKPF die Gründung einer elektronischen Zeitschrift. Sie wird unter www.kdnz.de erreichbar sein und auf dem Server der Universität Marburg gehostet. Diese Form der Publikation im Internet kann bei hoher technischer Effizienz kostengünstig und rasch aktualisierbar genutzt werden.

Mögliche Kooperationspartner
Für den AKPF gibt es eine Reihe von Vorbildern und potenziellen Partnern. Dazu zählen neben den Landeskirchlichen Archiven und den territorialkirchengeschichtlichen Vereinen insbesondere die frühere ,Kommission für die Geschichte des Kirchenkampfes in der nationalsozialistischen Zeit' und heutige Münchener ,Evangelische Arbeitsgemeinschaft für kirchliche Zeitgeschichte', die Bonner ,Kommission für Zeitgeschichte', das ,Bochumer Forum zur Geschichte des sozialen Protestantismus', die Doktorandenkolloquien zur Kirchlichen Zeitgeschichte, die kirchengeschichtliche Projektgruppe ,KGmobil', der ,Schwerter Arbeitskreis Katholizismusforschung' sowie der ,Arbeitskreis für historische Religionspädagogik', Münster.

Redaktion
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