C. Hoffmann: Stadtpolizei Bern 1810–2007.

Titel
Stadtpolizei Bern 1810–2007.. Vom Polizeydienercorps zur modernen Polizeiorganisation


Autor(en)
Hoffmann, Christoph
Erschienen
Frutigen 2007: Egger AG
Anzahl Seiten
Preis
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Anna Bähler

Seit dem 1. Januar 2008 gibt es die Stadtpolizei Bern nicht mehr. In den letzten Jahren ihres Bestehens arbeitete Christoph Hoffmann, Kommandant der Stadtpolizei von 1983 bis 2001, ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Vereinigung mit der Kantonspolizei Bern zur Police Bern auf. Die Resultate seiner Nachforschungen liegen nun in einem schön gestalteten und illustrierten Buch vor.

Die ersten drei Kapitel zeigen chronologisch die Entwicklung der Stadtberner
Polizei, beginnend mit einer kurzen Darstellung der Situation im Ancien Régime. Die Bürgerwachen waren ursprünglich im Milizsystem organisiert, im Lauf des 17. und 18. Jahrhunderts etablierte sich ein besoldeter und gut ausgerüsteter Wachdienst. Unter anderem bewachte die Stadtwache die Stadttore, überwachte die Strassenbeleuchtung, überprüfte unbekannte Personen und sorgte für die Aufrechterhaltung der Nachtruhe. In der Helvetik war der örtliche Polizeidienst personell unterdotiert, und in der Zeit der Mediation konnten sich der Kanton und die Stadt lange nicht über die Organisation eines Polizeidienstes in der Stadt Bern einigen.

Im zweiten Kapitel beschreibt der Autor die Entstehung und Geschichte der Stadtpolizei Bern im 19. Jahrhundert. 1810 stellte die Stadt erste Polizeidiener ein, und der Stadtrat genehmigte die «Instruktion für die Polizey-Diener der Stadt Bern», welche deren Pflichten regelte. Damit war die Berner Stadtpolizei geboren, die neben dem 1804 entstandenen kantonalen Landjägerkorps für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung in der Stadt zuständig war. Dies führte zu ständigen Kompetenzrangeleien zwischen Stadt und Kanton. Erst in den 1890er-Jahren gelang es, die Aufgaben von Stadt- und Kantonspolizei sauber zu trennen. Von nun an entschied die Stadt Bern eigenständig über Sicherheit und Ordnung auf ihrem Gebiet. Zu dieser Zeit hatten sich die Aufgaben der Polizei stark ausgeweitet, weil Bern zur Bundesstadt geworden war, sich bevölkerungs- und flächenmässig in einem rapiden Wachstum befand und der Strassenverkehr, aber auch soziale und politische Unruhen zugenommen hatten.

Die Entwicklung der Stadtpolizei im 20. Jahrhundert zeichnet Hoffmann im
dritten Kapitel nach. Der Strassenverkehr mit neuen und schnellen Verkehrsmitteln entwickelte sich in einem ungeahnten Ausmass und bedeutete für die Polizei eine enorme Herausforderung. Auch Grossereignisse wie die Landesausstellung 1914, nationale und internationale Sportanlässe und immer mehr auch politische Aktionen und Demonstrationen sowie ab den 1970er-Jahren die Drogenproblematik forderten die Polizei immer stärker. Entsprechend der Zunahme und Auffächerung der polizeilichen Aufgaben entstanden spezialisierte Dienstgruppen innerhalb des Polizeikorps bis hin zu den seit 1957 für besonders schwierige Einsätze ausgebildeten Polizeigrenadieren und der in den 1970er-Jahren entstandenen Sondereinheit Stern, die auch Antiterroraufgaben übernahm. Das Kapitel endet mit einem Ausblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Integration der Stadtpolizei in die Kantonspolizei.

Der vierte Teil des Buchs widmet sich im Längsschnitt einzelnen Bereichen der Stadtberner Polizeigeschichte. Die verschiedenen Polizeilokale und Polizeivereine sowie der Einsatz der Berner Polizisten für bessere Arbeitsbedingungen werden ebenso thematisiert wie Veränderungen in der Bekleidung, der Bewaffnung und der Ausbildung der Polizisten. Hier erfährt die Leserin auch, dass die Stadtpolizei spätestens seit den 1910er-Jahren Diensthunde einsetzte und 1914 eine berittene Polizeiabteilung entstand, die vor allem im friedlichen Ordnungsdienst eingesetzt wurde und diverse repräsentative Aufgaben übernahm.

Gut 20 Seiten mit Fotografien der Stadtpolizei Bern vom Herbst 2007 runden die Publikation ab. Hier zeigt sich der Betrachterin, wie sehr die Polizei eine Männerwelt repräsentiert: Auf den Fotos sind nur wenige Frauen zu sehen. Auf die Integration der Frauen ins Polizeikorps geht Hoffmann im ganzen Buch nur am Rand ein und er findet es nicht nötig, auf ihre besondere Situation und teilweise auch speziellen Aufgaben einzugehen. Die 1990 und somit sehr spät einsetzende Ausbildung von uniformierten Polizistinnen erklärt er lediglich damit, dass erst 1989 baulich die sanitären Voraussetzungen dazu geschaffen worden seien.

Der Autor der Publikation ist ein Insider, was sich schon daran zeigt, dass er
mehrmals den wenig geläufigen Ausdruck «Polizeier» für Polizist verwendet. Er beschreibt die politischen Ereignisse und Unruhen aus der Perspektive der Polizei, bemüht sich jedoch weitgehend um eine wertfreie Sprache. Vor allem in den Anekdoten aus der Polizeigeschichte, die in farblich abgesetzten Kästen im ganzen Buch zu finden sind, erzählt er auch von Ereignissen, in denen die Stadtpolizei nicht erfolgreich war oder sich gar blamierte. So wird die Publikation auch für ein Publikum lesbar, das der Polizeiarbeit eher kritisch gegenübersteht.

Zitierweise:
Anna Bähler: Rezension zu: Hoffmann, Christoph: Stadtpolizei Bern 1810–2007. Vom Polizeydienercorps zur modernen Polizeiorganisation, Frutigen, Egger AG, 2007, 120 S., ill. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 71, Nr. 3, Bern 2009, S. 119f.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 71, Nr. 3, Bern 2009, S. 119f.

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