C. Hesse: Personen der Geschichte – Geschichte der Personen

Cover
Titel
Personen der Geschichte – Geschichte der Personen.


Herausgeber
Hesse, Christian; Immenhauser, Beat; Landolt, Oliver; Studer, Barbara
Erschienen
Basel 2003: Schwabe Verlag
Anzahl Seiten
500 S.
Preis
€ 40,50
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Anne-Marie Dubler

Die Herausgeber der Festschrift zu Ehren von Rainer C. Schwinges, der seit 1989 Ordinarius für mittelalterliche Geschichte an der Universität Bern ist, haben ihrem Buchkonzept die zentralen Forschungsthemen des Geehrten zugrunde gelegt. Schülerinnen, Schüler, Lehrer, Schweizer Kollegen der Mediävistik und weitere Personen waren aufgefordert, sich mit dessen Forschungsinteressen und Methoden auseinanderzusetzen. Die über zwei Dutzend Beiträge spiegeln das breite Spektrum der am Mittelalter-Lehrstuhl betriebenen Forschung. Dazu gehört unter anderem die Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslimen zur Zeit der Kreuzzüge (Pedro Zwahlen: Zum völkerrechtlichen Vertrag zwischen Christen und Muslimen im 12. Jahrhundert; Andreas Meyer: Lucca und die Finanzierung der Kreuzzüge) und – im Blick auf die Kreuzzüge – die Frage nach dem «Gerechten Krieg» (Heinz E. Herzig: Ciceros Konzept des bellum iustum und Augustins Überlieferung). Verschiedene Beiträge befassen sich mit der Bildungsgeschichte, so etwa unter sozialgeschichtlichen und (kirchen)politischen Aspekten (Ludwig Schmugge: Über die Pönitentiarie zur Universität; Beat Immenhauser: St. Gallen und der Universitätsbesuch um 1500) oder mit der Darstellung der bedeutenden Rolle deutscher Universitätskonzepte der Neuzeit (Walter Rüegg: Die deutschen Wegbereiter der modernen Forschungsuniversität). Wichtiges Forschungsfeld ist die mittelalterliche Stadt, ihr wirtschaftliches Überleben in Krisenzeiten (Hans-Jörg Gilomen: Städtische Anleihen im Spätmittelalter) und ihr Gedeihen angesichts von Kriegen und Pest dank der noch ungebremsten Migration und Mobilität, die der Stadt laufend Zuzüger brachte (Kristina Isacson und Bruno Koch: Losziehen und Los ziehen).

Beinahe die Hälfte der Beiträge behandelt Themen der bernischen und eidgenössischen Geschichte: Die Stadt Bern erscheint am Ende des 13. Jahrhunderts als Kampffeld der durch Reichtum, Macht und Einfluss herausragenden Bürger um politische Karrieren (Roland Gerber: Das Ringen um die Macht). Heimliche Pensionen und wilder Reislauf am Ende des Spätmittelalters eskalieren 1513 zum Könizer Aufstand, führen aber erst in der Reformation zum Reislaufverbot (Hans Braun: Heimliche Pensionen und verbotener Reislauf). Sie sind ebenso zeittypisch wie eine Kriegsführung, die zu Gräueltaten neigte, gegen die seit dem Sempacherbrief (1393) gemeineidgenössische Regeln aufgestellt, Kriegsverbrechen definiert und der Bestrafung unterstellt wurden (Oliver Landolt: Kriegsverbrechen in der spätmittelalterlichen Eidgenossenschaft). Wen wunderts, dass der spätmittelalterliche Mensch zur Abwendung des Mordens, Raubens und Schändens auch auf Zauberpraktiken verfallen konnte (Werner Meyer: Wetterzauber gegen Bern). Während sich die mediävistische Forschung sowohl in Zürich wie auch in Basel seit vielen Jahrzehnten mit der Aufarbeitung der Geschichte von mittelalterlichen Klöstern befasst, tat sich die Mediävistik in Bern bei diesem Thema bisher schwer, obschon es weder an interessanten Forschungsobjekten noch an archivalischer Überlieferung fehlt. Es ist daher besonders lobenswert, dass das Frauenkloster Interlaken in subtiler Quellenarbeit eine Darstellung erfuhr, die es aus dem Schatten des dortigen Männerkonvents führt (Barbara Studer: Die Augustinerinnen von Interlaken).

Die sozial- und vor allem auch personengeschichtliche Auseinandersetzung mit dem Menschen in seiner Geschichtlichkeit, ob als Individuum oder als Gruppe, ist ein zentrales Anliegen des Forschers und Universitätslehrers Rainer C. Schwinges. Sie verschaffte der Festschrift auch ihren Titel. Die von Schwinges mit Erfolg verwendete prosopografische Methode, mit der sich Personen und ihr Tun sorgfältig und behutsam analysieren lassen, trug denn auch in vielen Beiträgen der Festschrift mit zum reichen Ergebnis bei. Besonders eindrücklich ist die Darstellung der Beziehungen zwischen Ehepartnern in städtischem Milieu des 15. und 16. Jahrhunderts anhand von Selbstzeugnissen, darunter das Beispiel Ludwigs von Diesbach (1452–1527), gefolgt von einer dem interessierten Forscher nützlichen Quellenkritik (Urs Martin Zahnd: Ehegatten in spätmittelalterlichen Selbstzeugnissen).

Zitierweise:
Anne-Marie Dubler: Rezension zu: Hesse, Christian; Immenhauser, Beat; Landolt, Oliver; Studer, Barbara (Hrsg.): Personen der Geschichte – Geschichte der Personen. Studien zur Kreuzzugs-, Sozial- und Bildungsgeschichte. Festschrift für Rainer Christoph Schwinges zum 60. Geburtstag, Basel, Schwabe, 2003, XVI, 500 S., ill. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 66, Nr. 1, Bern 2004, S. 49f.

Redaktion
Beiträger
Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 66, Nr. 1, Bern 2004, S. 49f.

Weitere Informationen