< zurück | 3 / 348 Rezensionenvorwärts >

Geschichte allgemein

P. Schärli u.a. (Hrsg.): Ipsacher Chronik

 

Informationen zu diesem Beitrag

Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 64, Nr. 3, Bern 2002, S. 131f. <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/infoclio/id=14128>
Titel:Ipsacher Chronik
Herausgeber:Schärli, Paul; Baumann, Willi; Liechti, Hansruedi; Tschantré, Hugo; Denneborg-Gut, Silvia; Marbot, Theo
Ort:Ipsach
Verlag:Einwohnergemeinde Ostermundigen
Jahr:
ISBN:-
Umfang/Preis:288 S.

Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Christoph Zürcher
E-Mail: <->

Unter der Projektleitung des Ipsachers Paul Schärli ist in fünf Jahren Arbeit eine reichhaltige, sehr lesenswerte und interessante Gemeindegeschichte der an Nidau angrenzenden Bieler Agglomerationsgemeinde Ipsach entstanden. Die meisten Kapitel stammen von Paul Schärli und Willi Baumann, einzelne Beiträge von Hansruedi Liechti, Hugo Tschantré, Silvia Denneborg-Gut und Theo Marbot.

«Ipsach, ein kleiner Ort zwischen Sutz und Nidau. Er liegt gegen den Bielersee zu in Bäumen versteckt überaus angenehm und fruchtbar, und begreift in 22 Häuser 146 Einwohner», schrieb Matthias Lutz in seiner Beschreibung der Schweiz 1827. Im Jahr 2000 zählte Ipsach 3282 Einwohnerinnen und Einwohner und gehört damit zu jenen Gemeinden der Bieler Agglomeration, in denen die Entwicklung seit 1950 besonders stürmisch verlaufen ist. Damals hatte die Einwohnerzahl noch unter 500 gelegen. Gerade in solchen Gemeinden ist es wichtig, dass ein vergangener Zustand dokumentiert wird, dass schriftliche, mündliche, bildhafte Zeugnisse aus der dörflichen Vergangenheit gesammelt und damit dem Verschwinden entrissen werden. Ein lebendiges Bild der eigenen Vergangenheit bietet weit mehr als die Möglichkeit zu nostalgischer Glorifizierung einer so genannten «guten, alten Zeit». Es kann und sollte vielmehr zu Handlungsstrategien für die Zukunft führen. Das vorliegende Werk erfüllt diesen Anspruch in schöner Weise.

Äusserlich lehnt sich das Ipsacher Buch an ein seit längerer Zeit bewährtes Muster an: handliches Querformat mit zweispaltigem Satzspiegel (kein Ruhmesblatt für Druckerei und Gestalter ist der störende Flattersatz). Der Textfluss ist aufgelockert durch gerastert unterlegte Kasten mit Zitaten, Plänen und Grafiken. Der Band ist reich mit Bildern und Kartenmaterial ausgestattet, wobei das zum grössten Teil sehr gute und aussagekräftige historische Fotomaterial heraussticht. Am Schluss jedes Kapitels folgt die Bibliografie.

Schmerzlich bewusst wird einem der rasante und auch zerstörerische Wandel der letzten 30 Jahre im Kapitel «Das Ortsbild im Wandel». Elf alte Gebäude, meist Bauernhäuser, sind im Bild dokumentiert, vier davon stehen noch. Die übrigen wurden zwischen 1970/71 und 1997 abgebrochen.

Neben den fast in jeder Ortsgeschichte obligaten Kapiteln zur Geschichte von Burger- und Einwohnergemeinde, Kirche und Schule – mit viel Anekdotischem – dürfen die Kapitel zur Wirtschaftsentwicklung, zum Wasser und zur Verkehrsentwicklung besondere Aufmerksamkeit beanspruchen. Die Kapitel zur Wirtschaftsentwicklung (Land- und Forstwirtschaft, Gewerbe und Industrie) dokumentieren trefflich und sehr anschaulich den Wandel innerhalb der Landwirtschaft sowie denjenigen von der Bauerngemeinde zur Industrie-, dann zur Dienstleistungs- und Pendlergemeinde. Im Wasserkapitel finden so verschiedene Gegenstände wie die Quellstollen in der Molasse, die Juragewässerkorrektion und das Seewasserwerk ihre Darstellung. Eine Crux war in Ipsach immer der Verkehr. Der Bau einer modernen Strasse am rechten Bielerseeufer kam erst nach der Juragewässerkorrektion aufs Tapet. Die Biel-Täuffelen- Ins-Bahn (BTI) wurde zwar 1916 eröffnet, endete aber in Nidau. Auf die logische Fortsetzung nach Biel hatten die Ipsacher noch zehn weitere Jahre zu warten. Dafür mussten sie in den 1960er-Jahren hart gegen die Aufhebung der Bahn und deren «Ersatz» durch einen Busbetrieb kämpfen. Heute ist die BTI mit ihrem modernen Rollmaterial und auf eigenem Trassee das Paradestück des seeländischen Regionalverkehrs.

Das Kapitel «Vereine und Parteien» hätte man sich etwas ausführlicher gewünscht, namentlich die Entwicklung des Wahlverhaltens und des Parteienspektrums wäre sicherlich von Interesse gewesen. Eine einzige Grafik mit der Darstellung der Stimmbeteiligung bei Nationalratswahlen kann da nicht genügen.

Zitierweise Christoph Zürcher: Rezension zu: Schärli, Paul et al.: Ipsacher Chronik, Ipsach, Einwohnergemeinde, 2001, 288 S., ill. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 64, Nr. 3, Bern 2002, S. 131f. <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/infoclio/id=14128>
 
< zurück | 3 / 348 Rezensionenvorwärts >