„Man gebe dem Homosexualen, was ihm gehört: seinen vollen Menschheitsrang!“ – Der Feministin, Sozialdemokratin und Heilpraktikerin Johanna Elberskirchen (1864-1943) zum 150. Geburtstag

„Man gebe dem Homosexualen, was ihm gehört: seinen vollen Menschheitsrang!“ – Der Feministin, Sozialdemokratin und Heilpraktikerin Johanna Elberskirchen (1864-1943) zum 150. Geburtstag

Veranstalter
Bonner Orgagruppe
Veranstaltungsort
DGB-Haus, Endenicher Str. 127, 53115 Bonn und Kulturkneipe Brotfabrik, Kreuzstr. 16, 53225 Bonn
Ort
Bonn
Land
Deutschland
Vom - Bis
04.04.2014 - 06.04.2014
Website
Von
Ingeborg Boxhammer

Johanna Elberskirchen (1864-1943) war Publizistin, Heilpraktikerin und Kämpferin für die Rechte von Arbeiter_innen, Frauen und Homosexuellen. In Bonn wirkte sie in der Sozialdemokratie und in Frauenstimmrechtsvereinen. Außerdem veröffentlichte sie herausfordernd zu Feminismus, Medizin und Sexualreform. Anlässlich ihres 150. Geburtstags am 11. April erinnert ein Wochenende mit einem Stadtrundgang, fünf Vorträgen und einem Werkstattgespräch zu Frauenbiografieforschung an die streitbare Aktivistin. Neben Beiträgen zu ihrem Leben und Werk rücken weitere Publizistinnen, Weggefährtinnen und Frauenbewegungen um 1900 in den Blick.

Die Bonner Veranstaltungen werden im Rahmen der Hirschfeld-Tage 2014 NRW von der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld sowie von der ARCUS-Stiftung aus Mitteln der Landeszentrale für politische Bildung NRW finanziert und finden mit freundlicher Unterstützung des DGB-Kreisverbandes Bonn/Rhein-Sieg und der KulturKneipe Brotfabrik sowie www.lesbengeschichte.de statt.

Alle Interessierten sind zu allen Veranstaltungen herzlich eingeladen.
Der Eintritt ist frei.

Programm

Freitag, 4.4.2014, 16:30 Uhr
Stadtrundgang:
Wirkungskreise von Johanna Elberskirchen und Mitstreiterinnen in Bonn
Die selbstbewusste Frauen- und Homosexuellenrechtlerin Johanna Elberskirchen (1864-1943) verbrachte ihre ersten Lebensjahre in Bonn und kehrte nach einigen Studienjahren mit ihrer Lebensgefährtin Anna Eysoldt (1868-1913) für ein paar Jahre an den Rhein zurück, wo sie provokant zu Homosexualität publizierte und leidenschaftlich für ein demokratisches Wahlrecht stritt. Der Stadtrundgang folgt ihren Spuren in der Bonner Innenstadt, lässt Johanna Elberskirchen selbst zu Wort kommen und beleuchtet sowohl ihre hiesigen Zeitgenossinnen als auch einen Teil Bonner Stadtgeschichte.

Referentin: Ingeborg Boxhammer M. A., Bonn
Treffpunkt: Geburtshaus von Johanna Elberskirchen, Sternstraße 37, 53111 Bonn
Dauer: ca. 90 Minuten

DGB-Haus, Endenicher Straße 127, 53115 Bonn
Freitag, 4.4.2014, 19:30 Uhr
Begrüßung und Eröffnungsvortrag mit der Elberskirchen-Biografin

Johanna Elberskirchen (1864-1943) – eine feurige Feministin und Cross-over-Aktivistin aus Bonn
Referentin: Dr. Christiane Leidinger, Berlin

Johanna Elberskirchen kämpfte für die Befreiung von Frauen, ArbeiterInnen, Lesben und Schwulen. Tochter aus „gutem Hause” war sie nicht – eine soziale Hürde, die sie jedoch lässig nahm: neben ihrer Lohnarbeit setzte sie Schulbildung und ein Frauenstudium im Ausland für sich durch. Als Rednerin, Aktivistin und Schriftstellerin war ihre schärfste Waffe das Wort: Polemisch und provokant sind ihre Schriften, modern ihre Überlegungen, die auf Freiheit, Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit zielen. 1943 gestorben, wurde sie erst 1975 unter mysteriösen Umständen beigesetzt. – Bekanntes & Neues in einer Hommage für die eigensinnige Feministin.

DGB-Haus, Endenicher Straße 127, 53115 Bonn
Samstag, 5.4.2014, 14:00 Uhr
Politik, Porno und Protest um 1900 –
Die zwiespältigen homosexuellen-emanzipatorischen Vorkämpferinnen Trosse, Elberskirchen und Sprüngli/„Rüling“
Referentin: Dr. Christiane Leidinger, Berlin

Sie waren wohl die ersten drei des Dritten Geschlechts. Um 1900 leisteten Johanna Elberskirchen (1864-1943), Theo Anna Sprüngli (1880-1953, Pseudonym: Anna/Th. Rüling) und Emma Trosse (1863-1949) wichtige Beiträge zur homosexuellen Emanzipation. Die provokative und innovative Kraft ihrer Werke schließt sogar die Beschreibung lesbisch-sexueller Höhepunkte ein. Befragt man die Schriften und Lebensläufe jedoch nach Positionen zu Klassenherrschaft, „Eugenik“/„Rassenhygiene“ und Kolonialismus, werden problematische politische Widersprüche deutlich. – Ein Vortrag mit vielen Bildern, Zitaten und Musikbeispielen.

DGB-Haus, Endenicher Straße 127, 53115 Bonn
Samstag, 5.4.2014, 17:00 Uhr
Camouflage und Aktivismus: Auf den Spuren Toni Schwabes (1877-1951)
Referentin: Jenny Bauer M. A., Kassel

Knapp 20 Jahre vor Anna Elisabeth Weirauchs Erzählung „Der Skorpion“ veröffentlichte Toni Schwabe 1902 den Roman „Die Hochzeit der Esther Franzenius“. Gezeigt werden soll, inwiefern dieser als einer der ersten Texte deutschsprachiger lesbischer Literatur gelten kann. Über die Autorin ist bis heute wenig bekannt, so dass mit der literarischen auch eine biographische Spurensuche einhergeht. Noch vor Johanna Elberskirchen engagierte Schwabe sich im wissenschaftlich-humanitären Komitee, ähnlich wie diese sympathisierte sie mit einzelnen Zielen der bürgerlichen Frauenbewegung. Als historische Persönlichkeit ist Toni Schwabe erst noch zu entdecken.

DGB-Haus, Endenicher Straße 127, 53115 Bonn
Samstag, 5.4.2014, 19:30 Uhr
Zahnkunst, Wahlrecht, Vegetarismus: Margarete Herz (1872-1947) und Helene Wolff (1871-1917)
Referentin: Ingeborg Boxhammer M. A., Bonn

Die Dentistinnen Margarete Herz (1872-1947) und Helene Wolff (1871-1917) waren 1909 Gründungsmitglieder des Bonner Frauenstimmrechtsvereins, in dem sie zusammen mit Johanna Elberskirchen aktiv waren. Die Lebensentwürfe des neu entdeckten Frauenpaares zielten auf wirtschaftliche und persönliche Unabhängigkeit, auf demokratisches Wahlrecht und gesunde Lebensführung. Helene Wolff verstarb 1917 in Mehlem (Bonn); Margarete Herz zog weiter, musste jedoch wegen ihrer jüdischen Herkunft 1938 in die USA emigrieren, wo sie 1947 verstarb. – Mit vielen Fotos, die von ihren Verwandten zur Verfügung gestellt wurden.

KulturKneipe Brotfabrik, Kreuzstraße 16, 53225
Sonntag, 6.4.2014, 12:00 Uhr
„Heraus mit dem Frauenwahlrecht!“ – Der Frauenstimmrechtskampf um 1900 bis zum Ersten Weltkrieg
Referentin: Apl. Prof. Dr. Ulla Wischermann, Goethe-Universität Frankfurt am Main

Der Kampf für das Frauenstimmrecht wurde um 1900 sehr heftig geführt. Die Stimmrechtsbewegung mobilisierte viele Frauen (und auch Männer), die im Wahlrecht eine demokratische Notwendigkeit und einen wichtigen Schritt zur Frauenemanzipation und Gleichberechtigung sahen. So bildete sich im Kaiserreich ein dichtes Vereins- und Personennetz, das die politische Aufklärung vorantrieb, Aktionen und Proteste organisierte und eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit betrieb. Auch Johanna Elberskirchen gehörte dieser Bewegung an. Im Vortrag wird die Stimmrechtsbewegung nachgezeichnet und eine lokale Spurensuche in Bonn versucht.

KulturKneipe Brotfabrik, Kreuzstraße 16, 53225 Bonn
Sonntag, 6.4.2014, 14:30 Uhr
Werkstattgespräch:
Historisch-politische Frauenbiografien um 1900 – oder was Sie schon immer zu Biografieforschung wissen wollten ...
Wie werden Biografien von Frauen erforscht? Wie können Lebensgeschichten auch lesbischer oder „lesbenähnlich“ lebender Frauen rekonstruiert werden? Welche Quellen gibt es? Und welche Hürden müssen überwunden werden? Das Werkstattgespräch eröffnet nach deren kurzen Inputs die Möglichkeit, die Referentinnen zwanglos nach Erfahrungen, Erfolgen, Anekdoten wie auch Pleiten, Pech und Pannen zu fragen und so biografische Spurensuche nachzuvollziehen; wissenschaftliches Arbeiten wird auf diese Weise transparent und lebendig.

Referentinnen:
Jenny Bauer, Kassel/Göttingen
Ingeborg Boxhammer, M. A., Bonn
Dr. Christiane Leidinger, Berlin
Apl. Prof. Dr. Ulla Wischermann, Goethe-Universität Frankfurt/Main
Moderation: Lena Laps, Bochum

Kontakt

Boxhammer

ingbox@gmx.de


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