Editorial zum Forum

Von
Karsten Borgmann, Zentrum für Zeithistorische Forschung

Liebe Leserinnen und Leser,

"Historische Bildforschung", "visual studies" oder schlicht "Bildwissenschaft": Das anhaltend große Interesse an der Beschäftigung mit Bildern unter verschiedenen Begriffen und in verschiedenen Bereichen der Geistes- und Sozialwissenschaften lässt sich schon an der Frequenz von Mitteilungen ablesen, die über Online-Netzwerke wie H-Arthist oder H-Soz-u-Kult publiziert werden. 1 Allein im Laufe des Jahres 2003 verschickten beide Mail-Foren eine annähernd dreistellige Zahl von Ankündigungen, Berichten und Rezensionen von Veranstaltungen und Neuerscheinungen, die sich als Beiträge zu einer "Historiografie der Bilder" verstehen lassen. Das Interesse an der Auseinandersetzung mit Bildern jenseits des klassischen Kunstwerks und als vielschichtige historische Quelle wächst und schlägt sich auch in einer Vielzahl verstreuter Einträge im World Wide Web nieder. Zugleich ist "Historische Bildforschung" ein Arbeitsgebiet, in dem sich Geistes- und Sozialwissenschaftler/innen unterschiedlichster Ausrichtung und Spezialisierung aufgrund ihres Interesses am Kulturobjekt "Bild" begegnen können. Da H-Arthist und H-Soz-u-Kult gemeinsam per Mail wohl die weltweit größte an Fragen historischer Bildforschung interessierte Öffentlichkeit erreichen, war es für die beiden Redaktionen deshalb nur ein kleiner Schritt hin zu diesem gemeinsamen, disziplinübergreifenden Publikationsprojekt.

Mit den hier zusammengestellten Beiträgen, die Anfang 2004 bereits per Mail und jetzt noch einmal als E-Publikation auf dem Dokumentenserver der Humboldt-Universität veröffentlicht werden, wollen wir unterschiedliche disziplinäre Perspektiven vorstellen. Die Autor/innen des Forums haben wir deshalb gebeten, Statements und Reflexionen zum Stand der "Historischen Bildforschung" aus ihrer Sicht einzureichen. Die Beiträge geben einen Eindruck von unterschiedlichen Wegen der fachlichen Beschäftigung; sie erheben nicht den Anspruch von empiriegesättigten Studien oder vollständigen Handbuchartikeln. Dennoch hoffen wir, mit der Veröffentlichung in der Reihe "Historisches Forum" einem weiten Kreis von Interessent/innen ein leicht zugängliches, stabiles und zitierfähiges Arbeitsmittel zum Einstieg in die Diskussion über eine "Historiografie der Bilder" zur Verfügung stellen zu können.

Das Forum wird mit einer Einführung von Matthias Bruhn eröffnet, der einige aktuelle Trends und Entwicklungen der Bildforschung zusammenfasst. Es folgen Beiträge von Heinrich Dilly und Marc Schalenberg, die sich jeweils mit Traditionen der Bildforschung in der Kunstgeschichte beschäftigen. Des Weiteren veröffentlichen wir Reflexionen von Anna Schober und Habbo Knoch, u.a über die oppositionellen Aspekte einer Bildforschung gegenüber den etablierten Disziplinen Kunstgeschichte und Geschichtswissenschaft. Fortgesetzt wird der Band dann mit Texten von Oliver Grau und Klaus Sachs-Hombach, in denen Perspektiven und Themen einer interdisziplinären Organisation der Erforschung von Bildern zur Sprache kommen. Zwei weitere Beiträge stellen solche Herangehensweisen jenseits von Geschichte, Kunstgeschichte und cultural studies vor: Ulrike Mietzner und Ulrike Pilarzcyk schreiben über Fotografien als Quellen in der erziehungswissenschaftlichen Forschung; Benjamin Burkhardt stellt ein interessantes Projekt der politikwissenschaftlichen Beschäftigung mit Bildern vor. Zum Abschluss folgen zwei Texte mit unmittelbar praktischer Bedeutung für alle, die sich forschend mit Bildern auseinander setzen wollen. Zum einen eine kurze, aber kompetent ausgewählte Literaturliste zum "Weiterlesen", beigetragen vom "Arbeitskreis Historische Bildforschung" der Universität Hamburg. Zum anderen eine Zusammenstellung urheberrechtlicher Tatbestände, die bei der Nutzung von Bildern in nicht-kommerziellen wissenschaftlichen Publikationen, insbesondere im Online-Bereich, zu beachten sind. Rechtsanwältin Astrid Auer-Reinsdorff sei für diesen informativen Text herzlich gedankt. Ebenso sei allen anderen Autor/innen für ihre mit Engagement geschriebenen Beiträge und ihre spontane Bereitschaft zur Mitwirkung ein herzlicher Dank ausgesprochen.

Mit unserer Initiative wollen wir die Möglichkeiten ausloten, die sich aus der elektronischen Vernetzung der Leserinnen und Leser unserer Netzwerke für die wissenschaftliche Arbeit ergeben. Ergänzungen oder Kritik zu den hier publizierten Beiträgen sind weiterhin willkommen und werden in geeigneter Form veröffentlicht werden.

Viel Spaß bei der Lektüre wünschen im Namen der Redaktionen von H-Soz-u-Kult und H-ArtHist

Karsten Borgmann und Matthias Bruhn (Februar 2005)

Anmerkung:
1 Aktuelle Einträge bei H-Soz-u-Kult unter folgender Abfrage: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/suchen/type=suchen&geschichte=149=149

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