Wissenschaftsgeschichte

Von
Jan Eckel, Historisches Seminar, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg

Besprochene Sektionen:

"Die historische Bildwissenschaft in Deutschland 1880-1930 und ihr Neubeginn nach 1945"
"Bilder vom Körper: Visualisierungspraktiken in medizinischen und populären Publikationen des 19. und 20. Jahrhunderts"
"Umstrittene Bilder. Visualisierung und Wissenschaft in der Moderne"

Die Hinwendung der Geschichtswissenschaft zum Bild polarisiert – soviel ließ sich an den Reaktionen auf das Motto „Geschichtsbilder“ im Umfeld des Historikertages in Konstanz unschwer ermessen. Auf der einen Seite brachten Vertreter einer Einbeziehung des Visuellen in die historische Forschung mit dem Pathos des Neuanfangs ihre programmatischen Verheißungen vor und setzten sich dabei von der bildfernen Praxis der gesamten bisherigen Geschichtswissenschaft (oder bisweilen gar vom Logozentrismus der abendländischen Geistesgeschichte überhaupt) ab. Auf der anderen Seite denunzierten Skeptiker die Bild-Konjunktur als modisches Geplänkel, das sich fernab von den wirklich relevanten Fragen an die Geschichte bewege.

Aus wissenschaftssoziologischer Distanz betrachtet, sind beide Extrempositionen zusammengenommen Anzeichen dafür, dass sich die Bildgeschichte im Anfangsstadium ihrer Etablierung als ein substanzieller, also aus dem Schattendasein einer spezialistischen Perspektive heraustretender geschichtswissenschaftlicher Ansatz befindet – wird die Verankerung neuer Forschungsrichtungen doch regelmäßig von den geschilderten Topoi der Auseinandersetzung begleitet. Der künftige Status des Bildlichen in der Geschichtswissenschaft ist damit keineswegs schon entschieden. In der gegenwärtigen Situation, die einerseits durch eine offenkundige Aufgeschlossenheit und Faszination für das Visuelle, andererseits durch die Abwehr der programmatischen Überschüsse gekennzeichnet ist, dürfte vielmehr einiges davon abhängen, welche genuinen historischen Aufschlüsse die Bildgeschichte zu bieten vermag.

Der Versuch, die Erkenntnismöglichkeiten einer historischen Analyse des Bildlichen zu erproben, erscheint daher derzeit als der sinnvollste Umgang mit der Konjunktur, die das Bild nun einmal hat. Und gerade hierin lässt sich der Ansatzpunkt der wissenschaftsgeschichtlichen Sektionen des Historikertages sehen. Insbesondere drei Sektionen – „Bilder vom Körper: Visualisierungspraktiken in medizinischen und populären Publikationen des 19. und 20. Jahrhunderts“, „Die historische Bildwissenschaft in Deutschland 1880-1930 und ihr Neubeginn nach 1945“ und „Umstrittene Bilder. Visualisierung und Wissenschaft in der Moderne“ – nahmen die Themenvorgabe des Historikertages als eine Aufforderung ernst, einen Bezug zum Visuellen herzustellen und gaben daher eine Probe aufs Exempel der historischen Bildforschung.

Einen ersten Schritt auf dem Weg zum Ausloten von deren analytischen Chancen stellt die historische Reflexion über den bisherigen Umgang der Geschichtswissenschaft mit dem Bild dar, wie sie die Sektion über die „Historische Bildwissenschaft in Deutschland“ unternahm. In den Referaten von Jens Jäger (Köln) und Martin Knauer (Hamburg), die den Zeitraum von den 1880er bis zu den 1980er Jahren abdeckten, wurde schnell deutlich, dass die Geschichte des Bildes in der deutschen Geschichtswissenschaft die Geschichte einer Abwesenheit ist. Jäger und Knauer verwiesen auf die bis an die Ausblendung grenzende Randständigkeit sowohl der Bildverwendung, als auch der Bildanalyse und der methodologischen Reflexion über die Aussagekraft des Bildes. Ihre Befunde waren durchweg negativ: Bis weit in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hinein gab es kein ausgefeiltes Instrumentarium der Bildanalyse; das Korpus war auf künstlerische Bilder beschränkt, die zudem meist nur illustrativ eingesetzt wurden, und die wenigen Forschungsprojekte zielten allein auf Sammlung und Authentifizierung. Die vereinzelten Ansätze zu einer reflektierten Bildforschung vor allem seit den 1960er Jahren ergeben kaum eine eindrucksvolle Ahnengalerie, aus der sich für gegenwärtige Erkenntnisinteressen Funken schlagen ließen.

Als ikonophiler Solitär in einer bilderlosen Zunft erscheint hingegen der Mediävist Percy Ernst Schramm (1894-1970). So zeigte Lucas Burkhardt (Basel), wie Bilder, insbesondere solche der politischen Herrschaft, für den stark von Aby Warburg beeinflussten Schramm zu einem eigenständigen Untersuchungsgegenstand avancierten.

Anfang/Mitte der 1980er Jahre zeichnet sich eine disziplinäre Zäsur ab, da die Bildforschung in der deutschen Geschichtswissenschaft nun einen Aufschwung nahm. Gerhard Paul (Flensburg) entwarf in seiner Aufzählung von Arbeiten der letzten rund zwanzig Jahre das eindrucksvolle Bild eines in Schwung gekommenen Forschungsfeldes – wenn seine Qualifizierung dieser Phase als „Paradigmenwechsel“, durch den die „Dominanz der Schrift“ abgelöst worden sei, auch sicherlich zu weit griff. Dabei skizzierte Paul den Wandel von einem anfänglich auf die ergänzende und korrigierende Funktion von Bildern konzentrierten Interesse, durch das sich die Materialbasis über Kunstwerke hinaus auf Plakate, Karikaturen, Fernsehsendungen u.v.m. ausweitete, hin zu konstruktivistischen Forschungsansätzen. So werden Bilder jüngst, etwa in der Erinnerungsgeschichte oder in der Forschung zur politischen Kommunikation, als bedeutungsgenerierende Medien untersucht, die historische Realität nicht nur abbilden, sondern ihrerseits hervorbringen.

Die Sektion leistete somit eine hilfreiche Sondierung des historischen Feldes, die mit plausiblen Periodisierungen verknüpft war. In der Diskussion wurde allerdings zurecht angemerkt, dass das Panorama durch die Einbeziehung von Teilbereichen der Geschichtswissenschaft abseits des mainstreams, in denen Bilder eine prominentere Rolle spielten, differenziert werden müsste. Zudem gaben die Vorträge zu weiterführenden Fragen Anlass, die sich nur aus einer stärker historiografiegeschichtlichen Perspektive beantworten ließen und weniger aus einer auf die Bilanzierung von bisherigen Defiziten und Verdiensten bezogenen Sicht, bei der die Referate stehen blieben. So erscheint die lange Abwesenheit des Bildes in der Geschichtswissenschaft ebenso erklärungsbedürftig wie seine machtvolle Ankunft in den letzten beiden Jahrzehnten. Insofern würde es sich lohnen, über die historischen Bedingungen des Aussparens von Bildern in der Geschichtsforschung nachzudenken wie auch darüber, was der gegenwärtige Bilderboom über unser gesellschaftliches Selbstverständnis aussagt.

Anschließend an die historische Selbstvergewisserung machten das genannte Referat von Paul wie auch der Kommentar Philipp Sarasins (Zürich) zu der Sektion „Bilder vom Körper“ deutlich, welche methodologischen Forderungen an die aktuelle historische Bildwissenschaft zu richten sind, um zu einer theoretisch durchdachten und ältere Verkürzungen überwindenden Analyse des Visuellen in der Geschichte zu gelangen. Sowohl Paul als auch Sarasin wiesen erstens darauf hin, dass es gelte, Bilder nicht länger nur in ihrer illustrativen Funktion oder als passiven „Spiegel“ historischer Prozesse zu betrachten, sondern vielmehr als aktive Deutungsmedien, die eine eigene Wirklichkeit erzeugen, die also Geschichte nicht nur reflektieren, sondern „machen“. Zweitens plädierten beide für eine Berücksichtigung des historischen Verwendungszusammenhanges von Bildern, bei der die mit ihnen verbundenen Praktiken und Medientechniken zu rekonstruieren seien. Drittens machte Paul auf die Vernachlässigung der ästhetischen Dimension in der bisherigen Analyse von statischen wie laufenden Bildern aufmerksam. Mit diesem Katalog sind in der Tat die gegenwärtigen Kernpostulate benannt, an denen sich eine visual history messen lassen muss. In dem Maße, wie sie diese einlöst, dürfte die Bildgeschichte eine über die bloße Erweiterung der Quellengrundlage weit hinausgehende Bereicherung des historischen Wissens darstellen und ein konzeptionelles Eigengewicht entfalten.

In den meisten weiteren Sektionsvorträgen liefen derartige methodologische Fragen mit, während ihr Schwerpunkt auf der exemplarischen Analyse des Zusammenhanges von Visualität bzw. Visualisierung und Wissenschaft in der Geschichte lag. Die Vortragenden nahmen dabei zwei unterschiedliche Perspektiven ein. So fragte Martina Heßler (Aachen) in ihrem Vortrag über „Visualität und Erkenntnis“ nach der Rolle des Sehens in der Naturwissenschaft der Neuzeit. Ihr Beitrag lässt sich somit den visual culture studies zurechnen, denen es um historische Sehweisen und -praktiken und nicht primär um Bilder und ihre Verwendung geht. Heßler bestimmte die Verbildlichung unsichtbarer Phänomene als ein Signum der neuzeitlichen Naturwissenschaft, das durch technische Innovationen wie das Teleskop und später das Mikroskop ermöglicht und befördert wurde. Anhand von zwei weit auseinander liegenden Momentaufnahmen verdeutlichte sie, dass die Sichtbarmachung des Unsichtbaren im frühen 17. Jahrhundert noch als Skandal galt, während naturwissenschaftliche Evidenz und Wahrheit gegen Ende des 19. Jahrhunderts in besonderem Maße an Sichtbarkeit gebunden waren. An Heßlers Vortrag wurde vor allem die Schwierigkeit deutlich, einen analytisch tragfähigen Begriff des historischen Sehens zu entwickeln. Denn während sie einerseits betonte, dass Sehen an Wissensbestände und an die visuelle Ausbildung gebunden, also kulturell bedingt und historisch relativ sei, ging sie andererseits von einer sukzessiven Verdrängung des Unsichtbaren in der neuzeitlichen Wissenschaft und damit von einem gerichteten Prozess aus, in dem sich durch die Verbesserung technischer Instrumente immer mehr (und nicht nur anders) sehen ließ. Problematisch erscheint daran, dass historisch nicht rekonstruierbar ist, was durch die Sichtbarmachung bestimmter Phänomene im Gegenzug unsichtbar wird (oder bleibt). Konsequent konstruktivistisch gedacht, ließe sich nur davon ausgehen, dass es zu jeder Zeit bestimmte Praktiken des Sehens gibt, durch die bestimmte Bereiche des Sichtbaren und Unsichtbaren geschaffen werden. Was sich historisch wandelt, ist die Grenze zwischen diesen Bereichen, ohne dass man von einer Zunahme des Sichtbaren oder des Unsichtbaren sprechen könnte.

Das Gros der wissenschaftsgeschichtlichen Vorträge fragte anders als Heßler nach der Rolle des Bildes im wissenschaftlichen Erkenntnisprozess und war somit in der Perspektive einer (wissenschafts-)historischen Bildforschung angelegt. In der Sektion „Visualisierung in der Wissenschaft“ führte Astrit Schmidt-Burkhardt (Berlin) die kognitiven Funktionen vor, die Diagramme zur Darstellung von historischen Sachverhalten erfüllen können. Indem sie betonte, dass Diagramme durch die Herstellung von Relationen und Ordnungen Sinn erzeugen, machte sie das konstruktive Moment von Abbildungen besonders deutlich. Demgemäß sprach sie Diagrammen auch einen argumentativen Mehrwert zu, der über die bloße Veranschaulichung hinausführe und bis hin zur Übermittlung ideologischer Botschaften – etwa sozialer Ressentiments in der Darstellung gesellschaftlicher Schichtungen – reichen könne.

Alexander Nützenadel (Frankfurt/Oder) zeigte die Rolle der Bildverwendung für die Autonomisierung der Wirtschaftswissenschaft in den letzten rund hundert Jahren. Nützenadel sah die Bedeutung ökonomischer Schemata darin, dass sie durch das Vorstellbarmachen wirtschaftlicher Sachverhalte das Verständnis des Ökonomischen entscheidend beeinflussten und mitunter sogar veränderten. Gerade weil die Wirtschaftswissenschaften nie eine eigene Bildsprache entwickelten, sondern auf Entlehnungen aus anderen Disziplinen angewiesen waren, konnten durch die Visualisierung neue Wissensordnungen entstehen, etwa wenn Ökonomen elektronische Modelle aus der Physik übernahmen und wirtschaftliche Zusammenhänge dadurch dynamisierten.

Die Sektion „Bilder vom Körper“ präsentierte verschiedene Versuche, Körperdarstellungen nicht nur als visuelle Repräsentationen medizinischen oder biologischen Wissens zu verstehen, sondern als Interpretationen des Körpers, die diesen in hohem Maße erst herstellen. Cornelius Borck (Montreal) zeigte dies am Beispiel des Mediziners und populärwissenschaftlichen Erfolgsautors Fritz Kahn (1888-1968), der physiologische Vorgänge durch bildliche Darstellungen aus dem Bereich der Technik anschaulich machte und damit, so Borck, körperliche Prozesse, die der Vorstellung unzugänglich waren, bildlich erschloss.

Susanne Holschbach (Leipzig) untersuchte medizinische Fotografien vom Ende des 19. Jahrhunderts, auf denen „hysterische“ Anfälle von Patientinnen und Patienten fixiert werden sollten. Holschbach deutete die Fotos als eine Beweisstrategie, mit der einer bestimmten Auslegung der Hysterie, die diese auf weibliche Irrationalität zurückführte, begegnet werden sollte.

Lutz Sauerteig (Durham) schließlich wies nach, inwieweit Bilder in Aufklärungsbüchern der 1960er und 1970er Jahre zur Stabilisierung der Geschlechterdifferenz beitrugen. Durch eine Analyse der Blicklenkung innerhalb der Abbildungen zeigte Sauerteig, dass in einer Zeit, in welcher der gesellschaftliche Wandel zur Verwischung der tradierten Geschlechterrollen führte, die Unterscheidung zwischen Mann und Frau über die Differenz der Genitalien als vermeintlicher anatomischer Gewissheit hergestellt wurde.

Den Vortragenden gelang es, den Beitrag ganz verschiedenartiger Bilder – Diagramme und Schemata, Zeichnungen und Fotos – zur wissenschaftlichen Erkenntnisproduktion plausibel herauszuarbeiten. Dabei wurde auch die Vielfalt der erkenntnisstützenden bzw. -generierenden Verfahren und Funktionen von Bildern deutlich, die sich nicht auf einen einfachen Zusammenhang festlegen lassen. Betrachtet man die Vorträge jedoch vor dem Hintergrund der auf dem Historikertag formulierten methodischen Postulate, so zeigten sich auch die Grenzen der Analyse. So fragte keiner der Referenten explizit nach der ästhetischen Dimension wissenschaftlicher Bilder. Ebenso kamen die historischen Bildtechniken und die Praktiken der Bildverwendung etwas kurz. Und auch in der Gretchenfrage des Eigenwertes der Bilder in der Geschichte ergibt sich ein mindestens zwiespältiger Befund. So stellte sich in der Diskussion des Vortrags von Nützenadel die Frage, ob man nicht die historische Konstruiertheit der wirtschaftswissenschaftlichen Abbildungen, die Art, wie diese historisch Sinn erzeugten, näher untersuchen müsse, um einen ganzen Schritt über die Analyse ihrer illustrativen Funktion hinauszukommen. In dem Referat von Holschbach wurde nicht ganz ersichtlich, ob die Hysteriker-Fotos lediglich der Veranschaulichung eines bereits gedeuteten klinischen Befundes dienten oder vielmehr aktiv zur Ausdeutung der Symptome beitrugen. Dass Bilder auch als historische Akteure zu verstehen sind, konnte am ehesten der Vortrag von Sauerteig nahelegen; doch gälte es auch hier erst zu fragen, ob die Abbildungen nicht als sekundäre, ergänzende Verbildlichung dessen fungierten, was im Begleittext der Aufklärungsbücher primär dargestellt war.

Schließlich führten die methodischen Überlegungen von Cornelia Brink (Freiburg) vor Augen, dass die Bildverwendung in der Wissenschaft auch eine selbstreflexive Dimension aufweist. Erachtet man historische Sehweisen als kulturell gebunden, so gilt das konsequenterweise auch für den Blick der Historikerin oder des Historikers, die in der Gegenwart Fotos geschichtswissenschaftlich analysieren. Am Beispiel der Fotos von Massenverbrechen führte Brink zwei gegenläufige Arten der Betrachtung vor: eine, die auf der Annahme beruht, dass der Blick auf Fotos von Verbrechen den Blick der Täter perpetuiert; und eine andere, die im Gegenteil davon ausgeht, dass in der postumen Solidarisierung mit dem abgebildeten Opfer dessen Würde restituiert werden kann. Damit machte Brink deutlich, wie stark die Sinnstiftung durch den Rezipienten die Bildaussage mitkonstituiert und wies auf die Bedeutung hin, die die Bewusstwerdung über die eigenen Sehkonventionen für die historische Bildanalyse hat.

In der Gesamtschau bleibt festzuhalten, dass die drei Sektionen die Frage nach dem historischen Zusammenhang von Bildlichkeit und Wissenschaft in einer durchweg anregenden und produktiven Weise für die Wissenschaftsgeschichte aufzugreifen suchten. Dazu trug nicht zuletzt eine sinnvolle interdisziplinäre Konzeption der Sektionen bei, in denen sich die Perspektiven von Historikern, Kunst-, Natur- und Sozialwissenschaftlern zumeist tatsächlich ergänzten. Nimmt man die Vorträge als Indikatoren für den Zustand der gegenwärtigen historischen Bildforschung, so zeigen sich indes auch zwei Problemkreise. Zum einen erscheint eine Reihe von theoretisch-methodischen Fragen bislang allenfalls ansatzweise geklärt. Das betrifft einen erkenntnistheoretisch überzeugenden Begriff des Sehens, auf den die – für sich bereits schwierige – Rekonstruktion historischer Sehweisen angewiesen ist. Es gilt auch für den großen Bereich der historischen Kontextualisierung von Bildern: Das Wissen über die historischen Bedingungen der Bildproduktion, über historische Bildkonventionen und die je nach Bildgenre verschiedene historische Bildwirkung stellt sich als derzeit ebenso lückenhaft wie vielfach schwer zu ermitteln dar. Schließlich gälte es näher über das Verhältnis von Bild und Text nachzudenken, das in den Diskussionen zu den Sektionsbeiträgen vielfach angesprochen wurde. Es ist zentral für die historische Analyse wissenschaftlicher Erkenntnisproduktion, umschließt aber auch das von Cornelia Brink angesprochene Problem, dass die Geschichtswissenschaft ihre historischen Bildbefunde stets versprachlichen muss. Zum anderen treten die Schwierigkeiten zutage, die bei der Einlösung der Ziele auftreten, die sich die historische Bildforschung selbst gesteckt hat. So ist das Plädoyer für eine über das Illustrative hinausgehende Bildanalyse, die die Historizität der Bildproduktion und -betrachtung ebenso mitreflektiert wie die kulturelle Determiniertheit des analysierenden Blicks, zwar in sich stimmig und überzeugend, in der Praxis jedoch keineswegs einfach umzusetzen.

Schließlich haben die Sektionen gezeigt, dass man die Bildgeschichte weniger als Teilbereich der Geschichtswissenschaft konzipieren sollte, denn als integrale Perspektive, als eine Frage, die sich in unterschiedlichen historischen Kontexten stellen lässt. Die Bildforschung wäre dann kein neuer Königsweg der Geschichtswissenschaft, aber eine gewinnbringende und das Verständnis der historischen Wirklichkeit sinnvoll erweiternde Dimension der historischen Analyse.

Dr. Jan Eckel ist seit 2004 wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Universität Freiburg. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Forschungen zur Historiografiegeschichte und zur Wissenschaftsgeschichte im 20. Jahrhundert. Aktuelles Forschungsprojekt: Geschichte der internationalen Menschenrechtspolitik. E-Mail: <jan.eckel@geschichte.uni-freiburg.de>

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