Juedisches Museum Berlin / Jewish Museum Berlin

Juedisches Museum Berlin / Jewish Museum Berlin

Veranstalter
Jüdisches Museum Berlin Lindenstraße 9-14 10969 Berlin (13790)
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13790
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Rezensiert fuer "Museum Professionals" und VL Museen von Christian P. Gudehus, Berlin Email:

Was bleibt, zaehlt.
Kritische Ueberlegungen zum Juedischen Museum Berlin

Einleitung

"Es sei 'kein Museum fuer Juden', so sein Direktor W. Michael Blumenthal waehrend der spektakulaeren Eroeffnung des Hauses, sondern fuer Deutsche." 1 In die Falle, Juden von Deutschen zu trennen, sind schon Viele getappt. Dass dies dem Direktor des Juedischen Museums Berlin widerfaehrt, erstaunt zunaechst, geschieht jedoch, betrachtet man die Ausstellung, nicht zufaellig. Im folgenden sollen weder die Architektur, noch die Auswahl der Exponate thematisiert werden, dem haben sich schon eine Vielzahl von Artikeln mit recht unterschiedlichem Ergebnis gewidmet - unter anderem S. Reid an gleicher Stelle. 2 Diese Rezension hat das Bild zum Focus, welches im Museum bezueglich der juedischen Bevoelkerung Deutschlands (im weitesten Sinne) erzeugt wird, oder etwas offener formuliert, welche Vorstellung von juedischer Kultur in allen Teilen des Museums gefoerdert wird. Wie in der Ausstellung, werden dabei die Erscheinungsformen des Antijudaismus Teil der Betrachtung sein.

Antijudaismus und Antisemitismus

"Auch 60 Jahre danach und trotz intensiver Forschung entzieht es sich letztlich jeder rationalen Erklaerung, warum Millionen von Menschen aus dem einzigen Grund ermordet wurden, dass sie Juden waren - oder aus rassistischen Gruenden als solche definiert wurden." Dieser Satz findet sich im Learning Center des Juedischen Museums unter dem Stichwort Holocaust. Man liest ihn, der Konzeption folgend, nach dem Rundgang durch die Ausstellung, bei dem Versuch, moeglicherweise offene Fragen zu klaeren. Obwohl das Learning Center in dieser Rezension erst weiter unten besprochen wird, stelle ich diesen Satz an den Anfang, da sich in ihm die Haltung des Museums - also mithin seiner Gestalterinnen und Gestalter, das sei immer mitgedacht - zur negativen Seite des Verhaeltnisses der als Juden in der deutschen Geschichte bezeichneten und eben der Nichtjuden geradezu paradigmatisch zeigt. Auf Nachfrage wurde der Satz relativiert: "Grundsaetzlich gaebe es schon eine Vielzahl auch hilfreicher Erklaerungen, letztlich jedoch, bleibe die Vernichtung unerklaerlich." Die sich im obenstehenden Zitat findende Einstellung, zeigt sich in den Bezugnahmen auf den Antijudaismus und spaeter den Antisemitismus.

Den Besucherinnen und Besuchern begegnet negatives Verhalten gegenueber der juedischen Bevoelkerung schon recht frueh. Auf der Tafel "Licht und Schatten des Mittelalters" finden sich folgende Saetze "[...] Juden waren hoch angesehen: Sie wirkten als Mittler zwischen Sued- und Mitteleuropa, viele von ihnen hatten weitraeumige Geschaeftsbeziehungen. Die ersten schweren Verfolgungen von Juden setzten 1096 ein." Das die weitraeumigen Geschaeftsbeziehungen der Grund fuer die Verfolgungen waren, wie es gaenzlich Unbedarften erscheinen koennte, werden die Ausstellungsmacher kaum intendiert haben. Festzuhalten ist: Verfolgung tritt unvermittelt und zunaechst auch un-begruendet ein. In gleicher Weise erscheint die Verfolgung in einem kurzen Film, der ueber fruehe juedische Siedlungen in Worms, Speyer und Mainz berichtet. Auf der Tafel "Einschraenkung und Vorurteile" wird nochmals auf obiges Datum Bezug genommen: "Ab 1096 aenderte sich mit den Kreuzzuegen die Situation der Juden drastisch. Man beschuldigte sie des Mordes an Christus, und es begann die Zeit der Pluenderungen und Massaker." Hier nun findet sich erstmals ein Grund fuer die Verfolgung.

Durch das Reflexivpronomen "Man" entsubjektivierte - ja was eigentlich, kann hier schon von Taetern gesprochen werden? - Handelnde massakrieren "die Juden" aus religioesen Gruenden. Dadurch, dass diese Handelnden nicht naeher bestimmt werden, als Subjekte der Handlungen, und da Gruende wie es denn zu solchen Beschuldigungen kommen konnte gaenzlich fehlen, erhaelt die Verfolgung einen ersten objektiven Zug. Diese Darstellungsweise setzt sich fort, so auf der Tafel "Der Jude als Suendenbock" Dort heisst es: "Viele Christen glaubten, Juden wuerden fuer ihre religioesen Rituale Menschenblut benutzen [...] Um 1347 erfasste die Pest Europa. Tausende erlagen der Epidemie, und man suchte vergeblich nach Erklaerungen und Heilmethoden. So verbreitete sich das Geruecht, Juden haetten die Brunnen vergiftet. Damit begann eine neue Phase der Verfolgung und Ermordung. Bis ins 19. Jahrhundert wurden Juden solche und aehnliche Beschuldigungen entgegengebracht." Zunaechst gibt es noch Subjekte "Viele Christen", deren Taetigkeit sich jedoch auf das Glauben beschraenkt. Sobald die Handlungen einen eindeutig negativen Charakter erhalten, verschwinden die Subjekte. Geruechte verbreiteten sich und Beschuldigungen wurden entgegengebracht, die Verfolgung begann.

Gleiches findet sich auf der Tafel "Duestere Schauermaerchen": Im spaeten Mittelalter kursierten Geruechte ueber Juden, die als Vorwand zu Pluenderungen dienten. Vorwuerfe wie Hostienfrevel, Ritualmord und Brunnenvergiftung fuehrten immer wieder zu antijuedischen Uebergriffen und Morden." Diese Darstellungsform beschraenkt sich nicht auf das Mittelalter, als Beispiel seien hier kurz zwei weitere Textstellen aus dem hinteren Teil der chronologisch organisierten Ausstellung aufgefuehrt: "Das Ziel des Antisemitismus war es, die Gleichberechtigung der Juden aufzuheben und die juedische Bevoelkerung zurueck an den Rand der Gesellschaft zu draengen." Der subjektlose Antisemitismus tritt hier als wollendes, ein Ziel verfolgendes Subjekt auf. Spaeter ist noch zu lesen: "[...] denn in Deutschland schwelte der AS."

Das Learning Center, das - wie bereits oben angesprochen - helfen soll, eventuelle Luecken zu fuellen, kommt dieser Aufgabe jedoch nur in Teilen nach. Zunaechst einige Worte zur Einrichtung selbst. Es besteht im Kern aus mehreren Terminals, die Informationen ueber das Gesehene und darueber hinaus beinhalten. So finden sich unter anderem ein Lexikon, ein Katalog, der auf in der Ausstellung Gezeigtes zurueckgreift, und Filmdokumente. Es gibt fuer die Zukunft, wie fuer alle Bereiche des Museums, weitreichende Plaene, die bis hin zu wissenschaftlichen Kolloquien, der Zusammenarbeit mit Schulen und die moegliche Beteiligung an der Lehrerweiterbildung reichen. Bemerkenswert ist, dass auch aeltere Besucher sich intensiv an den Terminals mit Informationen versorgen. Schade jedoch ist wiederum, dass sich hier die Tendenz der Ausstellung fortsetzt, den Antijudaismus und Antisemitismus weitgehend unbegruendet zu lassen. Zu finden sind Hinweise auf die religioese Feindschaft und wirtschaftliche Interessen, angefuegt wird die Wahrnehmung der juedischen Bevoelkerung als "Zerrbild der Moderne". Hinzu kommt einzig folgende Information: "Die Juden dienten als Suendenboecke."

Zusammenfassend wage ich bis hierhin zu sagen, dass die Verfolgung der juedischen Bevoelkerung voellig unvermittelt, aus religioesen Gruenden bzw. auf Basis von Geruechten und ohne Subjekte der Tat in der Ausstellung auftritt. Ich bezeichnete dies als ersten Schritt der Objektivierung der Judenfeindschaft. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass dies ein Bild bei den Besucherinnen und Besuchern evoziert, in dem der Antijudaismus als selbstverstaendlich, quasi natuerlich, erscheint. Und sei es nur im Unbewussten.

Bezueglich dieser Kritik, die natuerlich auch Gegenstand von Rueckfragen war, wurde im wesentlichen Folgendes erwidert:

- 1. Der Antijudaismus und spaeter der Antisemitismus wird in den Schubladen, die an verschiedenen Punkten der Ausstellung zu finden sind, thematisiert. - 2. Das Juedische Museum ist, wie der Name schon nahe legt, kein Holocaust-Museum. - 3. Die Ausstellung richtet sich nicht an ein wissenschaftliches Publikum, folglich sind die Texte einfach zu halten.

Dazu ist zu sagen:

- zu 1. Diese Schubladen sind ein gestalterisch deutlich von den sonstigen Darstellungsformen abweichendes Ausstellungselement. An verschiedenen Stellen finden sich Schubladentuerme. Jedes Fach enthaelt Hinweise zu Erscheinungsformen des Antijudaismus, etwa bezueglich der Ritualmordvorwuerfe und aehnliches. Und darauf sind sie inhaltlich auch beschraenkt. Gruende und Ursachen werden nicht thematisiert. - zu 2. Das stimmt, ist jedoch irrelevant. Ziel der Betrachtung, ist herauszuarbeiten, dass ein Bild bezueglich der Ausgrenzung und Verfolgung evoziert wird und welcher Gestalt dies ist. Bewusst habe ich dabei uebrigens auf Beispiele aus der Zeit des Nationalsozialismus verzichtet. - zu 3. Gerade weil die Besucher eben Laien sind, duerfen sie nicht allein gelassen werden. Dass unzulaessige Vereinfachung, neben wissentlicher Falschinformation und anderen Faktoren, ihre Rolle bei der Verbreitung des Antisemitismus hatte und auch noch hat, sollte nicht eigens erwaehnt werden muessen. Die Crux liegt eben darin, dass die Zurueckhaltung nicht dazu geeignet ist, kein Bild zu erzeugen.

Bunt aber nicht vielfaeltig

Wie angesprochen bestehen viele der im Museum Beschaeftigten darauf, dass es sich beim juedischen Museum nicht um eines des Holocaust handelt. Im Gegenteil soll der Kurzschluss JUDEN - OPFER - VERNICHTUNG vermieden werden. "Ziel ist eine Darstellung, die den ambivalenten Charakter des deutsch-juedischen Verhaeltnisses wiedergibt. Die Aufs und Abs dieser Beziehung sollen gezeigt werden." Auf die eine Praezisierung erhoffende Frage nach moeglichen Wuenschen bezueglich dessen, was Besucherinnen und Besucher mitnehmen sollen, wurde sehr zurueckhaltend reagiert. Es gaebe keine Lernziele, hoerte ich haeufig, ohne explizit danach gefragt zu haben. Die Auffassung, dass, wenn man nichts intendiert, man auch nicht etwas Bestimmtes evoziert, habe ich schon versucht am Beispiel der Darstellung des Antijudaismus im Museum als truegerisch herauszustellen. Ein aehnliches Problem vermeine ich zu erkennen, wo es um die Ausstellung juedischer Kultur ohne Einbeziehung des Antijudaismus geht. Die Frage ist noch immer: Welches Bild juedischer Kultur wird im Museum gefoerdert? Ist es eines, dass bemueht ist, moeglichst adaequat Vergangenes abzubilden? Das waere schliesslich zu wuenschen.

Unstrittig ist, dass der Begriff der historischen Wahrheit mit Vorsicht zu geniessen ist. Bezugnahmen auf Vergangenes sind immer wesentlich durch je gegenwaertige Interessen bestimmt. Das ist weder schlecht noch gut, aber zur Kenntnis zu nehmen. Sich dessen bewusst zu sein, ist ein erster Schritt, dem entgegenzuwirken, ein zweiter. Unbestritten bleibt auch, dass hinsichtlich des Praesentierten auszuwaehlen ist. Auch waere es naiv zu behaupten, es gaebe objektive Kriterien fuer eine solche Auswahl. Mir scheint jedoch, und das soll im folgenden naeher erlaeutert werden, ein inhaltlich einseitiges Bild juedischer Kultur und Menschen gezeigt zu werden.

Erste Beispiele finden sich erneut im Ausstellungsteil zum Mittelalter: "Juedische Gelehrte waren fuer ihre astronomischen Studien bekannt." Etwas frueher wird ueber die guten internationalen Kontakte juedischer Aerzte berichtet, die Grund fuer ihre besonderen Faehigkeiten, die sie oft in den Dienst von Herrschern stellten, waren. Auch finden sich Hinweise etwa auf Hausierer, nicht ohne auf ihr schweres Los hinzuweisen. Ausfuehrliche Wuerdigung erfaehrt der Beitrag juedischer Intellektueller an der deutschen Kultur. Goethe erhaelt als einziger Nichtjude, da er von ihnen ja sehr verehrt wurde, trotz seiner wenig positiven Aeusserungen gegenueber den Juden, einen Platz im Museum. Nicht fehlen darf der im ersten Weltkrieg hochdekorierte Soldat juedischen Glaubens, der dennoch, obwohl er ein so guter militaristischer Deutscher war, verfolgt wurde. Gerade das Beharren auf diesen Ausstellungsteil, den man in vielen Einrichtungen findet, offenbart die Fortsetzung der fundamentalen Fehleinschaetzung der Ursachen und Gruende des Antisemitismus. Insgesamt entsteht vor den Augen der Besucherinnen und Besucher ein Bild juedischer Menschen und juedischer Kultur auf einer sehr konservativen Folie, die den Ausschluss allen Kritischen und nicht dem buergerlichen Konsens Zugehoerigen beinhaltet und somit hinter deren tatsaechlicher Vielfaeltigkeit zurueckbleibt. Prominentestes Beispiel dafuer ist Karl Marx (Waehrend meiner Recherche im Museum nutzte eine Besucherin die Moeglichkeit, ueber einen Computer ihre Frage auf zwei Lauftextflaechen in und vor der Ausstellung zu stellen: "Marx fehlt"). Andere, wie Walter Rathenau etwa, werden passend zur Intention der Ausstellung vorgestellt. Jede Bezugnahme auf stark abweichendes Verhalten wird unterlassen. Das schmerzt besonders in der Kunst. Es gibt keine Juden, die Kriege begannen, Moerder waren oder ueber sonst wie negative Eigenschaften verfuegten. Um Fehlinterpretationen vorzubeugen, soll an dieser Stelle ausdruecklich darauf hingewiesen werden, dass den Vorwurf einseitig zu sein, sich jede Ausstellung gefallen lassen muss, die Geschichte und Kultur ohne die wenig erfreulichen Seiten der Menschen zeigt.

Zusammenfassend laesst sich diese Form der Darstellung als eine ohne Ecken und Kanten beschreiben. Die Chance einer wirklich differenzierten Darstellung juedischen Lebens und juedischer Kultur, wurde bisher nicht ausreichend wahrgenommen. Dass dennoch ein Eindruck von Vielfaeltigkeit entsteht, liegt vorrangig in der Art der Praesentation, die sehr abwechslungsreich ist. Unter diesem Auseinanderfallen von Form und Inhalt leidet die Ausstellung.

"Die Juden"

Unbestritten ist, dass es nicht "den Juden" gibt, genauso wenig wie "den Deutschen". Beide existieren allenfalls als Klischee. Ich möchte nicht so weit gehen zu sagen, dass im Juedischen Museum ein solches klischeehaftes Bild der juedischen Bevoelkerung Deutschlands gezeichnet wird. Allerdings liefern meine bisherigen Argumente schon Hinweise auf die Aussparung ganz bestimmter Aspekte. Es ist unklar, warum das geschieht. Wohl kaum, um antisemitisch denkenden Menschen keine Ansatzpunkte zu liefern. Sie finden immer welche, egal wie ausgewogen die Darstellung auch sein mag. So bleibt die Frage: Warum dieses zwar bunte, aber dennoch hinter dem Reichtum juedischer Kultur zurueckbleibende, konservative Bild. Es scheint, als solle es beeindrucken: "Mann, was waren das fuer tolle Menschen" hoert man den solchermassen begeisterten Besucher sagen. Immerhin ist auch das ein Ziel.

Die Gleichmacherei findet sich erneut bis hinein in die Texte. Unter dem Stichwort "Assimilation" steht im Lexikon des Learning Centers zu lesen: "Assimilation im Sinne einer 'Verschmelzung' wurde von den deutschen Juden abgelehnt." Da bliebe nur anzufuegen, dass die nichtjuedischen Deutschen entsprechendes auch nicht wollten. Es waere genauso falsch. Angesichts des wissenschaftlichen Sachverstands auf den die Ausstellungsmacher zurueckgreifen konnten, bleiben solche Saetze unverstaendlich. Es draengt sich der Verdacht auf, dass die gewaehlte Methode, Texte letztlich von Publizisten, Journalisten produzieren zu lassen, mit ihrer inhaltlichen Schwaeche zu tun hat. Ohne jeden Zweifel kranken viele Ausstellungen daran, dass sie keine sind, sondern Buecher mit ein paar Bildern und Objekten. Ein gutes schlechtes Beispiel dafuer ist die neue Wehrmachtsausstellung. Eine differenziertere Darstellung muss aber nicht zwangslaeufig mit langen und schwierig verstaendlichen Saetzen bezahlt werden. Oben kritisierter Satz liesse sich mit wenigen Aenderungen dem beschriebenen Sachverhalt deutlich adaequater formulieren.

Schluss

Es ging in dieser Besprechung darum zu verdeutlichen, welches Bild bezueglich seines Ausstellungsgegenstandes im Juedischen Museum Berlin insbesondere in den Texten gefoerdert wird. Ob und welche Auswirkungen dies bei der sehr inhomogenen Gruppe der Besucherinnen und Besuchern des Hauses hat, kann bis jetzt nur vermutet werden. Das Museum verfuegt ueber eine Abteilung fuer Empirie, die in vielerlei Hinsicht beispielhaft ist. Gerade im Gegensatz zu der ueberwiegenden Zahl deutscher Ausstellungsstaetten. In Gedenkstaetten etwa findet Besucherinnenforschung nur sehr eingeschraenkt statt. Bezueglich der Les- und Verstehbarkeit von Texten sowie der Orientierung in der Ausstellung sind die Ergebnisse verschiedener Erhebungen der angesprochenen Abteilung ueberaus wertvoll. Zu bemaengeln ist allerdings, dass bisher die Frage nach dem, was bleibt, nach dem, was die Besucherinnen und Besucher mitnehmen, nicht gestellt worden ist. Grund dafuer ist die schon erwaehnte starke Abneigung, Lernziele zu formulieren. Das hat aus didaktischer Sicht durchaus seine Berechtigung, nur ist daraus leider bisher der Schluss gezogen worden, dass man auch nicht danach fragen muesse, was denn tatsaechlich in den Koepfen bleibt. Wie ich versucht habe darzulegen, wird immer ein Bild evoziert, wie unscharf dies auch sein mag und ob intendiert oder nicht. Dessen Gestalt mit qualitativen Methoden zu erforschen, scheint mir ein lohnendes Ziel. Das gilt insbesondere fuer eine Ausstellung, die mitsamt des Learning Centers in einer staendigen Entwicklung begriffen ist. Insofern sind vorstehende Ueberlegungen lediglich als Anregung fuer ein in vielen Aspekten, die hier nicht Thema sein konnten, gelungenes Projekt zu verstehen.

Nachsatz:
Ich muss und will mich ausdruecklich bei den Mitarbeiterinnen des Juedischen Museums Berlin fuer ihre Hilfsbereitschaft und Offenheit mir gegenueber bedanken. Dass die Rezension so kritisch geriet, liegt einzig im Gegenstand begruendet. Saemtliche Aussagen von Mitarbeiterinnen des Juedischen Museums Berlin entstammen aus einer Vielzahl von Gespraechen, die der Autor im Dezember 2001 und Januar 2002, zum geringeren Teil telefonisch, gefuehrt hat. Aus sicherlich nachvollziehbaren Gruenden sind diese Aussagen anonymisiert wiedergegeben worden.

Autor:
Christian P. Gudehus ist Sozialwissenschaftler und lebt in Berlin. Neben der Arbeit an seiner Dissertation ueber die Tradierung von Wissen ueber die Zeit des Nationalsozialismus in Schulen und Gedenkstaetten ist er u.a. als freier Mitarbeiter fuer die Forschungs- und Arbeitsstelle "Erziehung nach/ueber Auschwitz" (FAS) taetig. E-Mail: ChristianGudehus@fasena.de

Anmerkungen:
1 Wilink, Andreas. Das Juedische Museum Berlin (Teil1): Schrei aus Stein und Sound der Technik, in: Westdeutsche Zeitung (Kultur), 15.9.2001. 2 Vgl. die Rezension von Susannah Reid, VL Museen, 21.11.2001 (in Englisch): http://www.vl-museen.de/aus-rez/reid01-1.htm , veroeffentlicht in "Museum Professionals" am 20.11.2001: http://hclist.de/pipermail/museum/2001-November/000629.html

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