Anatomie im Nationalsozialismus und das Vienna Protocol – Vom Umgang mit dem materiellen und immateriellen historischen Erbe

Kolloquium Provenienzforschung am 11. Dezember 2023

Veranstalter
Deutsches Zentrum Kulturgutverluste
PLZ
39104
Ort
Magdeburg
Land
Deutschland
Findet statt
Digital
Vom - Bis
11.12.2023 -
Von
Lena Grundhuber, Deutsches Zentrum Kulturgutverluste

Am Montag, 11. Dezember 2023, 18 Uhr, hält Dr. med. Sabine Hildebrandt einen Vortrag über „Anatomie im Nationalsozialismus und das Vienna Protocol – Vom Umgang mit dem materiellen und immateriellen historischen Erbe“.

Kolloquium Provenienzforschung am 11. Dezember 2023

Das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste lädt in Kooperation mit CARMAH (Centre for Anthropological Research on Museums and Heritage) zur Veranstaltungsreihe „Kolloquium Provenienzforschung“ ein.

Am Montag, 11. Dezember 2023, 18 Uhr, hält Dr. med. Sabine Hildebrandt einen Vortrag über „Anatomie im Nationalsozialismus und das Vienna Protocol – Vom Umgang mit dem materiellen und immateriellen historischen Erbe“.

Die Anatomie gehörte zu den medizinischen Wissenschaften, die in der Zeit des Nationalsozialismus (NS) von den kriminellen Aktivitäten des Regimes nicht nur profitierten, sondern sich aktiv daran beteiligten. Während jüdische und politisch oppositionelle Anatom:innen verfolgt und vertrieben wurden, trat die überwiegende Mehrzahl der Verbliebenen der NSDAP aus Überzeugung oder Opportunismus bei (5% waren Frauen, und keine davon in führender Position). Fachlich profitierten Anatom:innen von der Arbeit mit Leichen von NS-Opfern, zu denen auch Hingerichtete gehörten, und die in Lehre und Forschung eingesetzt wurden. Die ethische Entgrenzung führte sogar bis zum Mord für anatomische Zwecke.

Zum materiellen Erbe aus dieser Zeit gehören Gewebesammlungen, die sich noch lange nach dem Krieg in Instituten befanden und wahrscheinlich noch nicht alle gefunden wurden. Das immaterielle Erbe besteht aus Aufsätzen, Büchern und anatomischen Atlanten, die auf den Arbeiten mit Leichen der NS-Opfer beruhen. Das Vienna Protocol von 2017 bietet Empfehlungen nicht nur zum Umgang mit den menschlichen Überresten von NS-Opfern, sondern auch mit den Daten und Bildern, die aufgrund der Arbeit mit ihnen entstanden sind. Im Gegensatz zu anderen bisherigen Richtlinien orientiert sich das Vienna Protocol wesentlich an jüdischer Medizinethik.

Die Geschichte der Anatomie im Nationalsozialismus hat Resonanzen mit der Geschichte der Anthropologie im Kolonialismus und anderen Unrechtskontexten. Transparenz und die Frage nach einem angemessenen Umgang mit diesem Erbe stellen nicht nur ein wesentliches Prinzip in Forschung und Lehre dar, sondern sollen auch das zentrale Thema des Vortrags sein.

Sabine Hildebrandt lehrt Anatomie und Geschichte der Anatomie an der Harvard Medical School und am Harvard College. Ihre Forschungsinteressen sind Geschichte und Ethik der Anatomie und ihr pädagogischer Ansatz integriert Anatomie, Medizingeschichte und Medizinethik. Neben anderen Veröffentlichungen über Medizin, Nazideutschland und den Holocaust ist ihr 2016 erschienenes Buch The Anatomy of Murder: Ethical Transgressions and Anatomical Science during the Third Reich die erste systematische Untersuchung der Anatomie in Nazideutschland.

Die Veranstaltung findet als Videokonferenz über Webex statt. Die Teilnahme ist kostenfrei, jedoch nur nach Anmeldung bis 08. Dezember 2023 möglich. Die Teilnehmer:innen erhalten am Tag der Veranstaltung die Zugangsdaten.

Anmeldungen an:
Deutsches Zentrum Kulturgutverluste
Heinrich Natho
Humboldtstraße 12 / 39112 Magdeburg
Telefon +49 (0) 391 727 763-23
veranstaltungen@kulturgutverluste.de

Mit Ihrer Anmeldung und der Teilnahme erlauben Sie dem Veranstalter, die Veranstaltung aufzuzeichnen und für die Öffentlichkeitsarbeit und die Dokumentation zu nutzen (§ 22 KunstUrhG). Der Veranstalter erhebt, verarbeitet und nutzt Ihre personenbezogenen Daten im Rahmen der Wahrnehmung der satzungsgemäßen Aufgabe des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste.

https://kulturgutverluste.de/meldungen/kolloquium-provenienzforschung-zum-umgang-mit-materiellem-und-immateriellem-historischem
Redaktion
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Land Veranstaltung
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Deutsch
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