Taube Juden waren in der NS-Zeit eine doppelt gefährdete Minderheit: Durch ihre ethnische und religiöse Zugehörigkeit wurden sie verfolgt und deportiert. Zudem wurden sie wie Menschen mit geistiger Behinderung behandelt, denen entsprechend der NS-Rassenlehre Zwangssterilisation oder Krankenmord im Rahmen der „Aktion T4“ drohte. Ihre Sinnesbeeinträchtigung konnten viele Gehörlose jedoch geschickt verschleiern. In den Konzentrationslagern wurden sie dann meist als arbeitsfähig eingestuft, was ihre Chance zu überleben erhöhte. Doch sobald ihre Taubheit erkannt wurde, drohte die sofortige Ermordung. Bekannt ist dies nur durch die wenigen Überlebenden, deren Geschichte lange nicht erforscht wurde.
Der Historiker und Pädagoge Mark Zaurov berichtet über seine Forschung zum Deaf Holokaust und Deaf Studies. Er referiert außerdem im Zusammenhang mit dem Art. 30, Abs. 4 der UN-Behindertenrechtskonvention über die Förderung der Gehörlosenkultur, die für eine paritätische Erinnerungskultur vonnöten ist. Mark Zaurov hat an der Universität Hamburg Geschichtswissenschaften, Pädagogik und Gebärdensprache studiert und promoviert interdisziplinär über taube Juden in Kunst, Politik und Wissenschaft vom 19. bis zum 21. Jahrhundert.