Die fließenden Grenzen des Kolonialismus. Vor- und Nachteile einer postkolonialen Perspektive für die Erforschung der nord- und ostmitteleuropäischen Regionen

Die fließenden Grenzen des Kolonialismus. Vor- und Nachteile einer postkolonialen Perspektive für die Erforschung der nord- und ostmitteleuropäischen Regionen

Veranstalter
Gemeinsame Tagung und Nachwuchsworkshop des Nordost-Instituts Lüneburg und des Herder-Instituts Marburg (Nordost-Institut, Lüneburg)
Ausrichter
Nordost-Institut, Lüneburg
PLZ
21335
Ort
Lüneburg
Land
Deutschland
Findet statt
In Präsenz
Vom - Bis
21.11.2023 - 24.11.2023
Deadline
01.05.2023
Von
Agnieszka Pufelska, Nordost-Institut (IKGN e.V.)

Die fließenden Grenzen des Kolonialismus. Vor- und Nachteile einer postkolonialen Perspektive für die Erforschung der nord- und ostmitteleuropäischen Regionen

Inwieweit die Anwendung postkolonialer Theorien, Fragen und Ansätze für ein Verständnis der Geschichte des östlichen Europas neue Perspektiven eröffnen kann?

The fluid boundaries of colonialism. Advantages and disadvantages of a postcolonial perspective for the study of North and East Central European regions

To what extent the application of postcolonial theories, questions and approaches can open up new perspectives for an understanding of the history of Eastern Europe?

Die fließenden Grenzen des Kolonialismus. Vor- und Nachteile einer postkolonialen Perspektive für die Erforschung der nord- und ostmitteleuropäischen Regionen

Der Aufruf „Dekolonisiert Euch!“ lenkt die Aufmerksamkeit auf die koloniale und postkoloniale Geschichte, die Europa mit außereuropäischen Entwicklungen verbindet. In diesem Zusammenhang entbrannte die Diskussion, inwieweit die Anwendung postkolonialer Theorien, Fragen und Ansätze auch für ein Verständnis der Geschichte des östlichen Europas neue Perspektiven eröffnen kann.

Die gemeinsam vom Nordost-Institut und Herder-Institut konzipierten Veranstaltungen, eine wissenschaftliche Tagung und ein Workshop für Nachwuchswissenschaftler:innen, nehmen diese Diskussion auf und verbinden sie mit einer kritischen Auseinandersetzung mit den postkolonialen Theorien und Ansätzen sowie ihrer Anwendbarkeit auf das östliche Europa. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Geschichte derjenigen Regionen, die im heutigen Polen, Litauen, Lettland, Estland, Belarus und der Ukraine liegen.

Die als „(post)kolonial“ gedeuteten Diskurse und Praktiken überlagerten sich dort mit anderen für multiethnische Regionen spezifischen Prozessen. So lassen sich einerseits Formen eines „Nachbarschaftskolonialismus“ ausmachen, der auf nationale Homogenisierung und Durchsetzung hegemonialer Herrschaft ausgerichtet war und von einer expliziten Zivilisierungsmission begleitet wurde. Anderseits bestanden teils über Jahrhunderte überdauernde Machkonstellationen fort, die von vornherein einen asymmetrischen Charakter besaßen und sich nicht pauschal auf ein Ausbeutungsverhältnis zwischen „Kolonisierten“ und „Kolonisatoren“ reduzieren lassen.

Bereits diese kurze Problematisierung macht deutlich, dass der von Michael Hechter 1975 am Beispiel Großbritanniens entwickelte Begriff des internal colonialism die Pluralität der nord- und ostmitteleuropäischen Räume nicht ausreichend zu beschreiben vermag. Zweifellos lagen auch hier den forcierten Homogenisierungsprozessen koloniale Machtdiskurse zugrunde, dennoch lässt ein mikrohistorischer Blick auf die verschiedenen regionalen und lokalen Ebenen eine multidimensionale Bandbreite der praktischen Umsetzung erkennen.

Auf beiden Veranstaltungen sollen Untersuchungsperspektiven aufgezeigt werden, wie z.B.:

- die vielschichtigen Interaktionen innerhalb sozial, kulturell, ethisch, national hochdifferenzierten Gesellschaften
- eine historische Kolonisation fern von einer linearen Prozesshaftigkeit
- ein potentielles Scheitern kolonialer Herrschaftsstrategien
- und die Anwendbarkeit postkolonialer Theorien auf innereuropäische hegemoniale und imperiale Machtverhältnisse

Auf der Tagung und dem Workshop sollen die Besonderheiten der erwähnten Regionen analysiert und die Anwendbarkeit der Fragestellungen, Ansätze und Theorien (post)kolonialer Studien einer kritischen Reflexion unterzogen werden.
Wir laden Forschende verschiedener historischer Fachrichtungen ein, die sich mit den genannten Ansätzen beschäftigen.

Die Veranstaltung gliedert sich in zwei Teile:

- einen Workshop für Nachwuchswissenschaftler:innen am 21. und 22. November 2023, bei dem Themen und Ansätze vertieft diskutiert und Forschungsprojekte vorgestellt werden sollen, sowie
- eine wissenschaftliche Tagung vom 22. bis 24. November 2023

Es ist für Nachwuchswissenschaftler:innen möglich, an beiden Veranstaltungen oder nur an der Tagung oder dem Workshop teilzunehmen und dafür Beiträge vorzuschlagen. Veranstaltungssprachen sind Deutsch und Englisch.

Für die Referent:innen werden Fahrt- und Übernachtungskosten gemäß Bundesreisekostengesetz (BRKG) übernommen. Teilnahmegebühren gibt es nicht.

Bitte senden Sie Ihr Exposé in deutscher oder englischer Sprache und im Umfang von ca. 300 Wörter zusammen mit einem Kurz-CV bis zum 1. Mai 2023 an sekretariat@ikgn.de mit dem Hinweis, an welchem Teil der Veranstaltungen Sie teilnehmen wollen.

The fluid boundaries of colonialism. Advantages and disadvantages of a postcolonial perspective for the study of North and East Central European regions

The call "Decolonise yourselves!" draws attention to the colonial and postcolonial history that links Europe with outer-European developments. In this context, the discussion flared up to what extent the application of postcolonial theories, questions and approaches can also open up new perspectives for an understanding of the history of Eastern Europe. The events jointly conceived by the Nordost-Institut and the Herder-Institut, an academic conference and a workshop for young scholars, take up this discussion and combine it with a critical examination of postcolonial theories and approaches and their applicability to Eastern Europe. The focus is on the history of those regions located in present-day Poland, Lithuania, Latvia, Estonia, Belarus and Ukraine.

The discourses and practices interpreted as "(post)colonial" overlapped there with other processes specific to multi-ethnic regions. Thus, on the one hand, forms of "neighbourhood colonialism" can be identified that were oriented towards national homogenisation and the enforcement of hegemonic rule and were accompanied by an explicit civilising mission. On the other hand, power constellations persisted, some of them over centuries, which had an asymmetrical character from the outset and cannot be reduced across the board to a relationship of exploitation between "colonised" and "colonisers".

Even this brief problematisation makes it clear that the concept of internal colonialism developed by Michael Hechter in 1975 using the example of Great Britain is not able to adequately describe the plurality of North and East Central European spaces. There is no doubt that here, too, colonial discourses of power underlay the forced homogenisation processes, but a micro-historical look at the various regional and local levels reveals a multidimensional range of practical implementation.

At both events, perspectives of investigation will be highlighted, e.g.:

- the multi-layered interactions within socially, culturally, ethically, nationally highly differentiated societies
- a historical colonisation far from a linear processuality
- a potential failure of colonial strategies of domination
- and the applicability of postcolonial theories to domestic European hegemonic and imperial power relations

The conference and workshop will analyse the specificities of the regions mentioned and critically reflect on the applicability of the questions, approaches and theories of (post)colonial studies. We invite researchers from different historical disciplines who deal with the approaches mentioned.

The event is divided into two parts:

- a workshop for young scholars on 21 and 22 November 2023, where topics and approaches will be discussed in depth and research projects will be presented, as well as
- a scientific conference from 22 to 24 November 2023

It is possible for young researchers to participate in both events or only in the conference or workshop and to propose contributions. The event will be held in German and English.

Travel and accommodation costs for speakers will be covered in accordance with the Federal Travel Costs Act (BRKG). There are no participation fees.

Please send your exposé in German or English (approx. 300 words) together with a short CV to sekretariat@ikgn.de by 1 May 2023, indicating which part of the events you would like to participate in.

Kontakt

E-Mail: sekretariat@ikgn.de

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Land Veranstaltung
Sprach(en) der Veranstaltung
Deutsch
Sprache der Ankündigung