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Antwort: Kleine Bilanz der NachwuchshistorikerInnen-Initiative

Neue Loesungen fuer alte Fragen

Fuer uns NachwuchshistorikerInnen hat der Aachener Historikertag – wie vielleicht nicht anders zu erwarten war – mehr Fragen aufgeworfen, als Probleme geloest. Eines aber duerfte klar geworden sein, die Bildungspolitik haelt fuer unsere Sorgen keine Loesungen parat. Gegenwaertig mangelt es vor allem an konzeptionellen UEberlegungen, wie sich das Bildungssystem zugleich leistungsorientiert und sozial vertraeglich aufbauen liesse. Die folgenden Ausfuehrungen wollen dazu einen ersten Beitrag liefern. Wir hoffen auf eine lebhafte Diskussion!

1. Zunaechst ist eine Klaerung wichtig, wie kuenftig der Begriff “wissenschaftlicher Nachwuchs” definiert sein soll, dessen marginalisierender Charakter hinreichend zutage getreten ist. Mit der Promotion wird der Nachweis erbracht, wissenschaftlich arbeiten zu koennen. Die Habilitationsschrift oder ein post-doc Projekt bringen zwar weitere Erfahrungen im wissenschaftlichen Arbeiten, stellen qualitativ aber nichts anderes als eine hochwertige Promotion dar (“wissenschaftlicher als wissenschaftlich geht nicht”). Demnach ist eine Historikerin oder ein Historiker nach der Promotion fertig ausgebildet.

2. Es geht darum, die Organisation der Forschungsfoerderung in sich zu stabilisieren und um die soziale Dimension zu erweitern. SFBs und Drittmittelprojekte sollten verstanden werden als ausseruniversitaere wissenschaftliche Arbeitsplaetze, in denen zwar Qualifikationsstellen (Promotion) eingerichtet sind, in denen aber vor allem befristete, von der Kettenvertragsklausel befreite Arbeitsplaetze existieren. Es entstuende damit ein quasi “fliegender” Arbeitsmarkt mit befristeten Arbeitsvertraegen – neben den an Hochschulen und ausseruniversitaeren Forschungsinstituten weiterhin bestehenden Positionen. Ausserdem sollte eine Beschaeftigung ohne Altersgrenze moeglich sein. Damit waeren die SFBs und Drittmittelprojekte nicht mehr nur eine Art “Durchlauferhitzer”, die vornehmlich Qualifikationsstellen fuer Menschen zwischen ca. 30-45 schaffen, sondern sie wuerden einer nach Generationen gemischten Gruppe fuer einen befristeten Zeitraum richtige Arbeitsplaetze bieten.

3. Zu klaeren wird sein, wie nach den angekuendigten Reformen im Hochschulbereich die Hochschullehrerlaufbahn gestaltet werden soll. Wie lange wird die Habilitation noch wichtig sein und was bedeutet ihre geplante Abschaffung fuer die Forschungsfoerderung in den Geisteswissenschaften? Was bedeutet die Einfuehrung der “Juniorprofessur” fuer die Generation, die gerade habilitiert ist oder kurz davor steht? Wie und wann wird die Auswahl fuer die Hochschullehrerlaufbahn getroffen? Und last, but not least: Was passiert mit den Assistentenstellen, wenn die “Juniorprofessur” eingefuehrt wird? Die gegenwaertigen Plaene der Hochschulpolitik beruehren das Leben fast aller “NachwuchshistorikerInnen” (Wir hoffen auf ein besseres Wort!). Doch sieht die Lage in anderen Geisteswissenschaften wenig besser aus. Nur eine breit gefuehrte Debatte kann uns helfen, unsere Interessen praezis zu artikulieren und politisch durchzusetzen.

PD Dr. Sylvia Paletschek/Tuebingen

PD Dr. Ulrich Sieg/Marburg


Quelle = Email <H-Soz-u-Kult>

From: "Ulrich.Sieg" <Ulrich.Sieg@t-online.de>
Subject: Antwort: Kleine Bilanz der NachwuchshistorikerInnen-Initiative
Date: 21.10.2000


       

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