Quelle - email <H-Soz-u-Kult>

From: Leonhard Horowski <leonhard@ZEDAT.FU-BERLIN.DE>
Subject: Re: The Wehrmacht at Masada (x-post H-GERMAN)
Date: Tuesday, April 15, 1997 11:49:36 MET


Drei Anmerkungen zu Thomas Schmitz: The Wehrmacht at Masada

  1. Den Abscheu des Verfassers anlaesslich des zitierten Gebirgstruppen-Artikels nachzuvollziehen ist eine leichte Uebung, seine weitere Argumentation jedoch scheint mir davon nachteilhaft beeinflusst worden zu sein. Dass sie in ihrem Kern moralisch motiviert ist, liegt freilich in der Natur der Dinge, und auch das ist erst nur eine Frage persoenlichen Stils, ob man dem Leser / Zuhoerer im Voraus dreimal sagt, was er empfinden soll ("think !"), oder lieber der Kraft der Argumente vertraut. Warum aber dann folgender Satz ? "... the bombing of Dresden, the fate of German refugees, and other such contextual _moralistic_ juxtapositions ... seem to have already hit the textbook-level" (Kursivierung L.H.). Wenn Moralismus allein eine Argumentation widerlegen koennte, so waere auch die des Autors selber hinfaellig. Bedauerlich zudem, dass weder in diesem noch in den folgenden Saetzen erkennbar wird, ob es fuer den Autor einen Unterschied gibt zwischen der explizit entschuldigenden Erwaehnung von Dresden etc. einer- und der blossen Tatsachenfeststellung andererseits, die nicht behauptet, ein Verbrechen hebe ein anderes auf.
  2. "And this is not such an obscure publication" ?: was sagen das Grusswort eines Generalmajors oder eine Library of Congress serial number ueber Relevanz oder Akzeptanz eines Artikels aus ? Wie ueberraschend ist es, dass eine Gebirgsjaeger-Postille einen aergerlichen und geschmacklosen Artikel hervorbringt ? Und wie sozial- oder kulturhistorisch sinnvoll ist es, aus dieser Art von Publikation Schluesse ueber den Zustand einer ganzen (/ der bayerischen ?) Gesellschaft ziehen zu wollen ?
  3. Schliesslich: wer sich ueber "hysterical readers' responses" beschweren will, der sollte schon aus rein pragmatischen Gruenden selber halbwegs nuechtern formulieren und von "damn it", "four letter words" oder anderen emotionalen Aufgeregtheiten Abstand nehmen; so begreiflich dergleichen als wuetende erste Reaktion sein mag, so sehr diskreditiert es doch die eigene Position, was um so bedauerlicher ist, wenn diese sich mit ganz sachlicher und kuehler Argumentation genauso plausibel begruenden laesst. Ueber einen Diskussionsbeitrag dagegen, der um des Geistreich-Seins willen die Nachkriegsstudienbedingungen fuer komfortabler erklaert als die heutigen, ueber diese Art von Aeusserung koennen die Gauweilers dieses Landes sich nur freuen. Die grosse J'accuse-Geste zum Ende hin haette leicht auf bedeutsamere Objekte bezogen werden koennen, so aber leistet sie nur wieder der Inflation und damit: Entwertung solcher Wertungen Vorschub. Gerade in der Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus oder Nationalismus sollte die Erkenntnis auf der Hand liegen, dass "Pathos" sich auf "hohl" reimt.

Leonhard Horowski, FU Berlin
leonhard@zedat.fu-berlin.de


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