20. Stuttgarter Fortbildungsseminar

"Architektur und Medizin"

10. bis 12. Mai 2001

Die Gestaltung des endgueltigen Programms wird das Stuttgarter Institut zusammen mit Andrea Kramarczyk (Chemnitz), Philipp Osten (Berlin) und Lilla Krász (Budapest) uebernehmen. Die Fortbildungsseminare sind so konzipiert, dass das gegebene Thema gemeinsam von den Teilnehmer/innen bearbeitet werden soll. Damit dies gelingt, uebernimmt jede/r Teilnehmer/in einen Beitrag. Dies kann in der Organisation einer Arbeitsgruppe oder in Form eines Referats geschehen. Wichtig ist, dass jede/r Teilnehmer/in ueber die gesamte Dauer des Seminars anwesend ist (Anreisetag ist bereits der 9. Mai 2001). Das Fortbildungsseminar wird wie bisher vom Stuttgarter Institut finanziert, das fuer alle Teilnehmer/innen die Kosten fuer Reise (DB 2.Klasse, auch bei Anreise im eigenen PKW, bei weiten Strecken ggf. Flug), die gemeinsamen Mahlzeiten und die Uebernachtungen uebernimmt. Da uns raeumlich und finanziell Grenzen gesetzt sind, muessen wir um Verstaendnis bitten, dass wir, falls mehr Anmeldungen eingehen als Plaetze zur Verfuegung stehen, nicht alle Anmeldungen beruecksichtigen koennen.Wenn Sie an der Teilnahme interessiert sind, senden Sie mir bitte das beiliegende Formular mit Angabe des Referat- oder Arbeitsgruppenthemas bis zum 8. Januar 2001 ausgefuellt zurueck. Damit wir bei Ueberschneidungen von Themenwuenschen Ausweichmoeglichkeiten haben, geben Sie bitte auch ein weiteres Thema an.

Dr. Sylvelyn Haehner-Rombach

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Architektur und Medizin

20. Stuttgarter Fortbildungsseminar, 10. bis 12. Mai 2001

Vorbemerkungen

Das Stuttgarter Fortbildungsseminar ist weder der Form noch dem Ziel nach eine uebliche Fachtagung. Es geht also primaer nicht darum, eigene
Forschungsergebnisse vorzustellen. Statt dessen soll das Thema gemeinsam erarbeitet werden. Die Beitraege, die sich auch mit bereits vorliegenden
Untersuchungen und Quellen auseinandersetzen koennen, muessen keineswegs druckreif sein. Neue Fragestellungen und Thesen sind sehr
willkommen. Damit eine produktive Diskussion moeglich ist, duerfen die Referate einen Zeitrahmen von 15 Minuten nicht ueberschreiten. Die
Teilnehmer/innen sind nachdruecklich dazu aufgefordert, statt eines Referates die Vorbereitung und Leitung einer Arbeitsgruppe (vorzugsweise
zu zweit) zu uebernehmen. Hierfuer steht mehr Zeit zur Verfuegung. Arbeitstexte koennen ggf. im Institut vervielfaeltigt werden, auch gibt es
die Moeglichkeit, Dias oder Videofilme zu zeigen. Das Anmeldeformular muss bis zum 8. Januar 2001 an Dr. Sylvelyn Haehner-
Rombach, Institut fuer Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung, Straussweg 17, D 70184 Stuttgart, zurueckgeschickt werden. Bitte
vergessen Sie nicht, an der vorgesehenen Stelle des Formulars ein 15- bis 20zeiliges Exposé einzufuegen, aus dem vor allem die Problemstellung klar
hervorgeht. Denken Sie bitte auch daran, ein Ersatzthema anzubieten, falls es zu Ueberschneidungen kommt. Die folgenden thematischen Ausfuehrungen sind als Anregung gemeint. Aenderungs- und Ergaenzungswuensche sind willkommen und werden beruecksichtigt, sofern sie sich gut in den endgueltigen Seminarplan, der von der Vorbereitungsgruppe erstellt wird, einfuegen.

Zum Thema
“Architektur und Medizin” ist ein sehr klassisches Thema, das eine Reihe von Baugeschichten und Sozialgeschichten des Krankenhauses und seiner
Vorlaeufer hervorgebracht hat. Im Fortbildungsseminar sollen jedoch keine Typen- oder Einzelfallstudien vorgestellt werden. Ziel ist vielmehr, die
“Miasmenklappe” zu oeffnen und das Thema im interdisziplinaeren Zugriff unter soziologischen, architektur-, sozial-, bevoelkerungs-, mentalitaets-
, medizin- und/oder oekologiegeschichtlichen Fragestellungen zu behandeln. Die neuere Architekturtheorie beispielsweise beschaeftigt sich mit der
sozialen Praxis des Raumes und der dabei entstehenden Bedeutung. Alles, was Gebaeude betrifft - Form, Funktion, raeumliche Struktur -, hat auch
soziale Bedeutung(en). “Raum” wird also nicht einmalig festgelegt, sondern veraendert sich durch die soziale Praxis immer neu, wodurch kulturelle
Bedeutungen erzeugt werden. Da das Thema nicht auf das 19. und 20. Jahrhundert beschraenkt sein soll, kann beispielsweise auch die ungeplante Entwicklung der mittelalterlichen Staedte oder das “Fehlen von Architektur” Gegenstand einer Untersuchung sein: Wie findet medizinische Praxis ohne eigenen Raum statt (Stichwort “ephemere Architektur”: Wie baut sich z. B. ein Wanderarzt seine “Praxis” auf dem Marktplatz auf), was bedeutet es fuer Kranke, fuer Heiler und fuer ihre Beziehungen, keine spezialisierten Raeume zu haben (Beispiel: Krankenbett in der Wohnstube), wie werden Raeume angeeignet oder
umgenutzt, wie wird Herrschaft durch Raum, Raumverteilung, Raumnutzung hergestellt (Beispiel: Innengestaltung des aerztlichen
Konsultationszimmers). Als Anregung wollen wir stichwortartig einige Themenbereiche und Fragestellungen auflisten, die jedoch nicht als feste Vorgabe gedacht
sind.


Stadtplanung und Gesundheit
Zusammenhang zwischen Wohnbau- bzw. Stadtplanung, demographischem Wandel (Geburtenrate, Sterblichkeit, Landflucht) und staedtischen
Gesundheitsverhaeltnissen (z. B. Assanierung der Staedte). Gesundheitsbezug im Staedtebau, Wahrnehmungsweisen und Reaktionen der
Stadtplaner, der Kommunalpolitiker, der kommunalen OEffentlichkeit und Verwaltung auf medizinische Erkenntnisse. Warum setzten sich medizinische
Erkenntnisse nur in bestimmten Zeiten im Staedtebau durch? Wovon haengt es also ab, wenn gesundheitliche Erwaegungen in Theorie und Praxis des
Staedtebaus einfliessen, und welche gesellschaftlichen Kraefte haben dies bewirkt bzw. erfolglos versucht?
Stadt und Zivilisationskritik (Staedte als Suendenpfuhl ( Syphilis etc.)

Wohnraumgestaltung
Raeumliche Differenzierungen (z. B. Trennung von Kueche und Schlafraum), Groesse der Zimmer, Belueftung, Besonnung (Fenster), Inneneinrichtung
Einfluss der Hygiene (z. B. Ventilation der Luft) auf die Art der Heizung und des Baumaterials, auf die Berechnung des Minimalluftraumes und damit
auf die Groesse von Zimmern Gifte in Haus, Hof und Garten: baubiologische Konzeptionen (“Gesundes Wohnen”)

Oeffentliche Gebaeude und Anlagen, Gewerbebetriebe
Arbeitsschutz bzw. Arbeitsmedizin und deren Auswirkungen auf die Architektur von Industriegebaeuden, Werkstaetten etc., wirtschaftliche und
politische Hintergruende Gesundheitsschutz und seine Auswirkungen auf die Architektur oeffentlicher Gebaeude, wie Schulen
Gestaltung von Gesundheits- und Hygieneausstellungen Architektur medizinischer Institutionen Architektonische Konsequenzen beim Bau von Anatomischen Theatern, Hospitaelern und Krankenanstalten als Orte medizinischer Forschung, Professionalisierung, Spezialisierung, Hierarchisierung oder der Anwendung
alternativer Medizin. Arztpraxen (Apotheken) als Orte medizinischer (pharmazeutischer)Versorgung: bauliche Konzeption, Innengestaltung, oertliche Situierung,
Bedeutung bzw. Akzeptanz, symbolische Aussagekraft Inwieweit war das Hospital, das Krankenhaus eine soziale Einrichtung, in
der aerztliches, Pflege- und Hilfspersonal nicht nur eine Arbeitsgemeinschaft, sondern teilweise auch eine “Lebens- und
Leidensgemeinschaft” bildeten (Identitaet von Wohn- und Arbeitsplatz fuer Pflege- und aerztliches Personal)

Krankenzimmer
Der Kranke in der Krankenanstalt (“Raum und Persoenlichkeit”): Ausgestaltung und Auswirkung des Lebens in der Anstalt in Hinsicht auf
Intimsphaere, Rueckzugsmoeglichkeit, Disziplinierung, Individualisierung Die Binnendifferenzierung in der Krankenanstalt: Pflegeklassen,
Isolierungsstationen, Zwangsabteilungen und ihre Auswirkungen auf den Kranken, dazu auch: die “Komfort-Diskussion”
Das Krankenzimmer allgemein, auch ausserhalb typischer Krankenanstalten (z. B. im Waisenhaus, Gefaengnis, Armenhaus)
Lernen am Bett des Kranken: Die Ausgestaltung der Krankenanstalt als Ausbildungs- und Weiterbildungseinrichtung
Das Bett als das Moebel des Kranken: Geschichte des Liegens, das Krankenhausbett als Bestandteil des technischen Interieurs, “Krankenlager”
in Privatraeumen Krankenhaeuser als Abbild sozial- und wirtschaftspolitischer Verhaeltnisse Medizinische Einrichtungen als Kristallisationspunkte in der
Auseinandersetzung verschiedener Interessenvertretungen hinsichtlich der Aussen- und Innengestaltung (Beispiel Krankenkasse gegen Krankenhaus)
Folgen der Technisierung und Elektrifizierung fuer den Lebens- und Arbeitsraum in Krankenanstalten Abbildung der aeusseren gesellschaftlichen Verhaeltnisse in der Innen- und Aussengestaltung des Krankenhauses (Parallelen zwischen Gefaengnis- und Krankenhauswesen). Das Krankenhaus als “totale Institution – Architektur und raeumliche Struktur als Spiegel der inneren Organisation und gesellschaftlicher Ausgrenzung, Konzepte von Macht und Aussendarstellung
in Krankenhaus und Forschungsbauten Erholungs- und Genesungsanlagen Umfeldgestaltung bei Kur-, Baeder- und Luftkurorten, Sommerfrischen
Anlage von Tuberkuloseheilanstalten Konzepte von Ferienkolonien und Waldschulen Soziale Differenzierungen: Luxus (Erholung etc.) fuer wen?


Literatur in Auswahl
Benevolo, L.: Geschichte der Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts. Lehren von gestern – Forderungen fuer morgen. Guetersloh 1971.
Finzsch, Norbert und Robert Juette (Hg): Institutions of confinement. Hospitals, asylums, and prisons in Western Europe and North America, 1500-
1950. Cambridge 1996.
Granshaw, Lindsey und Roy Porter (Hg): The hospital in history. London, New York 1990.
Horn, Sonia und Susanne Claudine Pils (Hg): Stadtgeschichte und Medizingeschichte. Sozialgeschichte der Medizin (Wiener Gespraeche). Wien 1998.
Jetter, Dieter: Geschichte des Hospitals. Bd. 1. Westdeutschland von den Anfaengen bis 1850. Wiesbaden 1966.
Ders.: Grundzuege der Krankenhausgeschichte (1800-1900). Darmstadt 1977.
Ders.: Grundzuege der Geschichte des Irrenhauses. Darmstadt 1981.
Koller, Barbara: “Wo gute und schlechte Luft sich scheiden”. Die Entwicklung hygienischer Wohnstandards und deren sozialpolitische Brisanz
Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In: Medizin, Gesellschaft und Geschichte 14 (1995) 1996, S. 121-142.
Lachmund, Jens und Gunnar Stollberg: Patientenwelten. Krankheit und Medizin vom spaeten 18. bis zum fruehen 20. Jahrhundert im Spiegel von
Autobiographien. Opladen 1995.
Machule, Dittmar, Olaf Mischer und Arnold Sywottek (Hg): Macht Stadt krank? Vom Umgang mit Gesundheit und Krankheit. Hamburg 1996.
Markus, Thomas A.: Buildings and power. Freedom and control in the origin of modern buildings types. London 1993.
Murken, Axel Hinrich: Die bauliche Entwicklung des deutschen Allgemeinen Krankenhauses im 19. Jahrhundert (Studien zur Medizingeschichte des
Neunzehnten Jahrhunderts, Bd. 9). Goettingen 1979.
Prior, Linsay: The local space of medical discourse. Disease, illness and hospital architecture. In: The social construction of illness. Illness and
medical knowledge in past and present (Medizin, Gesellschaft und Geschichte, Beiheft 1). Stuttgart 1992, S. 67-84.
Reulecke, Juergen und Adelheid Graefin zu Castell Ruedenhausen (Hg): Stadt und Gesundheit. Zum Wandel von “Volksgesundheit” und kommunaler
Gesundheitspolitik im 19. und fruehen 20. Jahrhundert. Stuttgart 1995.
Rodenstein, Marianne: Mehr Licht, mehr Luft. Gesundheitskonzepte im Staedtebau seit 1750. Frankfurt/M. 1988.
Saldern, Adelheid von: Haeuserleben. Zur Geschichte staedtischen Arbeiterwohnens vom Kaiserreich bis heute (Forschungsinstitut der
Friedrich-Ebert-Stiftung Reihe Politik- und Gesellschaftsgeschichte, Bd. 38). Bonn 1995.
Uitz, Alexander: Luftige sonnendurchflutete Raeume. Hygienische Konzeptionen gesunder Wohnarchitektur. Wien 1996.
Vogel, Morris J.: The invention of the modern hospital. Boston 1870-1930. Chicago 1980.
Witzler, Beate: Grossstadt und Hygiene. Kommunale Gesundheitspolitik in der Epoche der Urbanisierung. Stuttgart 1995.
Zimmermann, Clemens: Von der Wohnungsfrage zur Wohnungspolitik. Die Reformbewegung in Deutschland 1845-1914. Goettingen 1991.


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Anmeldeformular

Ich moechte am 20. Stuttgarter Fortbildungsseminar »Architektur und Medizin« vom 10. bis 12. Mai 2001 teilnehmen.

Thema meines Beitrages:
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Datum: Unterschrift:

Bitte senden an:
Dr. Sylvelyn Haehner-Rombach, Institut fuer Geschichte der Medizin der
Robert Bosch Stiftung, Straussweg 17, 70184 Stuttgart
Fuer Rueckfragen: Tel. +711-460-84-169; Fax +711-460-84-181; email
sylvelyn.haehner@igm-bosch.de
Besten Dank fuer Ihr Interesse!


Quelle = Email <H-Soz-u-Kult>

From: "Iris Ritzmann" <iris.ritzmann@igm-bosch.de>
Subject: Stuttgarter Fortbildungsseminar fuer medizinhistorischen Nachwuchs
Date: 11.10.2000


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