Konferenz:
"Inszenierte Wahrheit"
Der Krieg im Bild/Bilder vom Krieg
Tagung des Seminars für Geschichtswissenschaft der Universität der Bundeswehr Hamburg in Verbindung mit dem Arbeitskreis Historische Bildforschung am Historischen Seminar der Universität Hamburg
Zeit und Ort: 12./13.10.2001 Warburghaus, Heilwigstr. 116, 20249 Hamburg
Organisatoren: Prof. Dr. Rainer Postel; Prof. Dr. Bernd Wegner
Koordination: Dr. Martin Knauer, E-mail: <makna@unibw-hamburg.de>
Sektionen:
1. Dokumentation und Zeugnis des Krieges im Bild
2. Krieg und Propaganda mit Bildern
3. Produktion und Distribution von Kriegsbildern
Mögliche Referenten und Diskutanten:
Jens M. Baumgarten (Arbeitskreis Historische Bildforschung), Ulrich Bielefeld (Hamburger Institut für Sozialforschung), Arno Herzig (Universität Hamburg), Jens Jäger (Arbeitskreis Historische Bildforschung), Lars Jockheck (Universität der Bundeswehr Hamburg), Martin Knauer (Arbeitskreis Historische Bildforschung/Universität der Bundeswehr Hamburg), Habbo Knoch (Universität Göttingen), Rainer Postel (Universität der Bundeswehr Hamburg), Ulrich Prehn (Institut für Zeitgeschichte Hamburg), Matthias Reiß (Universität der Bundeswehr Hamburg), Ulrich Rüter (Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg), Isabell Schenk (Universität Tübingen), Katrin Schmersahl (Arbeitskreis Historische Bildforschung), Wolfgang Schmidt (MGFA Potsdam), Bernd Wegner (Universität der Bundeswehr Hamburg), Rainer Wohlfeil (Universität Hamburg, em.), John Zimmermann (OSL Fürstenfeldbruck)
"Inszenierte Wahrheit"
Der Krieg im Bild/Bilder vom Krieg
"Kein Krieg ohne Bilder", diese Feststellung scheint im modernen Informationszeitalter eine ganz neue Bedeutung zu gewinnen. Da sich die Darstellbarkeit des Krieges nicht von einer propagandistischen Absicht trennen lässt, sind Bilder vom Krieg immer auch Teil einer "inszenierten Wahrheit". Dies zeigt sich um so deutlicher, wenn man den symbiotischen Zusammenhang zwischen Krieg, Bild und Propaganda von den Folgen her begreift: "Ohne Bilder kein Krieg".
Die propagandistische Nutzbarmachung des Krieges durch Bilder hat eine lange Tradition. Bereits in früheren Jahrhunderten hefteten sich Künstler an die Spuren der Heere, fertigten Zeichnungen von Schlachtfeldern und Befestigungsanlagen. Je nach Interessenlage des Auftraggebers entstanden militärische Ereignisbilder und pittoreske Schlachtendarstellungen, die vor allem der Glorifizierung des Feldherrn dienen sollten. Noch Anton von Werner, der auf der Grundlage akribischer Recherchen das offizielle Panorama des deutsch-französischen Krieges von 1870/71 schuf, stand in dieser Tradition; selbst die Gegenwart kennt noch amtlich bestellte Kriegsmaler.
Der fotografierende und filmende Amateur auf dem modernen Schlachtfeld ist demgegenüber eine Neuerscheinung. In Konkurrenz zu offiziellen Berichterstattern - etwa in besonderen Filmkompanien - entstand hier ein subversives Element, das die intendierte "Wahrheit" offizieller Propaganda potentiell in Frage stellte. Fraglich bleibt, inwieweit Krieg überhaupt eine visuell darstellbare Kategorie ist, die geeignet erscheint, Schrecken, Hilflosigkeit, Todesangst, militärische Taktik usw. zu dokumentieren und damit "sichtbar" zu machen?
Der fingierte, also manipulative Einsatz von Bildern im Krieg verweist letztlich auf ein zeitgenössisches Paradox: Gerade die modernen Bildmedien Fotografie und Film gelten als Dokumente einer "objektiv" rekonstruierbaren "Wahrheit". In Kriegsverbrecherprozessen dienen sie als spezielle Beweismittel, in anderen Zusammenhängen als Hinweis auf den "tatsächlichen" Kriegsverlauf. Die Problematik einer "neutralen" Bildrezeption ist evident. Der offensichtliche Widerspruch zwischen kollektiver Beeinflussbarkeit und vermeintlich objektiver Analyse scheint allen Kriegsdarstellungen inhärent. Es bleibt zu fragen, ob der objektive Blick auf das Kriegsgeschehen überhaupt möglich ist, oder ob es nur die "heiße" (erlittene) Wahrheit der Betroffenen gibt? Was bedeutet die Funktionsbestimmung des Bildes in Bezug auf seine "inszenierte Wahrheit"?
Vor allem dieser Kontext lässt es wichtig erscheinen, die konkreten Bedingungen bildlicher Produktion und Distribution herauszuarbeiten. Sicher ist, daß Bilder/Filme vom Krieg verschiedene Stationen durchlaufen. Dies zeigt sich vor allem im Bereich des Journalismus, als der wohl wichtigsten bildmedialen Vermittlungsstelle. Neben der individuellen Motivation des Bildproduzenten muß - stärker als bisher - nach den konkreten Auswahlkriterien gefragt werden. Zu untersuchen ist insbesondere die Rolle politischer und finanzieller Interessenlagen für Redaktionen und Bildagenturen sowie die Frage, inwieweit hier offizielle oder auch unterschwellige Zensurmaßnahmen einfließen können.
Zukünftig wird das Wirklichkeitspotential von Bildern den Zuverlässigkeitsgrad textlicher Informationen weiter in den Hintergrund drängen. Dieser totale (totalitäre?) Authentitätsanspruch bildlicher Berichterstattung kann im Einzelfall bedeuten: Krieg findet nur dann statt, wenn er im Fernsehen übertragen wird, ein Szenario, das sich bereits im Golfkrieg und im ehemaligen Jugoslawien anzukündigen scheint. Die "Wahrheit" des Krieges beruht hier auf einer von Sendern und Informationskanälen betriebenen (Vor)Selektion filmisch-dokumentarischer Sequenzen. Die Unterdrückung wie auch die Omnipräsenz von Bildern führt zu vergleichbaren Konsequenzen. Die Wirklichkeit des "totalen Bildes" verändert die "Wirklichkeit" und Wahrnehmbarkeit des Krieges. Technisch-funktionale Distanzierungsmechanismen - so etwa Bilder des Bombenkrieges mit Infrarot-Kamera aufgenommen, mit dem Suchziel im Fadenkreuz - werden um semantische ergänzt. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Rede von chirurgischen Eingriffen (Irak) oder "betriebsbedingten" Kollateralschäden (Jugoslawien), die das Bild eines "sauberen" Krieges entwerfen.
Themen und Referenten (Stand 03.09.2001):
LARS JOCKHECK (Hamburg): "Krieg und Frieden in Radom". Bauplastische Allegorien vom Vertreibungs- und Vernichtungskrieg und "neuem Lebensraum" im Osten
HABBO KNOCH (Göttingen): Das "Landser-Bild" im II. Weltkrieg
ULRICH PREHN (Hamburg): Kriegsdarstellungen für die Reeducation nach 1945
MATTHIAS REIß (Hamburg): "Den Krieg verkaufen". Amerikanische Propaganda für die Heimatfront
ISABELL SCHENK (Tübingen): Krieg in der deutschen Gegenwartskunst. Künstlerische Reflektionen über den massenmedialen und den militärischen Blick
WOLFGANG SCHMIDT (Potsdam): "Maler an der Front". Die Kriegsmaler der Wehrmacht und deren Bilder von Kampf und Tod
BERND WEGNER (Hamburg): "Auf dem Weg zur Wolga ...": ein Schmalfilmdokument über Aufstellung, Einsatz und Ende einer deutschen Infanteriedivision 1942
JOHN ZIMMERMANN (Fürstenfeldbruck): Das Bild der Generale - Das Kriegsende 1945 im Spiegel der Memorialliteratur
PERRY KRETZ: Bildjournalismus - Kriegsreportage. Podiumsgespräch mit einem Bildjournalisten der Zeitschrift STERN
"INSZENIERTE WAHRHEIT". DER KRIEG IM BILD/BILDER VOM KRIEG
Tagung des Seminars für Geschichtswissenschaft der Universität der Bundeswehr Hamburg in Verbindung mit dem Arbeitskreis Historische Bildforschung
am Historischen Seminar der Universität Hamburg am 12. und 13. Oktober 2001 im Warburghaus, Heilwigstr. 116, 20249 Hamburg
TAGUNGSBEGINN: FREITAG, 12. OKTOBER 2001, 13.00 UHR IM WARBURGHAUS
Den 20minütigen Vorträgen schließt sich jeweils eine Diskussion von etwa 15 Minuten an
FREITAG, 12. OKTOBER:
13.00 Uhr: ERÖFFNUNG
13.15 Uhr: GRUßWORT
13.30 Uhr: (Johanna Klages)
14.30 Uhr: KAFFEEPAUSE
15.00 Uhr: BERND WEGNER (Hamburg): "Auf dem Weg zur Wolga ..." ein Schmalfilmdokument über Aufstellung, Einsatz und Ende einer deutschen Infanteriedivision 1942
16.00 Uhr: ULRICH PREHN (Hamburg): Kriegsdarstellungen für die Reeducation nach 1945
17.00 Uhr: KAFFEEPAUSE
19.30 Uhr: PERRY KRETZ: Bildjournalismus - Kriegsreportage. Podiumsgespräch mit einem Bildjournalisten der Zeitschrift STERN
SONNABEND, 13. OKTOBER
10.00 Uhr: MATTHIAS REIß (Hamburg): "Den Krieg verkaufen". Amerikanische Propaganda für die Heimatfront
10.45 Uhr: LARS JOCKHECK (Hamburg): "Krieg und Frieden in Radom". Bauplastische Allegorien vom Vertreibungs- und Vernichtungskrieg und "neuem Lebensraum" im Osten
11.30 Uhr: KAFFEEPAUSE
12.00 Uhr: WOLFGANG SCHMIDT (Potsdam): "Maler an der Front". Die Kriegsmaler der Wehrmacht und deren Bilder von Kampf und Tod
12.45 Uhr: MITTAGSPAUSE
14.30 Uhr: JOHN ZIMMERMANN (Fürstenfeldbruck): Das Bild der Generale - Das Kriegsende 1945 im Spiegel der Memorialliteratur
15.15 Uhr: HABBO KNOCH (Göttingen): Das "Landser-Bild" im II. Weltkrieg
16.00 Uhr: KAFFEEPAUSE
16.30 Uhr: ISABELL SCHENK (Tübingen): Krieg in der deutschen Gegenwartskunst. Künstlerische Reflektionen über den massenmedialen und den militärischen Blick
17.15 Uhr: SCHLUSSDISKUSSION
18.00 Uhr: TAGUNGSENDE
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