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Anatomie im 18. Jahrhundert Internationales Abraham-Vater-Symposium
Wittenberg, 15. bis 17. November 2001

Die Anatomie des 18. Jahrhunderts ist bislang nur in Einzel- und Spezialstudien bearbeitet worden. Mit dieser Zurueckhaltung wird die Medizinhistoriographie weder der Quellenlage noch dem Selbstverstaendnis der damaligen Anatomen und auch nicht der Bedeutung der Anatomie im zeitgenoessischen wissenschaftlichen und ausserwissenschaftlichen Diskurs gerecht. So wird die ausserordentliche Produktivitaet der Anatomen in der ersten Haelfte des 18. Jahrhunderts allein durch die grosse Zahl der in Albrecht von Hallers (1708-1777) Bibliotheca anatomica aufgelisteten anatomischen Arbeiten belegt. Das Selbstverstaendnis der Anatomen wird ebenfalls in Hallers Urteil deutlich, der diesen Zeitraum als Zeit des Uebergang von der "anatome doctior" zur "anatomes perfectio" charakterisiert und damit beispielhaft ausdrueckt, wie er und seine Zeitgenossen ihre Arbeit einordneten: Nach den grundlegenden Entdeckungen des 16. und 17. Jahrhunderts wandte sich die anatomische Wissenschaft den Feinstrukturen des menschlichen Koerpers zu - sie wurde (so Haller) "gelehrter" und strebte ihrer "Vollendung" entgegen.


Die geplante Tagung wird sich jedoch nicht auf die Darstellung von Techniken und Erkenntnissen beschraenken, sondern auch versuchen, den historischen Kontext anatomischen Denkens und anatomischer Praxis aufzuzeigen. Als Beispiele fuer die Bedeutung der Anatomie am Rande oder ausserhalb der Medizin sollen hier nur das Sammlungswesen und die Frage der Leichenbeschaffung erwaehnt werden: Anatomische Sammlungen mit filigran gearbeiteten Praeparaten wurden zu teuer gehandelten Statussymbolen von Gelehrten, Universitaeten und Fuerstenhoefen, und obrigkeitliche Edikte versuchten, den wachsenden Bedarf an Leichen durch eine Erweiterung des Kreises derjenigen zu decken, deren Koerper seziert werden durften.


Der unmittelbare Anlass fuer die Tagung ist der 250. Todestag des Wittenberger Anatomen Abraham Vater (1684-1751), dessen Name sich bis in die Gegenwart in der medizinischen Fachsprache findet (z.B. Papilla Vateri). Nach Studien in Wittenberg und Leipzig sowie einer Forschungsreise, die ihn auch zu Friedrich Ruysch nach Amsterdam fuehrte, wurde Vater im Jahr 1719 zunaechst als ausserordentlicher, 1732 dann als ordentlicher Professor an die medizinische Fakultaet der Wittenberger Universitaet berufen. Vaters Publikationen, seine anatomischen Praeparate und seine Bemuehungen um den Aufbau des Wittenberger Museum anatomicum fanden bei den Zeitgenossen grossen Anklang.

Im Verlauf der Konferenz sollen folgende Themenbereiche angesprochen werden:
- Forschungen und Entdeckungen in der Anatomie des 18. Jahrhunderts
- Auswirkungen anatomischer Forschungen auf die medizinische Praxis
- Anatomischer Unterricht
- Praeparationstechniken und Praeparate
- Sammlungswesen
- Verbreitung anatomischen Wissens in laienmedizinischer und nicht-medizinischer Literatur
- Anatomie im sozialen und oekonomischen Kontext

Die Beitraege werden in einem Tagungsband veroeffentlicht, der im Rahmen der zum Wittenberger Universitaetsjubilaeum geplanten Publikationsreihe erscheinen wird. Die Veranstalter hoffen, durch die Konferenz einen Ueberblick ueber die bisher geleistete medizinhistorische Forschung geben und weitere Arbeiten ueber die Anatomie im 18. Jahrhundert anregen zu koennen. Darueber hinaus ist zu hoffen, dass die Tagung die Einbindung der Anatomie in die Zusammenhaenge des wissenschaftlichen, politischen und kulturellen Lebens der jeweiligen Zeit verdeutlichen wird.
Erwuenscht sind Beitraege in englischer und deutscher Sprache, die nicht laenger als dreissig Minuten sein sollten. Vortragsanmeldungen mit kurzen Abstracts werden bis zum 1. Mai 2001 erbeten an: Dr. Juergen Helm oder Karin Stukenbrock M.A., Martin-Luther-Universitaet Halle-Wittenberg, Institut fuer Geschichte und Ethik der Medizin, D-06097 Halle/Saale, Fax: (0345) 557-3557, e-mail: juergen.helm@medizin.uni-halle.de.
Die Tagung findet in den Raeumen der Stiftung Leucorea statt. Den Referentinnen und Referenten kann ein Zuschuss zu den Reise- und Uebernachtungskosten gezahlt werden.


Quelle = Email <H-Soz-u-Kult>

From: "Juergen Helm" <juergen.helm@medizin.uni-halle.de>
Subject: CFP: Anatomie im 18. Jahrhundert - Wittenberg 11/2001
Date: 01.03.2001



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