ZWISCHEN AUFKLAERUNG, POLICEY UND VERWALTUNG: ZUR GENESE DES MEDIZINALWESENS 1750-1850
ARBEITSGESPRAECH
vom 15. Maerz bis 18. Maerz 2000
in der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbuettel
Leitung: Bettina Wahrig-Schmidt und Werner Sohn
Die Entstehung des Medizinalwesens ist eine von mehreren tiefgreifenden Veraenderungen waehrend der Herausbildung der spaetabsolutistischen Zentralstaaten in Deutschland. Tendenzen zur Zentralisierung und Reglementierung beginnen sich auf dem Gebiet von Medizin und Gesundheit der Bevoelkerung im 18. Jahrhundert abzuzeichnen. In diesem Prozess werden vorhandene Institutionen transformiert und vervielfaeltigt. Ansatzweise bilden sich im Spaetabsolutismus staatliche Institutionen und Vorschriften heraus, die es ermoeglichen, die Gesundheit der Bevoelkerung zu erfassen und die Zugaenge definierter Personengruppen zu heilenden Berufen zu reglementieren.
Die politischen Zielvorstellungen und administrativen Massnahmen veraendern sich zwischen 1750 und 1850 und differieren von Staat zu Staat. Die Frage, inwieweit der Staat die Freiheit der Individuen zum Schutz und zur Verbesserung der Gesundheit der Einzelnen und der Bevoelkerung beschneiden darf und soll, durchzieht das spaete 18. und das gesamte 19. Jahrhundert; Hintergrund ist unter anderem der allmaehliche UEbergang vom Policey- zum Verwaltungsstaat. Die Genese des Medizinalwesens vollzieht sich daher unter verschiedenen politischen Optionen, in unterschiedlichen Verknuepfungen, hat viele Facetten und verzeichnet Brueche und Widersprueche.
In dem Arbeitsgespraech sollen anhand ausgewaehlter Themenschwerpunkte einzelne Elemente, deren Verknuepfungen und Transformationen bei der Formierung des Medizinalwesens in deutschsprachigen Laendern zwischen 1750 und 1850 analysiert werden. So soll nach dem Ursprung und der Einbindung des entstehenden Medizinalwesens in Policeywissenschaft und Kameralismus gefragt werden sowie seine Transformation beim UEbergang zum Verwaltungsstaat untersucht werden. Das Arbeitsgespraech soll Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus den Gebieten der Medizin-, Rechts- und Sozialgeschichte ein Forum bieten, auf dem einzelne Aspekte des sich formierenden Medizinalwesens in einem breiten transdisziplinaeren Rahmen analysiert und aufeinander bezogen werden koennen.
MITTWOCH, 15.3. 2000
ANREISE
19.00 Empfang im Anna-Vorwerk-Haus, Schlossplatz 4,
DONNERSTAG, 16.3. 2000
BLOCK I: DIE MEDICINISCHE POLICEY ALS INTERDISKURS ZWISCHEN POLICEY, AUFKLAERUNG UND MEDIZIN
9.00 - 9.30
Begruessung und Vorstellung der TeilnehmerInnen
9.30 - 10.30
Sibylla Fluegge (Frankfurt/M.):
Der Beitrag des Polizeirechts zur Herausbildung des Medizinalwesens
11.00 - 12.00
Werner Sohn (Braunschweig):
Von der Policey zur Verwaltung: Transformation des Wissens und Veraenderungen
der Bevoelkerungs-politik um 1800
12.00 - 13.00
Bettina Wahrig-Schmidt (Braunschweig):
Moralisierung, Vereinheitlichung, Vernetzung: Autoren und Konzepte medicinischer
Policey in aerztlichen Periodika
13.00 - 14.30 Mittagessen
14.30 - 15.30
Francisca Loetz (Heidelberg): Kommentar zu Block I
BLOCK II: PRODUKTION UND KONTROLLE MEDIZINISCHER KOMPETENZ UND DER AUSSCHLUSS VON "INKOMPETENZ"
15.30 -16.30
Thomas Broman (Madison, USA):
Zwischen Staat und Konsumgesellschaft: Aufklaerung und die Entstehung der
medizinischen Polizei im 18. Jahrhundert
17.00 - 18.00
Jutta Nowosadtko (Essen):
Die medizinische Kompetenz von Scharfrichtern und ihre Aus-grenzung aus heilenden
Taetigkeiten im 18. Jahrhundert
20.00
Abendvortrag: Mary Lindemann (Pittsburgh, USA):
Wie ist es eigentlich gewesen? Gesundheit und Krankheit um 1800
FREITAG, 17. 3. 2000
9.00 - 10.00
Christine Loytved (Osnabrueck):
Zur Geschichte der Hebammenausbildung im 18. und Anfang 19. Jahrhundert
10.00 - 11.00
Gabriele Beisswanger (Braunschweig):
Der Arzneimittelmarkt um 1800: Arzneimittel zwischen Gesundheits-, Berufs-
und Gewerbepolitik
11.30 - 12.30
Johanna Bleker (Berlin): Kommentar zu Block II
12.30 - 14.00 Mittagessen
BLOCK III: STAATLICHE FUERSORGE UND MEDIZINISCHE PRAKTIKEN IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN INDIVIDUUM UND BEVOELKERUNG
14.00 - 15.00
Iris Ritzmann (Stuttgart):
Kinder als Zielgruppe der Aufklaerungsmedizin - Gedanken zur Entstehung einer
neuen Klientel
15.30 - 16.30
Eberhard Wolff (Stuttgart/Zuerich):
Medikalisierung von unten? Das Beispiel der juedischen
Krankenbesuchsgesellschaften
17.00 - 18.00
Barbara Duden (Hannover):
Die Produktion des modernen Koerpers
18.00 - 19.00
Sigrid Stoeckel (Hannover):
Abschlusskommentar; mit anschliessender Abschlussdiskussion
SAMSTAG, 18.3. 2000: ABREISE
Kontakt: B.Wahrig-Schmidt@tu-bs.de
!!!Achtung! Bitte vorher unbedingt anmelden, da begrenzte TeilnehmerInnenzahl!!
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