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Zwischen Triest, Saloniki und Odessa: Perspektiven juedischer Geschichte in Suedosteuropa, 1492-1918 (Arbeitstitel)

Internationale Konferenz des Simon-Dubnow-Instituts fuer juedische Geschichte und Kultur an der Universitaet Leipzig

Leipzig, 4. - 6. November 2000

Der Kulturraum Suedosteuropa stellt ein facettenreiches Feld in der Erforschung juedischer Geschichte dar. Dort beruehrten sich die Lebenswelten sefardischer und aschkenasischer Juden-heiten im Herrschafts- wie im Einflussbereich dreier europaeischer und aussereuropaeischer Vielvoelkerreiche, die im 19. Jahrhundert zunehmend den Verwerfungen der Nationalstaatsbildung ausgesetzt waren. Die geplante Konferenz zur Geschichte der Juden in Suedosteuropa rueckt die umfassende Zeitspanne von 1492 bis 1918 ins Zentrum des Interesses.

Dabei gilt es, in einem ersten historiographischen Teil den Forschungsstand ("state of the art") zu ermitteln sowie die Stellung der Geschichte der Juden in Suedosteuropa in der gesamt-juedischen Historiographie zu bedenken. Zugleich gilt es, die Chancen einer dem Gegenstand angemessenen spezifischen Perspektive zu erschliessen, duerfte doch eine Rekonstruktion der juedischen Lebenswelten in Suedosteuropa in vielerlei Hinsicht solche Systematisierungen zeitlicher wie raeumlicher Observanz unterlaufen, wie sie eher einer politischen oder Herrschaftsgeschichte geschuldet sind. Hierzu ist ein kulturgeographischer Teil insofern geeignet, als dieser Beruehrungspunkte und Gemeinsamkeiten der Judenheiten darzustellen bzw. signifikante Schnittmengen zu ermitteln vermag.

Dazu bietet sich etwa die Geschichte der Donaufuerstentuemer als Fokus an, ueberlagern sich in diesem Grenzraum der Kulturen sefardische und aschkenasische Lebenswelten. Zugleich gehen verschiedene Territorialherrschaften konflikthaft ineinander ueber. Fuer eine Topographie der Judenheiten Suedosteuropas, ihrer Charakteristika wie gegenseitiger Beeinflussung, duerfte es aufschlussreich sein, Perspektiven der habsburgischen, osmanischen, und russischen Geschichte zueinander in Beziehung zu setzen. Neben der Beschreibung einer juedischen Kulturgeographie und Ethnographie dieses Raumes, zu der auch die Geschichte von Handelswegen, wie anderer Traegerschaften des Austausches gehoeren, stehen Epocheneinteilung und Periodisierung im Zentrum des Interesses. Hier gilt es zu ueberpruefen, inwiefern den suedosteuropaeischen Judenheiten eine ihnen eigene historische Erfahrungszeit zugesprochen werden kann. Sie koennte von der juedischen Zeitikone des Jahres 1492 und dem universellen, den Zusammenbruch der Vielvoelkerreiche kennzeichnenden Einschnitt des Jahres 1918 markiert werden. Es stellt sich mithin die Frage, inwieweit die Verwerfungen der Zeiten mit der Erfahrungsperspektive der Juden identisch sind. Nichts destotrotz gilt es, "klassische Fragen", Ereignisse und Zaesuren der politischen bzw. der Staatengeschichte, zu beruecksichtigen: Die Frage der Emanzipation, bzw. von Rechtsungleichheit und Gleichbehandlung, wie die juedischen Fragen auf dem Berliner Kongress, sowie das schwelende Problem der rumaenischen Judenheit z. B. stellen Themenkomplexe dar, in denen sich allgemeine politische Geschichte wie die Geschichte der Juden unmittelbar miteinander verschraenken.

Als weitere Bereiche bieten sich im einzelnen Themenfelder, wie das der Wirtschafts- und Sozialgeschichte an, mittels derer spezifische, von Juden ausgeuebte Berufe und Erwerbszweige beleuchtet werden sollen. Den kulturgeographischen Aspekt der Thematik aufgreifend, duerfte es aufschlussreich sein, in mikrologischer Weise etwa das Profil einer Familie im Schwarzmeer-, Balkan- und Levantehandel zu behandeln. Gleichermassen sind Fragen der Integration von Juden in den jeweiligen herrschaftlichen Institutionen und Buerokratien der Imperien zu bedenken.

Sprachenvielfalt, Ritus, Religion und Literatur der juedischen Gemeinschaften stellen weitere Gegenstaende der Konferenz dar. Hier sind Beitraege zur Polyphonie der sefardischen und aschkenasischen Sprachkulturen ebenso erwuenscht, wie zur Literatur juedischer Autoren als Reflexionsgenre des Zusammenlebens wie das interkultureller Konflikte. Ebenso sind Forschungen zu Ritus und Tradition der sefardischen und aschkenasischen Juden willkommen. Mit Beitraegen zur Stadtkultur gilt es, Urbanitaet als besonderes Merkmal der juedischen Lebenswelten in Suedosteuropa zu beruecksichtigen. Detailstudien zu Spezifika der juedischen Einwohnerschaft urbaner Zentren wie Triest, Sarajevo, Ragusa/Dubrovnik, Belgrad, Saloniki, Sofia, Odessa und anderen duerften hierzu besonders aufschlussreich sein. In diesem Kontext interessieren die Handelsbeziehungen zwischen diesen Staedten ebenso wie die kulturelle und religioese Vielfalt, wie sie sich in der staedtischen oder sakralen Architektur abbildet.

Forscherinnen und Forscher verschiedener Disziplinen im Bereich der juedischen Geschichte, wie der Osmanistik, Slawistik, der Ethnographie, Religions- und Literaturwissenschaft u. a., sind eingeladen, ihre Themen-vorschlaege bis Ende April 2000 in einem Abstrakt zu unterbreiten (1 bis 2 Seiten). Die Konferenzsprache ist Englisch, Vortraege koennen aber auch in Deutsch oder Franzoesisch gehalten werden. Die Publikation der Konferenzbeitraege ist vorgesehen.

Prof. Dr. Dan Diner

Fuer weitere Informationen wenden Sie sich bitte an Markus Kirchhoff (**49-341-21735-60) oder Desanka Schwara (**49-341-21735-53 oder -50). Ihre Themenvorschlaege richten Sie bitte schriftlich an:

Dr. Desanka Schwara
Simon-Dubnow-Institut fuer juedische Geschichte und Kultur e. V.
an der Universitaet Leipzig
Goldschmidtstrasse 28
D-04103 Leipzig
e-mail: Schwara@dubnow.de
Fax: **49-341-21735-55

Markus Kirchhoff, MA
Simon-Dubnow-Institut
für jüdische Geschichte und Kultur e. V.
Goldschmidtstr. 28
D-04103 Leipzig
Tel. 0341-21735-60 /-50 Sekretariat /-55 Fax
e-mail: kirchhoff@dubnow.de


Quelle = Email <H-Soz-u-Kult>

From: "Markus Kirchhoff" <kirchhoff@dubnow.de>
Subject: CFP: Zwischen Triest, Saloniki und Odessa / Leipzig 11-2000
Date: 17.03.2000


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