Deutsches Historisches Institut Warschau /
Institut für Zeitgeschichte der Universität
Wien
Zwischen Kriegen.
Nationen, Nationalismen und Geschlechterverhältnisse
in Mittel- und Osteuropa 1918-1939
Ausgangspunkt:
Die feministische Forschung hat deutlich gemacht, daß eine
Auseinandersetzung mit den vielfachen Verknüpfungen und Interferenzen
zwischen den Begriffen Geschlecht und Nation produktiv
ist. Dies gilt sowohl für die Untersuchung der unterschiedlichen
Konstruktionen und Erfahrungen von Geschlechterverhältnissen wie auch
für die Analyse von Konzeptionen politischer Legitimität, unter
denen jene der Nation im 20. Jahrhundert eine zentrale Rolle
einnimmt. Geschlecht ist nicht unabhängig von den politischen,
ökonomischen und kulturellen Verhältnissen, in denen es entworfen
und erfahren wird, nationale Identitäten und ihre politischen und sozialen
Realisierungen sind nicht geschlechtsneutral. Wir gehen vielmehr von der
These aus, daß die Kategorie Geschlecht ein
Schlüsselelement von Nationskonzeptionen und Nationalismen darstellt.
Zeit und Raum:
Dem Terminus Zwischenkriegszeit, der die (regional nicht
gänzlich identische) Zeitspanne zwischen dem Ersten und dem Zweiten
Weltkrieg bezeichnet, ist die historische Perspektive inhärent
wie die Zeitbestimmungen Mittelalter oder vor der
Revolution setzt er ein Wissen voraus, das den ZeitgenossInnen nicht
zugänglich war. Die Frage nach Zwischenkriegszeiten verweist daher immer
auch auf vergangene Zukunftsperspektiven: auf Hoffnungen und Entwürfe
möglicher anderer Verläufe der Geschichte. Die Zeit nach dem Ersten
Weltkrieg war in Mittel- und Osteuropa dadurch geprägt, daß sich
hier eine Vielzahl von Staaten mit unterschiedlichen politischen Systemen
neu konstituierte, die sehr unterschiedliche politische, ökonomische
und kulturelle Entwicklungen durchmachten, schwere politische und
ökonomische Krisen eingeschlossen. Diese Entwicklungen wurden durch
den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen dramatischen Veränderungen
unterworfen oder überhaupt abgeschnitten. Welche Rolle dabei das Konzept
der Nation spielte, und ob und inwiefern ihm die Logik des Krieges bereits
in Friedenszeiten innewohnte und welche Konsequenzen dies für das
Geschlechterverhältnis hatte, sind zentrale Fragen der historischen
Auseinandersetzung mit dieser Zeit. Mit der Auflösung der Sowjetunion
und einer Reihe von Neukonstituierungen von politischen Systemen und (national
begründeten) Staaten gewinnt das historische Interesse an der
Auseinandersetzung mit dieser Zeit und diesem Raum neue Bedeutungen, die
von der Legitimation aktueller Nationalisierungen bis zur radikalen Kritik
nationalstaatlicher Politikkonzeptionen reichen.
Ziele:
Die Tagung Zwischen Kriegen: Nationen, Nationalismen und
Geschlechterverhältnisse will
Themenschwerpunkte:
Ausgangspunkt für die Diskussion soll zum einen die Frage nach Prozessen
der Aushandlung von Geschlechterverhältnissen in den neuen,
nationalstaatlich konstituierten, politischen Einheiten sein, zum anderen
sollen Geschlechterbilder und geschlechtsspezifische Erfahrungen im Kontext
von Nationalisierungsprozessen untersucht werden.
Aushandlung von Geschlechterverhältnissen in neuen politischen Einheiten:
Prozesse der Nationalisierung: Geschlechterbilder und geschlechtsspezifische Erfahrungen:
Die geplante Tagung schließt an eine 1998 vom DHI Warschau durchgeführte Konferenz an, bei der ForscherInnen aus Polen, Rußland, Tschechien, der Ukraine, Lettland, Deutschland und Österreich sich mit Geschlecht und Nationalismus in Mittel- und Osteuropa 1848-1918 auseinandergesetzt haben. Um sowohl inhaltlich als auch personell für Kontinuität zu sorgen, sollen einige TeilnehmerInnen der ersten Konferenz wieder eingeladen werden. Außerdem wollen wir uns im wesentlichen auf die Auseinandersetzung mit exemplarischen Fallanalysen aus dem gleichen geographischen Raum beschränken: europäischer Teil der Sowjetunion, Baltikum, Polen, Tschechoslowakei, Deutschland, Österreich.
Simultanübersetzungen in/aus dem Russischen, Polnischen, Englischen
und Deutschen werden bei der Tagung gewährleistet sein. Eine Publikation
der Tagungsbeiträge ist geplant.
Wir bitten um die Einreichung von Vorschlägen für Beiträge
zu einem der angegebenen Fragenkomplexe.
Umfang: 1 Seite
Sprachen: Englisch, Deutsch
Termin: 31. 7. 1999
Adressen: Deutsches Historisches Institut Warschau (Sophia Kemlein)
Institut für Zeitgeschichte Wien (Johanna Gehmacher)
Rückantwort: bis 15. 9. 1999
Medien: Folien, Dias, Videos etc. sind willkommen; konkrete technische
Bedürfnisse bitte frühzeitig mit den Veranstalterinnen abklären
Dr. Sophia Kemlein
Deutsches Historisches Institut Warschau
PKiN, XVII p., Plac Defilad 1, skr. 33
PL 00-901 Warszawa
Tel. +48 22 6567182
Fax. +48 22 693 7006
e-mail: kemlein@dhi.waw.pl
Dr. Johanna Gehmacher
Institut für Zeitgeschichte/Univerität Wien
Spitalgasse 2-4 (Hof 1)
A-1090 Wien
Tel. +43 1 427741210
Fax: +43 1 42779412
e-mail: johanna.gehmacher@univie.ac.at
Donnerstag, 11. Mai 2000
Ankunft
17.00
Kulturpalast
Abfahrt des Busses nach Obory
18.30
Eröffnung
19.00 Marta
Bohachevsky-Chomiak
Geschlecht und Nation
Freitag, 12. Mai 2000
Teil I: Aushandlung von Geschlechterverhältnissen in neuen politischen Einheiten
9.00 Andrea
Feldman, Zagreb/Kroatien
Imaging Yugoslavia. Women and the Ideology of Yugoslavism (1918-1939)
9.45 Myroslava
Djadjuk, Lemberg/Ukraine
Politicization of the Ukrainian Womens Movement in the Interwar Period
10.45 Pause
11.15 Claudia
Kraft, Leipzig/Deutschland
Das Eherecht im neuen polnischen Nationalstaat
12.00 Anna
Zarnowska, Warschau/Polen
Chancen und Grenzen politischer Partizipation von Frauen im wiedererrichteten
polnischen Staat
13.00-15.00 Pause
15.00 Olga
Zdravomyslova, Moskau/Rußland
Towards a Construction of Citizenship: Soviet Woman and Soviet Man in the
Period of
Building of Socialism in One Country (1926-1939)
15.45 Pause
16.15 Kerstin
Jobst, Hamburg/Deutschland
Zusammenfassung Teil I
17.15 Pause
Teil II: Prozesse der Nationalisierung: Geschlechterbilder und geschlechtsspezifische Erfahrungen
17.30 Angela
Koch, München/Deutschland
Geschlechtsspezifische Codierungen in revisionistischen Texten nach dem Ersten
Weltkrieg
18.15 Marion
de Ras, Niederlande/Neu Seeland
Wandervogel Girls Bodies as Political Metaphor
Sonnabend, 13. Mai 2000
9.00 Tatiana
Osipovich, Portland/USA
The New Woman in Early Soviet Union Fiction: Bolshevik Ideology
and Popular Mythology
9.45 Elena
Gapova, Minsk/Belarus
One Nation, Two Ideologies: Engineering Women in Soviet and Western Belarus
10.45 Pause
11.15 Martin
Schulze-Wessel, Halle/Deutschland
Geschlecht und Nation als Praxis und Vorstellung: Die Gründung der
Tschechoslovakischen Kirche
12.00
Ann-Catrin Östman, Turku/Finland
Finnish Citizens on Swedish Soil. Gender, Yeomanry and the Construction of
a Minority Identity
13.00-15.00 Pause
15.00 Gertrud
Pickhan, Leipzig/Germany
Wo sind die Frauen? Diskussionen um Weiblichkeit, Männlichkeit
und yidishkeyt im
Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbund (Bund) in Polen
15.45 Dietlind
Hüchtker, Berlin/Germany
Gedächtnispolitik Galizien als Produkt von Erinnerungen
16.30 Pause
17.30 Bozena
Choluj, Warschau/Polen Elizabeth Harvey,Liverpool/England
Zusammenfassung, Abschlußdiskussion
Sonntag, 14. Mai 2000
10.00 Abfahrt des Busses nach Warschau,
Besichtigung der Stadt
Abreise
Konferenzsprachen: Englisch, Deutsch, Polnisch, Russisch
Konferenzort:
Dom Pracy Twórczej im. Boleslawa Prusa
ul. Literatów 2, PL 05-520 Obory
Tel. +48 22 7564106, Fax + 48 22 7540107
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