15. Dezember 1999
Aula des Campus der Universität Wien (Altes AKH)
1090 Wien, Spitalgasse 2-4, Hof 1
Ausgangssituation
Der Umbau des Alten AKH-Geländes zu einem Campus der Universität Wien lenkte auch den Blick auf die baulichen Reste der 1903 nach Plänen des Architekten Max Fleischer für die jüdischen Patienten des Allgemeinen Krankenhauses errichteten Synagoge. 1938 war dieser Kultbau verwüstet worden; seit 1955 dient er als Trafo-Station. Zur Debatte stehen Umbauprojekte, die dieser "Wiederentdeckung" Rechnung tragen sollen: aus einem profanen Zweck-Ort soll wieder ein Ort kultureller Bedeutung werden. Da die Kultusgemeinde der Stadt Wien klarstellte, daß sie keinen Bedarf an der Nutzung dieser ehemaligen Synagoge als Sakralbau hat, steht die Umgestaltung zu einem Gedächtnisort zur Diskussion. Im Raum stehen zwei Projekte, die auch Typen möglicher Umgangsformen mit Orten jüdischer Geschichte dieses Landes repräsentieren: Zum einen ein Projekt, das den Rückbau in einen Sakralbau vorsieht. Es wird von Exponenten der ARGE Architekten der ersten Baustufe des Umbaus des Alten AKHs forciert und sieht einen weitgehend rekonstruierenden Umgang mit dem Gebäude vor. Zum anderen das "Projekt Denk-Mal Synagoge auf dem Universitätscampus" der Künstlerin Minna Antova. Sie definiert den Baukörper als vieldimensionalen Bedeutungsort: ehemaliger jüdischer Kultort, Ort der Zerstörung jüdischer Lebenswelten in diesem Land und Zeugnis des Umgangs mit Orten jüdischer Geschichte und deren Zerstörung nach 1945. Das führt sie zu einer Formensprache, die in der rekonstruierenden Vorgangsweise zugleich diesen Akt der Rekonstruktion thematisiert und auf diese Weise die Zuschreibung kultureller Bedeutung, die der Umgestaltung eines solchen Ortes in ein Denkmal unterliegt, transparent macht.
Ziel der Veranstaltung
Der Projektvorschlag Minna Antovas, der auf Basis einer "Selbstbeauftragung" der Künstlerin entstand, hat in den letzten Monaten zu einer Verdichtung der Diskussion und einem Meinungsbildungsprozeß innerhalb und außerhalb der Universität geführt, wie auch bereits Positionen der Verantwortungsträger evoziert. Dieser Prozeß soll durch diese Diskussionsveranstaltung weitergeführt werden. Ziel ist dabei insbesondere, den Diskussionsprozeß zur Frage des Umgangs mit diesem Ort in der Universität zu verankern und ein breites institutsübergreifendes Interesse und Engagement von Lehrenden und Studierenden zu entfachen. Nicht Skandalisierung und Druck von Außen soll die Vorgehensweise bestimmen, sondern ein der Universität als Institution angemessener Prozeß der Meinungsbildung auf Grundlage einer räsonnierenden und diskursiven
Auseinandersetzung.
Programm:
Ehem. Synagoge auf dem Universitätscampus
Transformationen eines Ortes
15. Dezember 1999
Aula des Campus der Universität Wien (Altes AKH)
1090 Wien, Spitalgasse 2-4, Hof 1
09:30-10:00 Begrüßung
10:00-13:30 Kontexte
10:00-11:00 Dr. Isolde CHARIM, Wien
Die Arbeit des Erinnerns
11:30-12:30 Mag. Bernhard Purin, Direktor Jüdisches Museum Franken - Schnaittach&Fürth
Das Konzept der 'mehrschichtigen Denkmalpflege'. Renovierungsprojekte ehemaliger Synagogen in Deutschland
12:30-13:30 Dr. Sabine Offe, Universität Bremen¤
Musealer Umgang mit Orten ehemaliger jüdischer Geschichte in Österreich und Deutschland nach 1945
15:30-18:00 Präsentationen
15:30-16:10 Vorstellung der Projekte:
Univ.Prof.em Friedrich Kurrent, "Monotheistenplatz"
Minna Antova, "Denk-Mal Synagoge"
16:10-17:00 ExpertInnen-Statements:
Dr. Felicitas Heimann-Jelinek, Chef-Kuratorin Jüdisches Museum der Stadt Wien
a.o.Univ.Prof.Dr. Martina Pippal, Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien
17:00-18:00 Diskussion der Projekte und Statements
19:00 Podiumsdiskussion
Univ.-Prof.Dr. Wolfgang Greisenegger, Rektor der Universität Wien
SCh Dr. Wolf Frühauf, Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr
Univ.Ass.Dr.Johanna Gehmacher, Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien
Dr. Felicitas Heimann-Jelinek, Jüdisches Museum der Stadt Wien
Dr. Avshalom Hodik, Israelitische Kultusgemeinde Wien
SCh Dr. Raoul Kneucker, Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr
Natascha Vittorelli, Studentin Universität Wien
Veranstalter¤
Arbeitsgruppe für theoretische und angewandte Museologie/IFF
Institut für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung der Universitäten Klagenfurt, Wien, Innsbruck, Graz
Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien
Informationen
Mag. Herbert Posch, fon: 526 67 26-36, fax -88, email: herbert.posch@univie.ac.at
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