Seit Monaten wird die im Februar in Kraft getretene 5. Novelle des Hochschulrahmengesetzes (HRG) sowohl in Fachkreisen als auch in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Es scheint sich nicht nur im Wissenschaftsbetrieb, sondern auch in allen politischen Parteien ein Konsens abzuzeichnen, dass diese HRG-Novelle erheblicher Nachbesserungen bedarf. Insbesondere die Regelungen zu den befristeten Beschäftigungsverhältnissen (§57) sind in ihrer derzeitigen Form der Praxis wissenschaftlicher Arbeitsverhältnisse an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen nicht angemessen.
Am 17. April soll vor dem Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung eine Anhörung zur geplanten 6. Novelle des HRG stattfinden. Dabei werden Fragen der Situation der Studierenden an den deutschen Hochschulen im Mittelpunkt stehen, gleichzeitig aber auch die offenbar gewordenen Probleme der 5. HRG-Novelle diskutiert. Wir begrüßen, dass aus diesem Anlass endlich auch die Betroffenen gehört werden sollen.
Jenseits aller Polemik, die in den vergangenen Monaten von allen Seiten die Diskussionsatmosphäre vergiftet hat, haben Stimmen aus allen Fraktionen öffentlich darauf hingewiesen, dass der Ausschuss über eine Nachbesserung der 5. HRG-Novelle beraten muss. Wir erwarten, dass die Ausschussmitglieder die von kompetenter Seite geäußerten Bedenken aufnehmen und durch entsprechende Beschlussempfehlungen an den Gesetzgeber den guten Worten in der Presse jetzt auch Taten im Gesetzgebungsverfahren folgen lassen. Die geplante 6. HRG-Novelle bietet die Gelegenheit, noch vor der Bundestagswahl die notwendigen Änderungen rechtswirksam werden zu lassen. Es besteht in unseren Augen kein Grund, die nach Meinung nahezu aller Beteiligten sinnvollen und notwendigen Nachbesserungen der 5. HRG-Novelle über den Wahltermin hinaus zu verschieben.
Wir fordern daher:
- die Schaffung gesetzlich verbindlicher Übergangsregelungen für diejenigen WissenschaftlerInnen, die unter den Bedingungen des bisher geltenden Hochschuldienstrechts ihre Qualifikation zum Hochschullehrer begonnen haben. Wer sicherstellen will, dass NachwuchswissenschaftlerInnen, die derzeit promovieren oder sich habilitieren, nicht unter der neuen Fristenregelung leiden (so - laut Süddeutscher Zeitung
- die Absichtserklärung der Expertenrunde beim Ministerium vom 21. März), muss über den in Aussicht gestellten Stichtag 28.2.2005 hinaus verlässliche Perspektiven schaffen. Die "kostenneutrale" Einführung der Juniorprofessur, der die bisherigen Qualifikationsstellen zum Opfer fallen sollen, darf nicht dazu führen, dass eine ganze Generation hochqualifizierter WissenschaftlerInnen, die sich nicht mehr auf Juniorprofessuren bewerben können, aus dem Wissenschaftsbetrieb gedrängt wird.
- eindeutige gesetzliche Regelungen, die verhindern, dass die Personalverwaltungen von Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen nach Gutdünken das Teilzeit- und Befristungsgesetz zu Lasten des wissenschaftlichen Nachwuchses auslegen können, selbst wenn die finanziellen Mittel für eine befristete Beschäftigung vorhanden bzw. über Drittmittel eingeworben worden sind. Diese Regelung muss bundeseinheitlich im HRG festgeschrieben werden, um zu verhindern, dass durch die Landesgesetzgebung willkürliche arbeitsrechtliche Ungleichbehandlungen zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen in verschiedenen Bundesländern entstehen.
- eine Nachbesserung der Aufgabenbeschreibung für die Juniorprofessuren. Die derzeit vorgesehene Arbeitsbelastung von bis zu acht Stunden Lehre, obligatorische Gremienarbeit und ggf. die Betreuung von Promotionen ist angesichts der gleichzeitig zu erbringenden wissenschaftlichen Qualifikationen nicht realistisch. Die Arbeitsbedingungen an den unterfinanzierten deutschen Massenuniversitäten erzwingen hier eine Anpassung ministerieller Wunschvorstellungen an die Realitäten.
- eine dringende Empfehlung des Ausschusses an die zuständigen Tarifpartner (z.B. die öffentlichen Arbeitgeber), unverzüglich mit der Ausarbeitung eines Wissenschaftsangestelltentarifs zu beginnen. Dabei muss insbesondere eine großzügige und flexible Regelung befristeter Arbeitsverhältnisse vereinbart werden. Der geltende Bundesangestelltentarif und das allgemeine Arbeitsrecht werden in ihrer durchweg von bürokratischer Mentalität geprägten Unbeweglichkeit dem dynamischen und mobilen Wissenschaftssektor in keiner Weise gerecht.
Wir erwarten vom Bundestagsausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung eine zügige und verbindliche Vorbereitung eines entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens, das die notwendigen Nachbesserungen zur 5. HRG-Novelle noch in den nächsten Monaten gewährleistet. Die betroffenen WissenschaftlerInnen werden nicht nur in Köln die diesbezüglichen hochschulpolitischen Aktivitäten der Ausschußmitglieder und Fraktionen weiter aufmerksam beobachten.
Petra Schulte
Sprecherin der Mittelbauversammlung
Historisches Seminar der Universität zu Köln
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