Herr Dr. Kreisel vom Referat Bildungspolitik der FDP-Bundestagsfraktion hat mir einen Antrag zur bereits anstehenden 6. [sic!] Novellierung des HRG übermittelt. - Noch hat die 5. Novelle nicht Rechtskraft erlangt! - Um Einfluss auf die Änderungen der jetzt von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Fassung nehmen zu können, wäre es sinnvoll, das hier vorgestellten Konzept kritisch zu sichten und zu diskutieren.
Cornelia Rauh-Kühne
Deutscher Bundestag
14. Wahlperiode
Drucksache 14/0[Z1]
09.10.2001[Z2]
Antrag
der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Birgit Homburger, Horst Friedrich, Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Michael Goldmann, Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Walter Hirche, Ulrich Irmer, Dr. Heinrich Kolb, Jürgen Koppelin, Dirk Niebel, Detlef Parr, Prof. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP
Ein neues Hochschuldienstrecht für eine moderne, leistungsfähige und attraktive Bildung und Forschung in Deutschland
Der Deutsche Bundestag möge beschließen:
Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Reform des Hochschuldienstrechtes in Deutschland ist ein dringendes Erfordernis. Die verkrusteten Strukturen - darüber sind sich selbst die Betroffenen weitgehend einig - hemmen die Effizienz, führen nicht zu einem schnellen Einstieg in die Forschung und erlauben es nicht, Spitzenleistungen auch angemessen zu entlohnen. Im internationalen Wettbewerb der Bildungs- und Forschungsstandorte ist unser Hochschuldienstrecht ein Hemmschuh geworden. Es ist in seiner gegenwärtigen Struktur nicht geeignet, Wissenschaftler und Studierende aus dem Ausland zu motivieren, in Deutschland zu arbeiten.
Die FDP-Bundestagsfraktion begrüßt den Versuch der Bundesministerin für Bildung und Forschung, das Hochschulrahmengesetz auf die Erfordernisse eines internationalen Wettbewerbes in der Bildung und der Forschung auszurichten.
Diese Reform greift tief in die Lebensplanung vieler Menschen ein. Deshalb muss die Reform ihre Ziele erreichen und die deutschen Hochschulen leistungsfähiger, wettbewerbsfähiger und attraktiver machen.
In der Anhörung des Bundestagsausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am 24. September 2001 haben die geladenen Experten mehrheitlich erhebliche Zweifel geäußert, ob diese Reform mit der vorgeschlagenen Novellierung des Hochschulrahmengesetzes und der Reform der Professorenbesoldung ihr Ziel erreichen kann. Vor dem Hintergrund globaler Herausforderungen an unser Bildungssystem können wir uns ein Scheitern der Reform schlichtweg nicht leisten. Die nachfolgenden Vorschläge zeigen Wege auf, um dieses wichtige Vorhaben erfolgreich umzusetzen.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf:
- die Einführung der neuen Personalkategorie "Juniorprofessor" (Besoldungsgruppe W1) in das wissenschaftliche und künstlerische Personal der Hochschulen vorzunehmen. Damit wird eine frühere Selbständigkeit und eigenständige Forschung sowie die eigenverantwortliche Einwerbung von Drittmitteln erreicht. Das Modell, der schrittweisen Heranführung des wissenschaftlichen Nachwuchses an eine eigenverantwortete Forschung und Lehre, ist ein geeigneter Weg zur Vorbereitung junger Wissenschaftler auf den Hochschullehrerberuf.
- die besoldungsrechtliche Angleichung der Professorenstellen an Universitäten und Fachhochschulen, im Sinne der Erkenntnis, dass Fachhochschulen andersartige, aber gleichwertige Aufgaben in unserem Bildungssystem wahrnehmen, schnell umzusetzen.
- die leistungsorientierte Ausgestaltung der Besoldungsstruktur durch Einführung leistungsabhängiger variabler Besoldungsbestandteile und die Abkehr vom Dienstalterprinzip entschlossen anzupacken. Bisherige Obergrenzen (B 10) bei der Professorenbesoldung sollen wegfallen, eine Forschungs- und Lehrzulage aus eingeworbenen Drittmitteln soll neu hinzukommen.
- in der Anfangsphase des neuen Besoldungsmodells eine Anschubfinanzierung durch den Bund vorzusehen, da zu Beginn die Spielräume für variable Gehaltsbestandteile sehr gering sein werden. Die Deckelung des Gesamtbesoldungsrahmens (Vergaberahmen) und Begrenzung der Dynamisierung auf 2% behindern den Wettbewerb zwischen den Ländern. Hier wird eher eine große Umverteilung als ein echtes Anreizsystem geschaffen.
- einen eigenständigen Doktorandenstatus im Hochschulrahmengesetz vorzusehen. Der eigenständige Doktorandenstatus kann die Betreuungssituation der Promovierenden verbessern. Diejenigen, die nicht anderweitig an die Hochschule angebunden sind, sollen sich als Doktoranden einschreiben können. Allerdings sollte der Forderung des Wissenschaftsrates entsprochen werden, eine Regelung des Verhältnisses zwischen Hochschule und Fachbereich auf der einen Seite und des Doktoranden auf der anderen Seite, zum Beispiel in Form einer Qualifizierungsrichtlinie, ergänzend vorzusehen. In Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gibt es dieses Doktorandenverhältnis bereits in den Landesgesetzen.
- dafür Sorge zu tragen, dass die geplante Schaffung von 6000 Stellen für Juniorprofessoren nicht zu einem massiven Abbau von wissenschaftlichen Assistenten und Oberassistenten und zu einer Reduzierung der Fördermöglichkeiten für Doktoranden, Postdoktoranden und Habilitanden führt. Es muß auch weiterhin befristete und unbefristete Arbeitsverhältnisse für den wissenschaftlichen Mittelbau geben.
- die Bundesregierung wird aufgefordert, die indirekte Abschaffung der Habilitation zurückzunehmen und den § 44 Abs. 2 HRG so zu ändern, dass die Juniorprofessur nicht als Regelzugang festgeschrieben wird. Den Hochschulen soll es selbst überlassen bleiben, wie sie ihren wissenschaftlichen Nachwuchs qualifizieren. Eine Berufung zum ordentlichen Professor, die "in der Regel" über die Juniorprofessur erfolgt, bietet wenig Möglichkeiten zur Berufung von Wissenschaftlern, die ihre wissenschaftlichen Leistungen außerhalb des Hochschulbereichs erbracht haben. Der Deutsche Bundestag nimmt die weitgehende Übereinstimmung der geladenen Experten der Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am 24. September in diesem Punkt zur Kenntnis.
- die Juniorprofessur in Forschung und Lehre mit der "vollen" Professur gleichzustellen. Allerdings darf die Lehrbelastung die Forschungsarbeit nicht behindern und sollte deshalb vier Semesterwochenstunden nicht überschreiten. Die Gesamtqualifizierungszeit bis zur ersten Berufung ist auch mit dem vorliegenden Entwurf zu lang. Die Juniorprofessur sollte deshalb auf fünf Jahre angelegt sein, wie es der Wissenschaftsrat gefordert hat. Nach Ablauf von vier Jahren ist eine verbindliche Begutachtung der Leistungen durchzuführen, die intern und extern erfolgen soll. Juniorprofessuren sollten nach öffentlicher Ausschreibung in offener Konkurrenz vergeben werden.
- im Gesetzesentwurf den Status ausscheidender Juniorprofessoren dahingehend zu regeln, dass Wissenschaftler nach erfolgreicher Beendigung der Juniorprofessur, auch bei Nichtberufung auf einen Lehrstuhl, als Privatdozenten weiterhin Angehörige ihrer Fakultät an der Hochschule bleiben. Sie sollten im Rahmen einer Privatdozentur weiterhin das Promotionsrecht und das Lehrveranstaltungsrecht behalten. Der bewährte Status des Privatdozenten ist, als Abschluss einer Qualifizierungsphase, auch für die ausscheidenden Juniorprofessoren zu erhalten.
- sicherzustellen, dass Frauen bei der Vergabe von Juniorprofessuren nicht benachteiligt werden. Es muss für sie auch während der Juniorprofessur möglich sein, die akademische Karriere mit der eigenen Familienplanung in Einklang zu bringen.
- die Befristung auf sechs Jahre für die wissenschaftliche Karriere zwischen Beginn der Promotionsphase und dem Antritt einer Juniorprofessur im § 47 Abs. 3 HRG dahingehend zu ändern, dass die Frist nicht vertragswirksam ausgelegt wird. Der Zeitraum darf lediglich als Orientierung gelten. Eine starre Auslegung würde besonders für Frauen einen nicht unerheblichen Nachteil bedeuten.
- in Gespräche mit den Bundesländern über ein Auslaufen des Beamtenstatus für Hochschullehrer an den Hochschulen einzutreten. Die Hochschulbildung ist eine wichtige, aber keine hoheitliche Aufgabe. Deshalb gibt es keine Legitimation für die zukünftige Verbeamtung von Hochschulangehörigen. Die bisherigen Hochschulangehörigen sollen wählen können, ob sie im Beamtenstatus bleiben oder in einen Angestelltenstatus wechseln möchten.
Berlin, den 9.10.2001
Ulrike Flach
Cornelia Pieper
Birgit Homburger
Horst Friedrich
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Michael Goldmann
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Walter Hirche
Ulrich Irmer
Dr. Heinrich Kolb
Jürgen Koppelin
Dirk Niebel
Detlef Parr
Prof. Dr. Edzard Schmidt-Jortzig
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP
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