Der Fachbereichsrat des Fachbereichs 8 (Sozialwissenschaften) der Universität Bremen hat in seiner Sitzung vom 6.3.2002 auf Antrag des Instituts für Geschichte folgende Stellungnahme beschlossen:
Stellungnahme des Fachbereichsrats 8 zu den Folgen des Hochschulrahmengesetzes für Forschung und Lehre und Forderungen nach einer Novellierung des HRG
1.) Der FBR plädiert gemäß internationalen Standards für einen Fortbestand hochqualifizierter auswärtiger Begutachtung, dies insbesondere im Bereich der Forschung, als Voraussetzung für eine dauerhafte Beschäftigung als Vollprofessor oder Vollprofessorin. Dies kann sich beziehen auf eine Habilitationsschrift, ein zweites Buch in einem Fachverlag oder eine entsprechend bewertete Zahl von Zeitschriftenartikeln in hochkarätigen wissenschaftlichen Fachorganen mit Begutachtung.
2.) Hausberufungen der Juniorprofessoren und Juniorprofessorinnen auf Vollprofessuren ohne substantielle fachliche Auswärtsbegutachtung dürfen nicht stattfinden. Die Möglichkeit des „tenure-track“ ist nur für diejenigen Juniorprofessoren und Juniorprofessorinnen vorzusehen, die von auswärtigen Hochschulen kommen. Es bedarf eindeutiger Bestimmungen, was im einzelnen unter Hausberufungen zu verstehen ist.
3.) Das Lehrdeputat der zukünftigen Juniorprofessoren und Juniorprofessorinnen sollte 6 SWS nicht überschreiten, um ihnen die Möglichkeiten zu qualifizierter Forschung im Sinne von Punkt 1 und 2 zu geben. Diese Absenkung darf jedoch nicht zu Lasten des Gesamtlehrangebots im Fach gehen.
4.) Die Beschäftigung qualifizierter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Drittmittelstellen an anderen Universitäten oder an außeruniversitären Forschungseinrichtungen muß weiterhin auch jenseits der Frist von zwölf Jahren möglich bleiben.
5.) Bestehende C3- und C4-Professuren sollten im allgemeinen nicht zugunsten kurzfristiger finanzieller Einsparungsüberlegungen in Juniorprofessuren umgewandelt werden, da dies für Forschung und Lehre unabsehbare Folgen haben würde.
6.) Bis zu einer Novellierung des neuen HRG sind für die jetzigen Assistentinnen und Assistenten, Privatdozentinnen und Privatdozenten Übergangsregelungen zu schaffen, damit nicht eine Generation von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von einem Berufsverbot betroffen wird.
Der Fachbereichsrat 8 fordert die Universitätsleitung auf, die Auslegung des neuen HRG entsprechend zu gestalten, aber auch im Sinne einer Novellierung des HRG auf die politischen Entscheidungsgremien einzuwirken. Es geht darum, die Qualität von Forschung und Lehre, ihre internationale Konkurrenzfähigkeit und Anerkennung auch in Zukunft zu sichern.
Das Hochschulrahmengesetz greift tief in Forschung und Lehre ein. Die geplanten Veränderungen werden die nationale Wissenschaftslandschaft nachhaltig verändern. Dies einmal im Bereich der
In den Geistes- und Sozialwissenschaften wurde Forschung bisher getragen von
1. Qualifikationsarbeiten, vor allem Doktorarbeiten und Habilitationsschriften.
- durch den Wegfall der Habilitation entfällt daher ein wesentlicher Teil der Forschung.
2. Forschungs- bzw. Drittmittelprojekten. Forschung hat sich ausdifferenziert, die Ansprüche an Projekte sind gestiegen. Gebraucht werden hochqualifizierte Bearbeiter und -innen.
- durch die 12-Jahres-Regelung sind solche anspruchsvollen Projekte gefährdet: Die Zukunftsaussichten für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind schlecht, die Kontinuität wird durch Fluktuation in Frage gestellt; Juniorprofessoren und -professorinnen sind mit umfänglichen Lehrverpflichtungen und gleichzeitigem Qualifikationszwang überfordert, sie können daher nur bedingt solche Projekte erfolgreich zu Ende führen.
3. Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen
- diese Institute und ihre Grundlagenforschung sind durch die 12-Jahres-Regelung massiv in ihren Forschungsaktivitäten bedroht. Dies ist auch einem Protest der Leiter der außeruniversitären zeitgeschichtlichen Institute (zu finden auf der Homepage von H-Soz-Kult) zu entnehmen.
4. Assistenten und Professorinnen, die im Rahmen ihrer Tätigkeit forschen und lehren
- Assistentenstellen entfallen und damit die bisher von dieser Gruppe mit Blick auf zukünftige Stellen geleistete Forschungsarbeit. Vollprofessuren sollten nur nach einer offenen Ausschreibung bzw. einer auswärtigen Begutachtung von Juniorprofessoren und Juniorprofessorinnen vergeben werden. Damit bliebe für die Juniorprofessoren und Juniorprofessorinnen die Motivation erhalten, sich durch Forschung zu qualifizieren. Die verbleibenden Vollprofessuren werden vielfach die Unerfahrenheit der Juniorprofessuren in der Lehre und der Promotionsbetreuung auffangen müssen. Ihre Forschungszeit wird dadurch weiter beschränkt.
Zu einschneidenden Veränderungen kommt es auch im Bereich der
1. Die Juniorprofessuren werden durch die Menge ihrer Aufgaben überfordert: Neben Drittmitteleinwerbung und Prüfungen sind dies das hohe Lehrdeputat sowie die Aufgabenstellung der Veranstaltungen (Hauptseminare, Vorlesungen); daher ist eine qualitative Einebnung von Grund- und Hauptstudium zu befürchten.
2. Ersetzt man Vollprofessuren durch Juniorprofessuren und senkt das Lehrdeputat ab, so fehlen dem Fach die entsprechenden Stunden professoraler Lehre.
3. Für die Betreuung von Magister- (Master-)arbeiten und Promotionen fehlen den Juniorprofessorinnen und Juniorprofessoren Erfahrung, der kenntnisreiche Blick auf die Forschungslandschaft und die Kontinuität der Vollprofessoren und Vollprofessorinnen.