Debatte um die Reform des Hochschulrahmengesetzes
Stefan Horlacher:
Achtung: Nicht nur potentielle Nachteile des HRG
1.) Nachteile des HRG:
· Die Höchstbefristungsdauer nach § 57 gestattet nur 12 Jahre mit befristeten Arbeitsverträgen.
-
Hierbei werden Hilfskraftzeiten und Stipendien mit angerechnet.
- Es existiert keine Übergangsregelung für die Generation der 35-45 jährigen HabilitandInnen und PrivatdozentInnen
Zitat aus dem Konzeptpapier des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF):
"Habilitierte sind in Deutschland im Durchschnitt 40 Jahre alt. Eine berufliche Neuorientierung ist zu Beginn des fünften Lebensjahrzehntes so gut wie unmöglich." (H 21, S. 12)
"Es findet keine Überleitung vorhandenen Personals statt."
- Stipendien für HabilitandInnen werden stark eingeschränkt (DFG) o. fallen weg.
Die Altersgrenze von 35 Jahren für Forschungsstipendien nimmt den HabilitandInnen und PrivatdozentInnen jede Möglichkeit, weiter Forschung zu betreiben.
2.) Konsequenzen:
- In der Lehre und Forschung gehen erhebliches Wissen und Kompetenzen verloren, nachdem der Staat jahrelang in diese Wissenschaftler investiert hat.
- Die Höchstbefristungsdauer stellt ein schlecht kaschiertes Berufsverbot für HabilitandInnen u. PrivatdozentInnen da, denen nur die Emigration oder die Arbeitslosigkeit bleibt, weil:
· C2-Stellen,
· Drittmittelprojekte und
· Sonderforschungsbereiche wegfallen.
3.) Konkret:
4.) Forderungen:
- Rücknahme der 12-Jahres-Regel, die Habilitierte automatisch in die Arbeitslosigkeit befördert.
- Anspruch auf institutionelle Sicherheit in Form von langfristigen Übergangslösungen für die betroffenen Personengruppen: Auch HabilitandInnen, die ihre Habilitation erst in drei oder vier Jahren abschließen, dürfen nicht auf der Strecke bleiben, sondern müssen die Chance erhalten, sich von einer C2-Stelle oder einer äquivalenten Stelle aus bewerben zu können.
- Freiräume, die Habilitierenden und Habilitierten im Sinne der Chancengleichheit eine Integration in das neue System ermöglichen, z.B.
Bestandsschutz der C2-Stellen oder Überführung in W2-Stellen (ohne Ausstattung)
Förderprofessuren nach dem Fiebiger-Modell
- Keine Umwidmungen von freiwerdenden C3- oder C4-Professuren in Juniorprofessuren
5.) Bisheriges Fazit:
- Der neue wissenschaftliche Nachwuchs wird auf Kosten des sich gerade habilitierenden wissenschaftlichen Nachwuchses gefördert.
- Für die HabilitandInnen gibt es bis jetzt keine Übergangslösung. Sie haben nach dem bis Ende 2001 geltenden System bereits vor Jahren ihre Karriere und Existenz ausgerichtet und stehen jetzt vor dem Aus, da man ihnen
1) die Stellen nimmt, von denen aus sie sich bewerben könnten,
2) die bis Ende 2001 geforderte Habilitation plötzlich als unnötig bezeichnet wird und
3) mögliche Lehrstühle, auf die sie sich bewerben könnten, in Juniorprofessuren umwandelt werden.
- Das von der Politik als angeblicher Ausweg angepriesene Teilzeit- und Befristungsgesetz ersetzt nicht die wegfallenden C2-Stellen.
- Gerade in den Geisteswissenschaften ist jedoch die Einwerbung von Drittmitteln äußerst schwierig. Doch selbst wenn dies einigen PrivatdozentInnen gelingen sollte, so haben unabhängig voneinander verschiedene Universitätsverwaltungen bereits jetzt angekündigt (von den bereits erfolgten Entlassungen ganz zu schweigen), das Gesetz äußerst restriktiv zu handhaben, da die Angst besteht, die Betroffenen könnten sich einklagen, um ‚Dauerstellen' zu erhalten. Im Prinzip verschiebt der Bund hier ein Problem auf die Länder und die Universitätsverwaltungen.
- Darüber hinaus ist festzuhalten, daß in Ausnahmefällen und nach Einzelprüfung gestattete Drittmittelprojekte für Tausende der Betroffenen kein Normalweg sind, um einen Ruf ‚abzuwarten'.
Dr. Stefan Horlacher; Universität Mannheim
Quelle = Email <H-Soz-u-Kult>
From: "Stefan Horlacher" <horlach@rumms.uni-mannheim.de>
Subject: Argumente zum HRG
Date: 14.02.2002