Sehr geehrte Damen und Herren,
der Betriebsrat des Zentrums für Literaturforschung Berlin hat eine Resolution zum reformierten Hochschulrahmengesetz verabschiedet, die ich Ihnen hiermit zur Kenntnis bringen möchte.
Mit freundlichen Grüssen
i. A. PD Dr. Thomas Frank
Resolution zur Reform des Hochschulrahmengesetzes
Die Neufassung der Bestimmungen zur befristeten Anstellung von Wissenschaftler/innen im Rahmen der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes (HRG) stößt bei uns, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Zentrums für Literaturforschung Berlin, auf Unverständnis, Ablehnung und Empörung. Unsere Einrichtung ist eines von drei Geisteswissenschaftlichen Zentren in Berlin. Nahezu ausschließlich in Drittmittelprojekten werden hier Forschungen zur Geschichte des Wissens in Europa, den USA und Afrika aus literaturwissenschaftlicher, wissenschaftsgeschichtlicher, medientheoretischer und kulturhistorischer Perspektive durchgeführt. Hoch qualifizierten Forscher/innen wird so die Möglichkeit eröffnet, für eine begrenzte Zeit Grundlagenforschung zu betreiben.
Wir befürchten nun, dass uns nach Verlassen des Zentrums durch die Reform des eine Fortsetzung unserer beruflichen Tätigkeit in Deutschland erheblich erschwert wird. Wegen der ungünstigen Stellensituation an den deutschen Universitäten wird es nur wenigen vergönnt sein, eine Professur oder ein unbefristetes Arbeitsverhältnis in ihrem Fachgebiet zu erlangen. Eine weitere befristete Beschäftigung nach dem neuen HRG kommt in der Regel ebenfalls nicht in Betracht, weil die Beschäftigungsdauer an universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen darin auf maximal zwölf bzw. fünfzehn Jahre beschränkt wird. Auch eine befristete Anstellung nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz stellt sich derzeit nicht als aussichtsreiche Alternative dar, gibt es doch deutliche Anzeichen dafür, dass die Universitäten nur in besonders begründeten Einzelfällen von den Möglichkeiten dieses Gesetzes Gebrauch machen werden. Erst wenn sich durch mehrjährige Rechtsprechung der Arbeitsgerichte für die Universitäten abschätzen lässt, wie Arbeitsverhältnisse nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz im universitären Bereich zu gestalten sind, mag sich dies möglicherweise zu Gunsten der Betroffenen ändern.
Die Mitarbeiter/innen des Zentrums für Literaturforschung befürchten, dass durch die Reform des HRG - bei gleichzeitiger restriktiver Auslegung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes durch die Universitäten - in den kommenden Jahren eine ganze Generation von Wissenschaftler/innen ohne jede Not aus den deutschen Hochschulen ausgeschlossen und der Arbeitslosigkeit preisgegeben, in fachfremde Beschäftigungen abgedrängt oder ins Ausland getrieben wird. Nicht nur wird damit vorhandenes intellektuelles Potential verspielt, sondern es muss zudem davon ausgegangen werden, dass die wesentlich verschlechterten Beschäftigungsbedingungen an den Hochschulen begabte Universitätsabsolventen/innen künftig in höherem Maße davon abhalten werden, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen. Auf Grund all dieser Effekte zeichnet sich mittel- und langfristig ein nachhaltiger Verlust an Fachkompetenz ab. Da der Gesetzgeber überdies verkennt, dass geisteswissenschaftliche Forschung in Deutschland in sehr starkem Maß im Rahmen von Drittmittelprojekten geleistet wird, steht die Wirkung der "Reform" in diametralem Gegensatz zu ihren erklärten Zielen.
Die Mitarbeiter/innen des Zentrums für Literaturforschung fordern daher die Bundesregierung und die für die Bildungspolitik verantwortliche Ministerin Bulmahn auf, in einen Dialog mit den Betroffenen zu treten, deren Reformkompetenz zu nutzen und den Reformprozess an den Hochschulen zu demokratisieren. Als erster Schritt müssen jedoch unverzüglich klare Übergangsregelungen für promovierte und habilitierte Wissenschaftler/innen geschaffen werden, damit ein Qualitätseinbruch in Forschung und Lehre verhindert und die erwarteten Härten des neuen HRG für die unmittelbar Betroffenen abgefangen werden.
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentrums für Literaturforschung Berlin
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Zentrum für Literaturforschung
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