Quelle - email <H-Soz-u-Kult>

From: "Dr. Gert Vonhoff" <vonhoff@uni-muenster.de>
Subject: Re: Sokals 'Jux' und die Wissenschaftssoziologie
Date: Saturday, February 22, 1997 17:27:32 MET


Eine kurze Stellungnahme zu Carsten Timmermanns Artikel uber "Sokals Jux" und die Reaktion von Arne Schirrmacher sei mir aus philologischer Sicht erlaubt.

Wenn man die Debatte um Sokals Essay, auch deren Darstellung in Hans-Horst Henschens Uebersetzung von Paul Boghossians Artikel (Die Zeit, 24. Januar 1997) verfolgt, bleibt etwas sehr Bedenkenswertes zurueck: Wie reden und schreiben wir nur allzu haeufig in den Wissenschaften? Fragen wir uns angesichts des Output-Drucks immer gruendlich genug, was denn die Saetze, die da so produziert werden, eigentlich bedeuten? Die sprachliche Hermetik so mancher Arbeit, vor allem im Bereich der dekonstruktivistischen und postmodernen Ansaetze, scheint mir nur allzu oft, ueber unklare Inhalte, nicht gemachte Aussagen hinwegtaeuschen zu sollen. Das ist nicht nur aergerlich, sondern verstaerkt auch die Relevanzfrage, die in Zeiten knapper oekonomischer Mittel verstaerkt auf die Wissenschaften zukommt, und zwar dort, wo sie sich eigentlich gar nicht stellen braeuchte. Verstaendlichkeit im Begrifflichen wie in den Aussagen ist ja wohl eine der Grundvoraussetzungen jedweder wissenschaftlicher Arbeit. Ich kenne gerade aus dem philologischen Bereich viele neuere Arbeiten, denen es darauf gar nicht so sehr anzukommen scheint. Solche (gesuchte) Hermetik verschleiert dann haeufig auch die eigentlich unklaren Inhalte, verleiht dem Dargestellten jene ,Aura' von Sachkompetenz, die auch Sokals Jux erst moeglich gemacht hat.

Dr. Gert Vonhoff


Westfaelische Wilhelms-Universitaet

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