Bemerkungen zur Änderung der Befristungsregelungen in der geplanten Novelle des Hochschulrahmengesetzes

von Constantin Goschler

Die Diskussion der geplanten Aenderungen des Hochschulrahmengesetzes stand bislang im Schatten der Einfuehrung der Juniorprofessur. Merkwuerdigerweise blieb jedoch eine andere Aenderung, die einen radikalen Umbau der Forschungslandschaft nach sich ziehen wird, unbemerkt. Der Regierungsentwurf eines 5. HRGAendG vom 30.5.2001 zielt auf eine grundlegende Neuordnung der bisherigen Regelungen zur Befristung von Arbeitsvertraegen an Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen. Kurz gesagt, sieht die Neuregelung vor, dass bis zur Promotion insgesamt sechs Jahre, nach der Promotion weitere sechs Jahre auf befristeten Arbeitsvertraegen verbracht werden koennen. Die bis zur Promotion nicht verbrauchten Zeiten koennen hinten angehaengt werden, so dass insgesamt ein Zeitdeputat von zwoelf Jahren zur Verfuegung steht.

Auf das vorgesehene Zeitdeputat von zwoelf Jahren sind dem Regierungsentwurf zufolge "alle befristeten Arbeitsverhaeltnisse mit mehr als einem Viertel der regelmaessigen Arbeitszeit, die mit einer deutschen Hochschule oder einer Forschungseinrichtung (...) abgeschlossen wurden, sowie entsprechende Beamtenverhaeltnisse auf Zeit und Privatdienstverhaeltnisse (...) anzurechnen. Angerechnet werden auch befristete Arbeitsverhaeltnisse, die nach anderen Rechtsvorschriften abgeschlossen wurden." (§ 57 b, Abs. 2, Regierungsentwurf eines 5. HRGAendG v. 30.5.2001.)

Konkret bedeutete dies, dass kuenftig nach der Habilitation (die ja ohnehin abgeschafft werden soll) in vielen Faellen keine Zeitvertraege mit Universitaeten und ausseruniversitaeren Forschungsinstituten moeglich sein werden, und dies gilt auch fuer Drittmittelprojekte. Dies wird vor allem in Faellen klassischer Universitaetskarrieren der Fall sein, in denen sich Vertragszeiten als wissenschaftliche Hilfskraft oder Mitarbeiter bzw. als Hochschulassistent oftmals auf zwoelf Jahre und mehr zusammenaddieren. (Vertragszeiten als studentische Hilfskraft sollen nicht angerechnet werden.)

Die Auswirkungen der geplanten Neuregelung des HRG betreffen somit insbesondere jene Gruppe, die bereits habilitiert ist oder demnaechst noch habilitiert werden wird, aber noch keine feste Stelle als ProfessorIn besitzt. Durch die geplante Neuregelung geht kuenftig in vielen Faellen die Moeglichkeit verloren, sich auf Zeitstellenbasis eine Beschaeftigungsmoeglichkeit auf Projektbasis zu verschaffen. Aus der Perspektive von Lehrstuhlinhaberinnen bzw. -inhabern geht umgekehrt in vielen Faellen die Moeglichkeit verloren, Projekte mit qualifizierten MitarbeiterInnen auszustatten. Hier handelt es sich somit um ein gemeinsames Problem von PrivatdozentInnen und ProfessorInnen. Und keineswegs handelt es sich hier um ein spezielles Problem der HistorikerInnen, wiewohl diese durch ihre ueberdurchschnittlich langen Qualifikationsphasen besonders drastisch betroffen sein duerften. Dies sollte Grund genug dazu sein, um alle moeglichen politischen Hebel in Bewegung zu setzen, auf die geplante Reform des HRG Einfluss zu nehmen. Es muss versucht werden, eine Regelung zu verhindern, die fuer eine betraechtliche Gruppe von WissenschaftlerInnen nur noch die Alternative Berufung oder Berufsverbot offenlaesst und zugleich ein verheerendes Signal an den wissenschaftlichen Nachwuchs aussendet.

Dr. Constantin Goschler
Berlin
<goschlerc@geschichte.hu-berlin.de>


Quelle = Email <H-Soz-u-Kult>

From: "Goschler, Constantin" <GoschlerC@GESCHICHTE.HU-Berlin.de>
Subject: Reform des HRG
Date: 16.10.2001


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